Im Taumel der Sehnsucht
Bradford war zufrieden, seine Frau zu beobachten. Er ertappte sich sogar ein oder zweimal dabei, wie er über die offene Bewunderung, die man seiner Frau entgegenbrachte, lächelte. Sie wirkte würdevoll und selbstbewußt, und das machte ihn stolz. Und zweimal, als er es am wenigsten erwartete, wandte sie im Arm ihres Tanzpartners den Kopf und lächelte ihn an.
Bradford entging nicht, daß Terrence St. James stets in Carolines Nähe herumlungerte, ebenso wie ein junger Bursche namens Stanton. Bradford betrachtete das Treiben mit geduldiger Nachsicht, fügte die beiden Namen aber im Geiste der Liste von jungen Stutzern zu, mit denen er demnächst ein paar deutliche Worte sprechen würde.
»Du schaust schon wieder so finster aus der Wäsche. Denkst du noch immer über Rachel Tillman nach?«
Bradford schüttelte den Kopf. »Ich beobachte bloß die Kerle, die meiner Frau hinterherhecheln«, erwiderte er. Er hörte sich gelangweilt an, aber Milford wußte, daß Bradford verärgert war. »Bevor der Abend vorbei ist, werde ich mit einigen von ihnen reden.«
Milford schüttelte den Kopf. »Dann müßtest du mit jedem männlichen Wesen hier reden«, bemerkte er. »Schau, Caroline geht mit ihrem Vater auf die Tanzfläche. Das heißt, du kannst für einen Augenblick aufatmen. Was meinst du, sollen wir uns jetzt einen Augenblick in Ruhe unterhalten?«
Bradford nickte und folgte seinem Freund aus dem Ballsaal hinaus. Er blieb gerade lange genug stehen, um Stanton einen Blick zuzuwerfen, der ihm durch Mark und Bein gehen mußte, dann setzte er seinen Weg fort.
Milford gab sich überaus gleichmütig, aber die Tatsache, daß er von sich aus schon zweimal das Thema seiner Nachforschungen angesprochen hatte, verriet Bradford, daß es sich diesmal nicht um eine falsche Spur handelte. Sie betraten das Arbeitszimmer des Marquis', vertrieben mit unfreundlichen Blicken das Pärchen, das sich einen Moment Zweisamkeit erhofft hatte, und schlossen dann die Tür.
Caroline hatte sich gerade bei ihrem Vater für den Tanz bedankt, als Charity auf das Parkett gestürzt kam. »Onkel, wenn du uns bitte entschuldigen würdest! Caroline und ich haben ein paar Dinge zu besprechen«, sagte sie atemlos.
Caroline folgte ihrer Cousine ergeben zu einem kleinen Alkoven. Charity setzte sich und schob ihre Brille auf die Nase. »Eigentlich wäre ich lieber auf den Balkon gegangen, aber da ist es zu kalt«, erklärte sie, während Caroline sich neben sie setzte.
Caroline lächelte und tätschelte ihre Hand. »Du hast keinen Grund, so nervös zu sein, Charity. In zwei Tagen wirst du den Mann heiraten, den du liebst, und alles wird einfach wundervoll werden.«
»Und? Ist es wundervoll?« flüsterte Charity. Dann runzelte sie die Stirn. »Ich wünschte, Mama wäre hier. Ich fürchte mich schrecklich vor ... na ja, du weißt schon, wovor. Ich habe wirklich die schlimmsten Befürchtungen.«
»Charity, das brauchst du nicht.« Caroline fühlte sich herrlich überlegen . . . bis sie sich daran erinnerte, wie verängstigt sie in ihrer Hochzeitsnacht gewesen war. Schon stieg ihr das Blut in die Wangen. »Paul erwartet von dir ja nicht, daß du weißt, was zu tun ist«, erklärte sie, während ihre Verlegenheit wuchs. »Und es ist wirklich recht nett!«
Charity lächelte. »Ich mag es, wenn er mich küßt«, gab sie zu. »Und ich weiß, daß du mich nicht belügen würdest. Wenn du sagst, daß es schön ist, dann muß es das auch sein.«
Caroline lächelte in der Hoffnung, daß Charity keine Details wissen wollte, und war froh, als ihre Cousine aufstand und ihre Brille abnahm. »Ich fühle mich schon sehr viel besser. Vielen Dank.«
Charity verschwand in einer rauschenden, rosafarbenen Atlaswolke. Ohne Zweifel wollte sie sich auf die Suche nach ihrem Zukünftigen machen. Caroline stand auf und wollte gehen, als der große, schlaksige Terrence St. James erschien und sie um einen Augenblick ihrer Zeit bat.
Caroline schüttelte den Kopf. Es hätte sich absolut nicht gehört, da der Alkoven sie vollkommen vor den Blicken der anderen schützte. Im übrigen hatte Caroline keine Lust, sich mit dem Dandy zu unterhalten. Sein Blick wanderte ständig in unverhohlener Bewunderung über ihren ganzen Körper, und Caroline fand das überaus ärgerlich. Sie war immerhin eine verheiratete Frau!
»Ich wollte Sie nur um die Erlaubnis bitten, Sie besuchen zu dürfen, solange Sie in London sind«, sagte St. James. »Nun, da Sie verheiratet sind, könnte ein wenig Abwechslung
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