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Im Taumel der Herzen - Roman

Im Taumel der Herzen - Roman

Titel: Im Taumel der Herzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Inzwischen verabscheute sie sich dafür, dass sie ihn auch nur einen Augenblick lang charmant gefunden hatte. Demnach war sie tatsächlich schon eine erbärmliche, verzweifelte alte Jungfer! Sein Charme war vermutlich genauso falsch wie er selbst, einschließlich seines aufgesetzten französischen Akzents. Wie konnte es sein, dass sie ihn heute sogar gut aussehend
gefunden hatte, obwohl seine Anziehungskraft doch so oberflächlicher Natur war? Sein Inneres barg überhaupt nichts Schönes, ganz im Gegenteil: Er war gemein und bösartig. Außerdem war er ein Snob von der schlimmsten Sorte, ein arroganter Flegel, der nicht anders konnte, als ständig mit seiner vermeintlichen Überlegenheit zu protzen. Er hatte von Anfang an auf sie herabgeblickt und sich eingebildet, sie wäre nicht gut genug für ihn. Das hatte er sie auch immer spüren lassen. Gütiger Gott, die Erinnerungen prasselten nur so auf sie ein! Dabei war sie der Meinung gewesen, das alles längst hinter sich gelassen zu haben. Sie hatte schon so lange nicht mehr an jene Tage gedacht.
    Allerdings war bisher auch kein Richard Allen da gewesen, um sie daran zu erinnern.

16
    B estimmt bist du fürchterlich aufgeregt«, sagte Helene Miller zu ihrer Tochter. »Er ist so ein feiner, gut aussehender Junge. Und noch dazu ein Lord! Du wirst eine Lady, genau wie deine Tante Addie es war!«
    Julias Mutter fand das jedenfalls äußerst aufregend. Sie hatte so selten eine Meinung zu irgendetwas, doch diese Verlobung bildete offenbar die einzige Ausnahme, denn Helene war von Anfang an für diese Verbindung gewesen. Julia selbst fand das Ganze hauptsächlich deswegen aufregend, weil die Aufregung ihrer Mutter ansteckend wirkte. Solange sie und ihre Mutter nur darüber sprachen, war Julia zufrieden. Der Sohn des Grafen – das klang tatsächlich nach einem wundervollen Jungen. Das Thema Heiraten aber war für sie noch so weit entfernt. Ehrlich gesagt wünschte sie sich viel mehr eine neue Puppe als einen Ehemann.
    Dass sie diesem großartigen Jungen versprochen war, wusste sie schon, seit sie denken konnte. Sein Vater schickte dem ihren sogar Berichte über die Fortschritte seines Sohnes, und Gerald erzählte ihr davon: Lord Richard wäre gut in der Schule. Lord Richard hätte einen neuen Hund bekommen. Sofort wollte Julia auch einen Hund. Lord Richard hätte in seinem See einen riesigen Fisch gefangen. Warum war mit ihr noch nie jemand zum Fischen gegangen? Ihre Eltern wollten ihr das Gefühl geben, dass sie Lord Richard bereits kannte,
obwohl sie ihm noch nie begegnet war. Es schien zu funktionieren.
    Dass sie ihn eines Tages tatsächlich treffen würde, war für sie so unvorstellbar, dass sie nie wirklich einen Gedanken daran verschwendete. Als es dann bald nach ihrem fünften Geburtstag so weit war, reagierte sie auf eine Weise, mit der niemand gerechnet hatte, am allerwenigsten sie selbst. Während der langen Fahrt nach Willow Woods, wie das nahe Manchester gelegene Anwesen des Grafen von Manford hieß, wurde sie derart nervös, dass sie davon einen heftigen Ausschlag bekam. Ihre Mutter stieß einen entsetzten Schrei aus und fing dann sogar zu weinen an, als sie bemerkte, dass Julias Wangen mit leuchtend roten Flecken übersät waren. Gerald hatte die beiden wegen ihres hysterischen Verhaltens ausgelacht. Dabei konnte Julia nicht einmal sagen, warum sie so nervös war. Weil sie hoffte, dass Richard sie mögen würde, und gleichzeitig Angst hatte, dem könnte nicht so sein? Oder weil er ihr bis dahin nie wirklich real erschienen war?
    Sie mussten Julia fast schon gewaltsam in das große ländlich gelegene Herrenhaus zerren. Auf dem Weg zum Grafen wurden sie durch mehrere Räume geführt und hatten dabei Gelegenheit, hie und da einen Blick in weitere Räume zu werfen. Julia fand die Größe von Willow Woods überwältigend. Das Haus ihrer Eltern war ebenfalls groß, mit diesem aber überhaupt nicht zu vergleichen. Hier nahm sich jeder Raum riesig aus, und das ganze Haus wirkte nicht nur weitläufig, sondern auch hoch. Alles passte so gut zusammen, angefangen bei den Gemälden, die bestimmt schon jahrhundertealt waren, über die weit ausladenden Kristalllüster bis hin zu den Wandteppichen, die sich mit ihren gedeckten Farben so dezent im Hintergrund hielten. Nichts Kitschiges oder Glitzerndes erinnerte hier an den aufwendigen französischen Einrichtungsstil, den ihre Mutter bevorzugte.

    Dem Grafen war Julia bereits einmal begegnet, auch wenn sie sich nur noch ganz

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