Im Taxi - unterwegs in Kairo
Vizepräsident. Der Mann kennt seinen Job genau und hat sich bewährt. Und ausserdem, wer würde in Wahlen schon gegen Leute antreten, die keinen Pappenstiel wert sind? Nur der Demokratie zuliebe ist er dazu bereit. Kein andrer hätte das getan. Hätte beispielsweise Sadât das gemacht? Niemals! Und wer hat sich das Ganze ausgedacht? Husni Mubârak natürlich. Wissen Sie eigentlich, warum dieser Mann so aussergewöhnlich ist?«
»Warum denn?«
»Weil er ursprünglich Pilot war. Und ein Pilot muss intelligent, ständig auf der Hut und sehr konzentriert sein. Fehler kann er sich nicht leisten, denn ein Schnitzer kann den Tod bedeuten. Deshalb ist Mubârak perfekt: immer konzentriert, und ausserdem weiss er genau, was er will. Was der allein schon in Kairo alles zustande gebracht hat: Hochstrassen und Tunnels, einfach phantastisch! Wussten Sie, dass in den Achtzigern die Strassen viel verstopfter waren als heute? Und die Zahl der Autos ist seitdem gewachsen! Der Mann hat einen tollen Job gemacht, und doch hat er eingewilligt, in den Wahlen gegen einen Haufen Nobodys anzutreten. Ein guter Mann, wirklich!«
»Aber ich habe mich heute total über das Transparent aufgeregt, auf dem stand, dass die U-Bahn Mubâraks Geschenk an sein Volk sei.«
»Was ist schon dabei? Die U-Bahn war doch sowieso Mubâraks Idee und hat ein grosses Verkehrsproblem gelöst. Wussten Sie, dass jeden Tag mehrals eine Million Leute die U-Bahn nehmen? Ich habe Ihnen doch gesagt, Mubârak ist einzigartig. Wohin wollten Sie gleich noch mal, mein Herr?«
50
»Haben Sie es eilig?«, fragte mich der Fahrer. »Ich muss nämlich unbedingt Gas tanken.«
Ich schüttelte den Kopf, allerdings hatte ich keine solch endlos lange Autoschlange vor der Erdgas-Tankstelle erwartet. Darunter war kein einziger Privatwagen, sondern nur Taxis aller Art. Die Autokolonne sah aus wie eine schwarz-weiss gestreifte Schlange, die sich von der Tankstelle bis zu uns auf die Strasse erstreckte. Die Geschwindigkeit, mit der sie sich vorwärtsbewegte, durfte man getrost als langsam bezeichnen.
»Warum eigentlich Gas?«, fragte ich den Fahrer.
»Gas ist viel billiger als Benzin, mindestens um die Hälfte. Wir Taxifahrer sparen damit viel Geld. Wir fahren jeden Tag mindestens hundertfünfzig Kilometer, und ein Wagen wie mein Peugeot 504 verbraucht viel Treibstoff. Für mich macht das viel aus.«
»Aber ich habe gehört, dass die Umrüstung ein paar tausend Pfund kostet.«
»Das läuft auf Raten. Immer wenn man tankt, zahlt man einen kleinen Extrabetrag, bis alles abbezahlt ist. Ich habe den Gasmotor allerdings von einem andern Taxifahrer gebraucht gekauft. Der ist zum Arbeiten in die Emirate gegangen und hat mir das Ganze für neunhundert Pfund in bar verkauft.«
Die Schlange war kaum vorwärtsgekommen. Die Fahrer standen neben der Tankstelle beieinander. Sie hatten ihre Wagen in der Schlange stehen gelassenund warteten, bis sie an der Reihe waren. Der Fahrer und ich stiegen aus, um uns zu den anderen zu gesellen, die ununterbrochen lachten.
»Im Hafen haben sie in einer Ladung Keramikplatten mehrere Tonnen Viagra gefunden«, gab einer der Fahrer zum Besten. »Morgen kommt dann ein Werbespot im Radio: âºKeramikplatten mit Viagra, damit die Frauen ihre Männer dazu bringen, den Fliesenboden abzulecken.â¹Â«
Alle brachen in Lachen aus, und ein anderer Fahrer knüpfte gleich an: »Gebrauchsanweisung für Viagra: Mit einem Mädchen, das du zum ersten Mal siehst, brauchst du keins. Mit der Frau, die du liebst, eine halbe Tablette. Mit deiner Freundin eine ganze. Mit deiner Ehefrau sechs Tabletten, zehn Bier, drei Gläser Whisky, zwei Haschischjoints, etwas Gras, und dann helfe dir Gott. Aber das klappt auch nicht immer.«
Brüllendes Gelächter stieg zum Himmel auf, und ein anderer fiel sofort ein, ehe ihm jemand zuvorkommen konnte: »Als der Vater eines Oberägypters starb, nahm der eine Viagra. Die Leute fragten: âºDu Esel, was machst du denn da?â¹ Und er antwortete: âºIn diesen schweren Zeiten brauche ich jemanden, der mir beisteht.â¹Â«
Der Fahrer neben mir konnte sich vor Lachen kaum mehr halten. Alle schauten ihn an, und einer aus der Gruppe erzählte einen weiteren Witz: »Ein Taxifahrer hatte von seiner Frau die Nase voll. Er gab eine Annonce auf: âºTausche Frau in gutem Zustand, fabrikneue Innenausstattung,
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