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Im Taumel der Sehnsucht

Im Taumel der Sehnsucht

Titel: Im Taumel der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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antwortete ihr Vater. »Der ältere Bruder deiner Mutter.«
    »Der, zu dem du vorgestern gefahren bist?« fragte Caroline.
    »Ja, Kind. Ich mußte es ihm erklären«, antwortete der Earl. Er tätschelte ihre Hand und fügte dann hinzu: »Er wird dich nicht ablehnen. Dafür habe ich gesorgt.«
    Verwirrt sah Caroline ihren Vater an. Was hatte er ihm erklären müssen? Und welchen Grund hätte der Marquis haben sollen, sie abzulehnen? Nun, natürlich war dies ein ungünstiger Zeitpunkt, ihren Vater danach zu fragen, aber sie war entschlossen, von ihm eine Erklärung zu verlangen, wenn sie zu Hause waren.
    Nachdenklich sah sie dem Marquis entgegen. Er wirkte ziemlich zerbrechlich und schob sich sehr langsam und vorsichtig durch die dichte Menschenmenge.
    »Ich denke, ich sollte ihm ein Stück entgegengehen«, sagte sie zu ihrem Vater.
    Ohne seine Antwort abzuwarten, straffte sie die Schultern und setzte sich in Bewegung. Dies war der Mann, der vierzehn Jahre lang kein Wort mit ihrem Vater gesprochen hatte ... und nun lächelte er sie an! Offenbar war die Familienfehde beigelegt. Der Besuch ihres Vaters hatte anscheinend die zerrissenen Bande wieder verknüpft.
    Sie traf ihn in der Mitte des Ballsaals. Ohne einen Moment zu zögern, lächelte sie ihn strahlend an und küßte ihn auf die Wange.
    Ihr Onkel reagierte mit einem umwerfenden Lächeln. Er nahm ihre beiden Hände in seine, mußte jedoch eine wieder loslassen, um sein Gleichgewicht mit Hilfe seines Gehstocks zu halten.
    Eine ganze Weile betrachteten beide sich, ohne ein Wort zu sagen. Doch bevor das Schweigen unangenehm werden konnte, erlöste der Marquis sie. »Es wäre mir eine Ehre, wenn Sie mich Onkel nennen würden«, sagte er. Seine Stimme klang etwas rauh, fast heiser, und ließ seine Rührung erkennen. »Da Ihre Mutter tot ist, habe ich nur noch meinen jüngeren Bruder und seine Frau Loretta. Sie sind meine ganze Familie.«
    »Nein«, widersprach Caroline mit weicher Stimme. »Sie haben auch noch meinen Vater und mich.«
    Ihre Worte schienen die erwünschte Wirkung zu haben. Der Marquis blickte sie bewegt an. In diesem Moment hörte Caroline das Räuspern ihres Vaters hinter sich.
    Der Marquis warf dem Earl einen finsteren Blick zu. »Du hast mir nicht gesagt, daß sie wie ihre Mutter aussieht. Ich bin fast ohnmächtig geworden, als ich sie gerade auf mich zukommen sah.«
    »Ich habe es dir gesagt«, erwiderte der Earl. »Du bist einfach zu senil, um dich daran zu erinnern.«
    »Ha! Mein Geist ist noch überaus jung und lebendig, Brax.«
    Carolines Vater grinste. »Sind Franklin und Loretta heute abend auch hier? Ich habe sie bisher noch nicht gesehen, und ich wollte Caroline ihren anderen Onkel vorstellen.«
    Der Marquis runzelte die Stirn. »Ja, sie treiben sich hier irgendwo herum«, sagte er mit einem Achselzucken. Dann wandte er sich wieder zu seiner Nichte und bemerkte: »Sie hat meine Augen, Brax! Ja, sie ist ein Abbild ihrer Mutter! Niemand kann übersehen, welcher Familie sie entstammt!«
    Caroline mußte zugeben, daß ihre Augen den seinen wirklich ähnlich sahen. Im Augenblick funkelten die des Alten schelmisch.
    »Aber sie hat mein Haar! Das ist eine Tatsache, Aimsmond, und die kannst nicht mal du abstreiten!«
    Caroline begann zu lachen. Sie konnte es nicht fassen, daß die beiden sich tatsächlich über sie stritten. »Nun, dann werden alle ja auf Anhieb erkennen, daß ich mit beiden Familien verwandt bin«, sagte sie. Dann schob sie eine Hand in die Armbeuge ihres Onkels, die andere in die ihres Vaters und sah sie nacheinander an. »Sollen wir uns irgendwo ein ruhiges Plätzchen suchen, um uns zu unterhalten? Ihr zwei habt euch zwar vor kurzem noch gesehen, aber ihr habt euch doch bestimmt noch eine Menge zu erzählen.«
    Die drei schlenderten auf einen Alkoven in der Nähe zu. Charity gesellte sich zu ihnen, und bald drehte sich das Gespräch um den Ball und um die ledigen Gentlemen, die versuchten, sich den beiden Mädchen zu nähern.
    »Darf ich Sie auch Onkel nennen?« fragte Charity den Marquis. »Wenn Sie nichts dagegen haben, fände ich das viel schöner. Wir sind ja schließlich auch entfernt miteinander verwandt, nicht wahr?«
    Der Marquis war entzückt über Charitys herzliche Offenheit und nickte zustimmend. »Ja, wir sind durch Heirat tatsächlich entfernt verwandt. Bitte - nenn mich ruhig Onkel. Caroline hat, als sie klein war, immer Onkel Milo zu mir gesagt.«
    »Aimsmond, sieh dir das mal an«, sagte Carolines Vater plötzlich.

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