Im Taumel der Herzen - Roman
und wieder fallen ließ, schnappte Richard für einen Moment nach Luft. Zumindest klang sein Japsen danach. Der Absatz ihres Reitstiefels traf ebenfalls recht hart auf sein Schienbein. Und sie konnte den Hinterkopf auf sein Kinn hinunterdonnern lassen. Das tat weh – wenn auch hauptsächlich ihr. Immerhin aber sorgte es dafür, dass er die Situation nicht mehr ganz so lustig fand.
Mit einem zornigen Knurren rollte er sich herum – wodurch sie wieder halb unter ihm lag –, bekam dabei aber ihre Hand nicht rechtzeitig zu fassen, sodass sie es schaffte, eine Faustvoll von seinem Haar zu packen. In ihrer Wut versuchte sie, ihm die ganze dicke Strähne auf einmal auszureißen, bewirkte damit jedoch lediglich, dass sie seinen Kopf zu sich heranzog. Nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt, funkelten sie sich wütend an … bis sein Blick plötzlich zu ihrem Mund hinabwanderte.
Es ging alles viel zu schnell. Julia blieb keine Zeit, sich zu beruhigen und wieder zur Vernunft zu kommen. Von einer Sekunde auf die nächste schlug ihr Zorn in eine völlig andere, wenn auch gleichermaßen explosive und irrationale Leidenschaft um, als seine Lippen die ihren berührten. Das war nicht nur ein Kuss, sondern etwas viel Grundlegenderes: nacktes Begehren, das die Sinne überflutete – etwas so Elementares, dass es sich jeder Kontrolle entzog.
Sie packte sein Haar noch fester, diesmal aber nur, um ihn möglichst nahe bei sich zu halten. Seine Hand fand ihre Brust. Als er sie mit den Fingern zu umrunden begann, sprang der zarte Knopf ihrer Bluse ab. Julia bemerkte das Malheur nicht einmal, es wäre ihr auch völlig egal gewesen, denn sie spürte nur noch sein drängendes Begehren, das sie ihrerseits bis ins Innerste erregte. Sie spürte, wie Richards Knie an ihrem Körper nach oben wanderte und ihr dabei den Rock bis über die Oberschenkel hochschob, ehe er sich noch fester an sie presste.
Sie schlang einen Arm um seinen Nacken. Nun, da ihr Rock sich um ihre Oberschenkel bauschte, ließ er die Hand unter ihr Höschen gleiten, und Julia hätte vor roher Lust fast laut aufgeschrien, als er mit einem Finger in sie hineinstieß.
Genauso schnell, wie es begonnen hatte, hörte es auch wieder auf, denn plötzlich schoss Richard vom Bett hoch. »Was zum Teufel …? Was zum Teufel …?! War das Absicht?«
Julia stützte sich auf die Ellbogen und starrte ihn benommen an. Er wirkte unglaublich zornig, aber auch unglaublich schön: Nachdem sie ihm seinen ordentlich zurückgebundenen Haarschopf vorhin so heftig auseinandergerissen hatte, fiel ihm die lange schwarze Mähne nun offen und wild zerzaust über die Schultern. Sein Atem ging keuchend, und vor lauter Wut hatte er jeden Muskel angespannt und die Hände zu Fäusten geballt.
Julia wusste aus eigener Erfahrung, wie der Zorn einen mit sich fortreißen konnte. Richard hatte sie oft genug zur Weißglut getrieben. Aber sie hatte keine Ahnung gehabt, dass Leidenschaft die gleiche Wirkung besitzen konnte. Auf eine recht gefährliche Art war ihr soeben klar geworden, dass dieser Mann sie dazu bringen konnte, ihn zu begehren. Auf diese Erkenntnis hätte sie wirklich verzichten können.
Vorübergehend aber war jeder Rest von Wut aus ihr gewichen, ihre Leidenschaft hatte den Zorn fortgespült, sodass sie in vollkommen ruhigem Ton antwortete: »Was denn? Was soll Absicht gewesen sein?«
»Dass du damit angefangen hast!«
»Sei kein Esel! Ich war doch schon im Begriff, zu gehen.«
»Du bist auf mich losgegangen!«
»Tatsächlich? Dann hast du mich bestimmt dazu getrieben … wie üblich.«
Julia erhob sich – wohlweislich auf der anderen Seite des Bettes, um Richard ja nicht wieder zu nahe zu kommen. Irgendwo
auf dem Laken ließ sie einen Knopf zurück, doch sie hatte noch immer nicht bemerkt, wie weit ihre Bluse zwischen ihren Brüsten auseinanderklaffte. Auch ihre Frisur hatte bei dem Ringkampf gelitten. Zumindest diese Tatsache entging ihr nicht, da ihr eine lange Locke halb übers Gesicht hing. Bestimmt sah ihr Haar genauso wild aus wie das von Richard.
Rasch strich sie es mit den Fingern zurück, ehe sie sich zu ihm umwandte. Gott sei Dank war er noch rechtzeitig zur Vernunft gekommen. Sie wünschte sich zwar Kinder, aber nicht von ihm. Ihn hätte sie selbst dann nicht zum Mann gewollt, wenn er steinreich gewesen wäre. Was ja ohnehin nicht der Fall war. Es ging ihr einzig und allein darum, das Band, das sie an ihn und seinen verdammten Vater fesselte, endlich zu kappen, doch
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