Im Taumel der Sehnsucht
zerrissenes Kleid mehr zeigte, als schicklich war. Dann schleuderte sie ihm die Jacke entgegen. »Und jetzt belästigen Sie mich nicht weiter mit Ihrer Gegenwart. Hauen Sie ab! Ich hoffe, ich sehe Sie nie wieder!«
Bradford ignorierte die Jacke, die ihm an die Brust klatschte und zu Boden fiel. Statt dessen beugte er sich zu ihr und stützte sich mit beiden Händen so auf dem Bett ab, daß Caroline dazwischen gefangen war. Als seine Nasenspitze fast ihre berührte, sagte er: »Und jetzt hören Sie mir mal zu, Sie kleines Biest. Wir sind noch lange nicht fertig miteinander. Ich kriege Sie, so oder so. Wenn ich dafür heiraten muß, bitte, dann heirate ich. Doch was auch immer geschieht, wir spielen nach meinen Regeln, Caroline Richmond, nicht nach Ihren. Haben Sie das verstanden?«
»Wenn die Hölle kalt wird«, begann Caroline mit sichtlichem Vergnügen, »wenn die Kolonien England annektieren, wenn König George abdankt und ganz besonders wenn der unerträgliche Duke of Bradford rücksichtsvoll wird. Mit anderen Worten, Jered Marcus Benton: Sie kriegen mich niemals! Haben Sie das verstanden?«
Sie schloß die Augen und wartete auf die Explosion, seine wütende Rache. Das tiefe Rumoren, das sich verdächtig nach unterdrücktem Gelächter anhörte, verwirrte sie. Sie schlug die Augen wieder auf und beobachtete Bradfords angestrengte Versuche, eine reglose Miene beizubehalten.
»Irgend jemand sollte Sie wirklich mal beiseite nehmen und Sie darauf hinweisen, wann man Sie beleidigt, Mylord. Vielleicht könnte Milford Sie ja darin unterweisen. Er scheint ja in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von Ihnen zu sein.« Caroline schnaubte undamenhaft. »Obwohl es mir ein Rätsel ist, wie er Sie als seinen Freund bezeichnen kann! Sie sind ein so unangenehmer Mensch! Unnachgiebig, verbohrt und unflexibel!«
»Unflexibel? Ich habe gerade erst einen Schwur gebrochen, den ich mir vor Jahren selbst geleistet habe, und alles nur, weil eine Wildkatze mit violetten Augen mich zum Wahnsinn treibt. Innerhalb von nur zwei Wochen ist es Ihnen gelungen, mein ganzes Leben auf den Kopf zu stellen.«
Caroline zog die Brauen zusammen; was meinte er mit dem Schwur, den er vor Jahren geleistet hatte? Und was hatte sie damit zu tun? Doch sie sollte keine Chance bekommen, ihn danach zu fragen. Plötzlich lag Bradfords Mund auf ihrem, und der Kuß erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit.
Caroline versuchte, ihre Lippen geschlossen zu halten und stemmte sich gleichzeitig mit aller Kraft gegen seine Schultern, doch es nützte nichts.
Sie konnte einfach nicht ignorieren, was er mit ihr machte. Sie war zwischen seinen Armen gefangen, und seine Lippen lagen auf ihren. Nur noch ein kleiner Kuß, dachte sie, als sie ihre Arme um Bradfords Hals schlang, nur noch ein kleines Abschiedsküßchen. Dann hatte sie etwas, an das sie sich für den Rest des Lebens mit Genuß erinnern konnte. Schließlich ergab sie sich, ließ seine Zunge tun, was immer sie wollte, und gab ihrerseits, was sie zu geben hatte. Sie hörte ihn seufzen, und sie erwiderte den Laut, als er sich schließlich deutlich widerwillig von ihr löste und aufstand. »Das war ein Abschiedskuß, Bradford«, flüsterte Caroline. Ihre Lippen fühlten sich geschwollen und wund an, und ihre Augen füllten sich mit Tränen, als ihr Blick ihm zur Tür folgte. Der lange Tag mußte sie erschöpft haben. Ganz bestimmt heulte sie nicht, weil er aus ihrem Leben marschierte.
»Ja, Liebes«, rief Bradford über seine Schulter. Er hatte seinen Rock genommen und sich über eine Schulter gehängt. »Bis morgen.« Er öffnete die Tür und ging.
Himmel! Was für ein dickköpfiger Mann! Hatten sie sich nicht eben geeinigt, daß ihre Beziehung keinen Sinn hatte? Daß es keine Zukunft für sie gab? Caroline ging in Gedanken noch einmal das Gespräch von eben durch und erinnerte sich, sehr nachdrücklich behauptet zu haben, sie könne keinen Mann heiraten, zu dem sie kein Vertrauen hatte. Oder hatte sie gesagt, sie könne keinen Mann heiraten, der kein Vertrauen in sie hatte? Sie runzelte die Stirn, da sie plötzlich nicht mehr ganz sicher war, wie sie sich nun tatsächlich geäußert hatte. Das war natürlich Bradfords Schuld! Er hatte sie so in Rage gebracht, daß sie kaum hatte reden, geschweige denn vernünftig argumentieren können. An Bradfords Kommentar über das Heiraten konnte sie sich allerdings noch ausgesprochen gut erinnern. Er hatte sehr deutlich gemacht, daß er an einer Ehe nicht interessiert war.
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