Im Taumel der Sehnsucht
besucht, ihm auch keine Nachricht geschickt, und er fühlt sich schrecklich einsam. Er glaubt natürlich nichts von den schmutzigen Lügen, die sein Bruder ihm erzählt, aber er ist davon überzeugt, daß Caroline krank ist und Sie ihm die Wahrheit vorenthalten. Ach, Milo zerbricht sich ständig wegen allem und nichts den Kopf. Natürlich ist Caroline gesund und munter, nicht wahr? Das ist sie doch?«
Bradford entging die Angst in der Stimme des Mannes nicht. Rasch nickte er mit dem Kopf. »Ja, es geht ihr bestens«, versicherte er seinem Schwiegervater. »Wir hatten eine Art Meinungsverschiedenheit, aber nichts, was Sie beunruhigen müßte. Was erzählt Franklin denn über Caroline?«
Der Earl schüttelte angewidert den Kopf. »Das möchte ich nicht wiederholen. Er scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, meine Tochter zu diskreditieren. Aus irgendeinem Grund mag er sie nicht, aber ich habe keine Ahnung, warum.«
Bradford schwieg. Innerlich kochte er vor Zorn, denn er wußte nur allzu gut, warum Franklin Lügen über Caroline verbreitete.
»Nun, mein Sohn, sie sollte mal wieder nach London kommen. Milo ist wirklich zu Tode betrübt. Sie werden sich doch darum kümmern, ja?«
»Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, aber im Moment ist das leider nicht möglich.«
»Vergessen Sie doch nur einmal Ihren Stolz, Bradford! Haben Sie ein wenig Mitleid. Sie haben noch ein ganzes Leben Zeit, sich mit meiner Tochter zu streiten. Sie könnten doch im Moment einen Waffenstillstand schließen. Sehen Sie, Milo ist kein junger, starker Bursche mehr. Ihm bleibt nicht mehr viel Zeit, und er hat vierzehn Jahre lang darauf gewartet, daß Caroline zu ihm zurückkommt. Er liebt sie genauso sehr wie ich.«
Der Earl sah aus, als würde er Bradford am liebsten am Kragen packen und ordentlich durchschütteln. Bradford sah ihn eine lange Weile nachdenklich an und faßte dann endlich einen Entschluß. »Caroline und ich hatten tatsächlich eine Meinungsverschiedenheit, aber das ist nicht der Grund, warum sie nicht hier bei mir ist.«
Und mit bedächtig gewählten Worten begann Bradford, seinem Schwiegervater den wahren Grund für die Abwesenheit seiner Frau zu erklären. Er berichtete, wie jemand Caroline im Haus der Claymeres die Treppe hinuntergestoßen hatte, beschrieb detailliert den >Unfall< mit der Kutsche, zitierte Passagen des Drohbriefs, den Caroline bekommen hatte, und schloß seinen Bericht mit der Äußerung, daß er Franklin in Verdacht hatte, hinter der schmutzigen Geschichte zu stecken.
»Er hat das meiste zu gewinnen«, fuhr Bradford fort. »Aus unterschiedlichen Quellen habe ich erfahren, daß der Marquis in seinem Testament einen stattlichen Betrag für Caroline bestimmt hat. Der Titel und das Land gehen natürlich an Franklin, aber ohne das Geld wird er Mühe haben, seinen Lebensstandard zu halten. Loretta hat Spielschulden in schockierender Höhe, und der einzige Grund, warum die Gläubiger sich noch nicht auf sie gestürzt haben, ist die Tatsache, daß sie Schuldscheine unterschrieben hat, laut denen das Geld nach dem Tod des Marquis' garantiert gezahlt wird. Ursprünglich hätte sie sich damit auch tatsächlich aus der Affäre ziehen können. Doch als Caroline nach London zurückkehrte, änderte der Marquis sein Testament. Erst nachdem alles ordnungsgemäß unterschrieben worden war, erzählte er Franklin und Loretta von dem, was er getan hatte.«
Während Bradford berichtete, sank Braxton tiefer und tiefer in seinem Sessel zusammen. Nun vergrub er fassungslos den Kopf in den Händen.
»Der Marquis verachtet seinen Bruder wegen seiner ständig wechselnden Mätressen. Und er weiß auch alles über Lorettas Spielleidenschaft.«
Der Earl schüttelte den Kopf und begann plötzlich zu weinen.
Bradford war erschüttert. »Sir, es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört«, beeilte er sich, seinen Schwiegervater zu besänftigen. »Caroline ist in Sicherheit, und Franklin kann keinen Schritt machen, ohne daß ich nicht davon erfahre. Ich habe zwar noch nicht genug Beweise, um ihn vor Gericht zu bringen, aber ich habe vor, ihn herauszufordern. Ich will mich mit ihm duellieren.«
Braxton schüttelte immer noch den Kopf. »Nein. Sie verstehen nicht! Warum hat sie mir nur nichts davon gesagt? Ich hätte sie zurückschicken können, bevor Sie sie geheiratet haben.« Seine Stimme war voller Verzweiflung. »Ich hätte sie -«
»Sie zurückschicken? Nach Boston?« Bradford fiel es schwer, den gequälten Worten
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