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Im Taxi - unterwegs in Kairo

Im Taxi - unterwegs in Kairo

Titel: Im Taxi - unterwegs in Kairo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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was er wieder eröffnet hat! Über Dinge jedoch, die uns betreffen, wird nichts berichtet. Widerlich! Die lecken Speichel auf meine Kosten! Ich bin der Meinung, sie sollten sowohl seriöse Nachrichtensendungen bringen als auch solche mit Speichellecker-Nachrichten. Die sollten sie aber auch so nennen. Dann könnte der Präsident die Speichellecker-Nachrichten hören und die Journalisten befördern, die so was machen, und wir würden die andern Nachrichten hören.
    Ich hätte auch Lust, dem Informationsminister zu sagen, dass wir hundertmal intelligenter sind und die Welt tausendmal besser verstehen als er. Aber wo kann ich ihn treffen, um ihm das zu sagen? Soll ichihm ein Telegramm schicken, was meinen Sie? Oder würden die mich dann verhaften? Geht es mich überhaupt etwas an, dass das mal unser Land war? Heute ist es doch ihrs, und sie machen damit, was sie wollen. Da bleibe ich doch lieber beim Taxifahren.«

36
    Heute haben die staatlichen Zeitungen Fotos der Kandidaten veröffentlicht, die zur Präsidentschaftswahl antreten, jeweils mit einer Kurzbiographie versehen.
    Der Taxifahrer kommentierte: »Ich habe mich mein Lebtag noch nicht so amüsiert wie heute. Als ich die Fotos in der Zeitung gesehen habe, habe ich mich totgelacht, die sehen ja zum Schiessen aus! Wirklich zu komisch. Die haben Leute aufgetrieben, von denen noch nie ein Mensch gehört hat. Ich bin überzeugt, noch nicht mal ihre Mütter haben von ihnen gehört. Da ist sogar der Clown dabei, der aufgeblasen wird wie ein Ballon, damit sie sagen können: Schaut her, auch Herr Ballon 50 hat sich für die Wahlen aufstellen lassen. Wissen Sie eigentlich, warum diese Herren bei den Wahlen mitmachen?«
    Â»Warum denn?«
    Â»Man munkelt, dass kein Einziger kandidieren wollte, weil die Wahl sowieso nur ein Spiel der Regierung ist. Warum also mitmachen? Vor den Amerikanern will die Regierung als demokratisch dastehen, damit sie weiter Zuwendungen kriegt und die Wirtschaft nicht völlig zusammenbricht, also hat sie sich diese Show ausgedacht. Prima Idee, aber woher soll sie die Schauspieler dafür nehmen? Bei uns gibt es nämlich diese Sorte Komödianten nicht. Also kamder grosse Regisseur ins Spiel. Der hat ja viele Fernsehserien gemacht und weiss, wie so was funktioniert. Er hat erklärt, dass die Regierung für die Wahlwerbung jedes Kandidaten Geld geben würde. Schliesslich müssten die Schauspieler ja bezahlt werden. Warum soll Jachja al-Facharâni 51 der Einzige sein, der Geld kriegt?
    Einige Kunden haben mir Zahlen genannt, aber jeder sagt was andres. Einer meinte, die Regierung würde für jeden Kandidaten eine Million Pfund ausgeben, ein andrer sagte eine Dreiviertelmillion. Natürlich werden die nur ein Viertel davon in die Kampagne investieren und den Rest in die eigene Tasche stecken und so von dem Deal profitieren.
    Das Schärfste hat mir ein Fahrgast heute erzählt, wir haben uns wirklich krankgelacht: Einer der Kandidaten, der gegen Mubârak antritt, um sein Stück vom Kuchen zu bekommen, soll erklärt haben, dass er Mubârak wählen wird. Ich wollte es gar nicht glauben, aber er hat geschworen, dass es wahr ist. Schliesslich ist auch Adel Imâm 52 nicht mehr so witzig wie früher, und seine Komödien werden nur noch für die Golfaraber gezeigt. Die Ägypter schauen sie sich schon lange nicht mehr an. Und die letzten Filme von Hinîdi 53 sind völlig überflüssig. Also haben sie sich gesagt, dass man in diesem Sommer eine Show veranstaltenmuss, damit die Leute etwas zu lachen haben und nicht so miesepetrig sind. Haben Sie die Fotos heute in der Zeitung gesehen?«
    Â»Ja, hab ich.«
    Â»Und? Mussten Sie nicht lachen?«
    Â»Ehrlich gesagt, kannte ich keinen Einzigen, und das ist wirklich zum Lachen.«
    Â»Ich persönlich kann Mubârak nicht leiden, und normalerweise hätte ich jeden gewählt, der gegen ihn antritt. Aber als ich die andern sah, dachte ich: Nein, Mubârak ist immer noch der Beste von denen. Nicht wirklich der Beste, nein, aber der Einzige, den man überhaupt wählen kann.«
    Â»Also werden Sie ihn wählen?«
    Â»Nein, ich selbst wähle nicht. Ich spreche von denen, die wählen gehen.«

37
    Taxifahrer werden oft betrogen, und ich möchte gern zwei Geschichten dazu erzählen.
    Die erste hörte ich, als ich vor dem Fernsehgebäude an der Nil-Corniche ein Taxi nach Munîra nahm.

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