Im Taumel der Sehnsucht
förmlich im Eingangsbereich des Anwesens, und noch bevor Caroline ihr Cape ausziehen konnte, riß er sie schon in seine Arme. »Du hast mir gefehlt, Tochter«, sagte er. Dann nahm er sie ein Stück beiseite und flüsterte so laut, daß Bradford es auch bestimmt mithören konnte: »Bist du glücklich, Caroline? Sorgt er gut für dich?«
Caroline lächelte. »Ich bin sehr glücklich, Vater.« Sie hielt ihre Antwort absichtlich so knapp, weil auch sie genau wußte, daß Bradford lauschte. Wenn sie ihrem Vater gestand, wie glücklich und zufrieden sie wirklich war, dann würde man es in nächster Zeit mit Bradford nicht mehr aushalten können. Bescheidenheit gehörte nicht zu seinen Stärken, und sie hatte keine Lust, seinem übersteigerten Selbstvertrauen noch mehr Nahrung zu geben.
Charity und Paul fielen ihr als nächste um den Hals, dann gesellten sich auch Franklin und seine Frau zu ihnen.
So hatten der Duke und die Duchess of Bradford ein stattliches Gefolge, als sie den Ballsaal betraten und großartig angekündigt wurden. Sie begaben sich sofort zu ihrem Gastgeber. Onkel Milo saß in der Nähe des Eingangs und wirkte bereits sehr erschöpft. Er machte Anstalten aufzustehen, aber Caroline schüttelte rasch den Kopf und setzte sich neben ihn.
Bradford ließ Caroline mit ihrem Onkel allein, warf ihr aber vorher noch einen bedeutungsvollen Blick zu, den sie so interpretierte, daß sie sich nicht von der Stelle rühren sollte. Sie nickte leicht und wandte sich dann ihrem Onkel zu. Der Marquis gab zu, daß er müde war, beteuerte aber, daß es allein an der Aufregung lag. Er zwinkerte Caroline zu und flüsterte, daß er für den Ball nichts hätte tun müssen. Franklin und Loretta hätten sich um alle Vorbereitungen gekümmert.
Caroline hielt seine Hand und hörte zu, als er ihr erzählte, was er in den vergangenen Wochen getan hatte. Sie hatte nichts dagegen, den ganzen Abend bei ihm zu sitzen, wenn es ihm Vergnügen bereitete, und so lehnte sie auch alle Bitten um einen Tanz ab.
Als Onkel Milo in seiner typischen direkten Art fragte, wann er denn wohl mit Nachwuchs rechnen könnte, lachte Caroline laut auf. »Darüber haben wir noch nicht gesprochen«, sagte sie. »Es passiert, wenn es passiert. Ich weiß noch nicht einmal, wie viele Kinder Bradford überhaupt will.«
»Ich hoffe, ich lebe lange genug, um dein erstes Kind im Arm halten zu dürfen«, seufzte der Marquis.
»Ich hoffe, du lebst ewig«, erwiderte Caroline flüsternd. Ihre Bemerkung erfreute ihn, und er drückte herzlich ihre Hand.
Bradford stand mit Milford auf der anderen Seite des Ballsaals und konnte seinen Blick einfach nicht von seiner Frau lösen. Milford setzte mehrmals dazu an, seinen Freund in ein Gespräch zu verwickeln, doch als kein einziges Mal eine befriedigende Reaktion kam, verdrehte er seufzend die Augen zur Decke. »Der König läßt sich scheiden und geht nächste Woche nach Frankreich«, bemerkte er beiläufig in einem letzten Versuch.
Bradford nickte zustimmend und starrte seine Frau an.
»Weißt du, sie löst sich nicht einfach in Luft auf«, stellte Milford lachend fest. »Um Himmels willen, Mann, reiß dich zusammen.« Er versetzte seinem Freund einen kräftigen Schlag auf den Rücken, der ihn endlich aus seiner Erstarrung weckte.
»Sie trägt keinen Schmuck.«
Milford drehte verwirrt den Kopf, um Caroline anzusehen, und wandte sich wieder seinem Freund zu. »Und? Sie trägt deinen Ring.«
»Den würde sie auch niemals abnehmen«, erwiderte Bradford hochnäsig.
»Brad, warum reden wir über Schmuck?«
Bradford zuckte die Achseln und schenkte seinem Freund endlich seine volle Aufmerksamkeit. »Hast du noch irgend etwas herausbekommen, was mein Problem betrifft?«
»Unser Problem, meinst du wohl, und ja, ich habe noch etwas erfahren, was mir wichtig erscheint.«
Bradford nickte. »Wir sprechen nach dem Essen darüber.«
Auf der anderen Seite des Ballsaals half Caroline ihrem Onkel auf die Beine und reichte ihm seinen Stock. Sie hatte mehr als eine Stunde in seiner Gesellschaft verbracht, und er war nun zufrieden. Er gab ihr einen liebevolle Abschiedskuß, ließ sie dreimal versprechen, daß sie ihn am folgenden Nachmittag besuchen würde, und machte sich dann langsam auf den Weg ins Foyer. Caroline begleitete ihn ein Stück und nickte gelegentlich Leuten zu, die ihr einen Gruß zuriefen.
»Meinst du, du kannst bei diesem Lärm schlafen?« fragte Caroline ihn besorgt.
»In letzter Zeit schlafe ich wie ein satter
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