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Im Taumel der Sehnsucht

Im Taumel der Sehnsucht

Titel: Im Taumel der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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Brille steht dir sehr gut. Sie verleiht dir ein besonders würdevolles Aussehen.«
    Charity sah ihn zweifelnd an, sagte aber nichts. Doch sobald sie in die Eingangshalle traten, die durch unzählige Kerzen erhellt wurde, nahm sie die Brille wieder ab und stopfte sie in die Tasche ihres Onkels. »Ich habe dir noch gar nicht gesagt, wie gut du heute abend aussiehst, Onkel«, sagte sie lächelnd.
    Carolines Vater antwortete mit einem weiteren Kompliment, aber Charity hörte kaum hin. Sie gab sich alle Mühe, nicht mit offenem Mund all die Pracht anzustarren, die sie umgab.
    Der Earl of Braxton stellte sie zuerst ihrem Gastgeber vor, der am Kopf einer langen Empfangsreihe stand. Der Duke of Ashford war ein alter Mann mit weißem Haar, auf dem ein gelblicher Schimmer lag. Er sprach mit einer hohen, näselnden Stimme, und Caroline war sicher, daß sein Selbstwertgefühl überaus ausgeprägt war. Sie mochte ihn trotzdem auf Anhieb, denn er umarmte ihren Vater mit aufrichtiger Herzlichkeit.
    Der Duke schien fasziniert von Caroline und hob sogar sein Lorgnon ans Auge, um sie genauer mustern zu können. Caroline versuchte, seinen ziemlich unverschämten Blick zu ignorieren und war erleichtert, als ihr Vater sie am Arm nahm und die Treppe zum Ballsaal hinaufführte.
    Charity war hingerissen. Ihr erster Ball - im Augenblick erschien er ihr wie ein einziges, verschwommenes, wundervolles Durcheinander aus Menschen, Musik und Reichtum. Es war so leicht, sich von der Atmosphäre des Abends davontragen zu lassen. Heute abend durfte sie sich unter die schicke, tonangebende Jugend der Oberschicht mischen. Und bestimmt wußte auch jemand etwas über Paul Bleachley. Heute abend konnte sie endlich mit den Nachforschungen beginnen und herausfinden, was mit ihrer verlorenen Liebe geschehen war.
    Der Earl of Braxton stand, seine Tochter zur Linken, seine Nichte zur Rechten, auf der Schwelle zum Ballsaal. Vier Stufen führten hinab zum Parkett, und sie blieben einen Moment stehen, um den Saal zu überblicken.
    Vater und Tochter berührten sich nicht, aber Charity hielt sich verzweifelt am Arm des Earls fest, um ja nicht zu stolpern, wenn sie gleich hinabgehen würden. Ihre Augen funkelten, und ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet.
    Caroline dagegen wirkte vollkommen gelassen. Sie stand dort stolz und aufrecht und blickte mit ruhiger Miene auf die Leute, die, einer nach dem anderen, die Köpfe drehten und zu ihnen heraufstarrten.
    Der Earl rührte sich nicht, bis er sicher war, daß alle Gäste seine Tochter und seine Nichte wahrgenommen hatten. Dies war, wie er plötzlich in sich hineinlächelnd erkannte, einer der bemerkenswertesten Momente in seinem Leben, und er wollte ihn voll auskosten. Ein hörbares Raunen ging durch die Menge, und während Charity langsam nervös wurde, genoß der Earl stolz jeden einzelnen Augenblick.
    Die Musik setzte wieder ein, und einige junge Männer setzten sich in ihre Richtung in Bewegung. »Da kommen sie schon«, flüsterte Carolines Vater mit einem leisen Lachen.
    Das war also das sogenannte Abenteuer, dachte Caroline, als eine wahre Fontäne von Namen, Titeln und Begrüßungsfloskeln auf sie herabprasselte. Je näher die Gentlemen rückten, desto weiter zog sich Caroline zurück. Äußerlich wirkte sie ruhig und gefaßt, aber innerlich bebte sie vor Nervosität. Sie konnte nicht anders -sie mußte Charity bewundern. Sie tauschte mit den Verehrern, die sie umgaben, so selbstverständlich kesse und neckische Worte aus, als hätte sie noch nie in ihrem Leben etwas anderes getan. Sie schien ganz und gar in ihrem Element zu sein und blühte auf wie eine Blume im Frühling, und Caroline wunderte sich, was mit ihrem, normalerweise recht gut ausgeprägtem Selbstbewußtsein geschehen war. Sie war eingeschüchtert, fühlte sich unbehaglich und kam sich vollkommen fehl am Platz vor.
    Charitys Tanzkarte war im Handumdrehen voll, und man führte sie auf das Parkett zu einem Tanz, der bereits im Gang war, doch der Earl wies bestimmt einen Gentleman ab, der gerade den Arm seiner Tochter ergreifen wollte. Er müsse sie erst einigen Freunde vorstellen, sagte er in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.
    Ihr Vater starrte konzentriert auf einen Punkt auf der anderen Seite des Saales. Caroline folgte seinem Blick und sah, wie ein älterer Mann sich aus einer Gruppe von plaudernden Gästen löste und sich langsam seinen Weg auf sie zu bahnte.
    »Wer ist das, Vater?« fragte Caroline.
    »Der Marquis of Aimsmond«,

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