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Im Taxi - unterwegs in Kairo

Im Taxi - unterwegs in Kairo

Titel: Im Taxi - unterwegs in Kairo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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wäre ich gar nicht anwesend oder hätte eine Tarnkappe auf. Sogar als ich ausstieg und den Fahrpreis bezahlte, beachtete mich keiner der beiden oder sagte auch nur ein Wort zu mir.
    Sie schienen zu beten, sie flüsterten miteinander und wandten ihr Gesicht zum Himmel, in der Hoffnung, dass sich dort eine Tür öffnen und Gott ihre Gebete erhören würde.

48
    Das erste Lied
    Â»Ich bin wie ein Fisch, und das Taxi ist mein Aquarium«, sagte der Fahrer. »Das Aquarium ist ein kleines Gefängnis, in dem der Fisch hin und her schwimmt. Einmal stösst er an das Fenster auf dieser, dann an das Fenster auf der anderen Seite.
    Wenn ich einen Arm bewege, stosse ich an das Fenster auf dieser Seite, und wenn ich den anderen Arm ausstrecke, stosse ich an das Fenster auf der anderen Seite. Ich fahre zwar den ganzen Tag herum, aber eigentlich sehe ich nur den Innenraum des Taxis. Die Fenster des Wagens sind meine Grenzen. Das ist ein Gefängnis auf Lebenszeit, und am Ende wartet nur das Grab auf mich.«
    Das zweite Lied
    Â»Mein Rücken ist schon ganz steif vom vielen Sitzen. Wenn ich mich nachts recken und strecken will, kann ich es nicht. Mein Rücken tut mir weh, wenn ich ihn entspannen will. Das Auto ist alt und hat an allen Seiten Löcher. Im Sommer steigt die Hitze des Motors zu meinen Beinen und dem ganzen Körper hoch. Ich bin wie der Kebabverkäufer vor seinem Grill. Der einzige Unterschied ist, dass er leckeres Fleisch riecht, ich hingegen nur Abgase.«

49
    Ich war auf dem Atabaplatz und wollte zu den Pyramiden. Ich überlegte, dass ich mit der U-Bahn nach Gisa fahren und dann ein Taxi zu den Pyramiden nehmen könnte. Es war Juli und sehr heiss. Zuvor hatte ich die Asbakîja-Buchläden abgeklappert, einen nach dem anderen, weil ich ein Buch über das Handwerk im pharaonischen Ägypten als Geschenk für meine Frau suchte, aber ich fand keins. Als ich zur Metrostation kam, sah ich ein riesiges Plakat, auf dem stand: »Die U-Bahn, ein Geschenk von Mubârak an sein Volk.« Wirklich ein schönes Geschenk. Und ich war nach Asbakîja gefahren, um ein paar Piaster zu sparen! Wie viel hatte wohl Mubârak für die U-Bahn ausgegeben? Und auf welchem Markt in Frankreich hatte er sie wohl für sein Volk gekauft?
    Es ist zum Verrücktwerden! Das ganze Jahr über spricht die Regierung von Pluralismus und Demokratie und den ersten Präsidentschaftswahlen mit mehreren Kandidaten, und gleichzeitig liest man in der Metro, dass der Präsident das Staatsvermögen besitze und damit Geschenke kaufe für eine Gemeinschaft, die Seiner Majestät gehöre und »Sein Volk« genannt werde. Bei solchen Widersprüchen trifft einen doch der Schlag! Eigentlich müssten wir Verblödungspillen schlucken, um all das zu ertragen.
    Das Plakat verärgerte mich sehr, besonders weil ich am Tag zuvor ein anderes gesehen hatte, auf dem stand: »Ja, o erhabener Mubârak, ja, o Herr, ja, o Erhabener, oMuhammad, o Husni, o Mubârak, der du die Unterstützung Gottes und des Propheten Muhammad hast, o reinster Sohn der Abkömmlinge deiner Vorfahren Ali Ibn Abi Tâlib, Fâtima und unseres Herrn Hussain …« und so weiter und so fort. Ausgemachter Blödsinn!
    In Gisa stieg ich aus der U-Bahn und nahm ein Taxi. Überall hingen Transparente, die für ein Ja beim Referendum über eine Verfassungsänderung warben, die uns Pluralismus bescheren sollte, aber zugleich hiess es auch: »Ja zu Mubârak!«
    Die Leute waren völlig durcheinander. Sie waren nicht in der Lage, einfach nur ja zur Verfassungsänderung zu sagen. Die Armen hatten Angst und meinten, sie müssten auch ja zu Mubârak sagen. Kurze Zeit später sah ich ein Plakat mit dem Spruch »Auch der Embryo im Bauch seiner Mutter sagt ja zu Mubârak«.
    Â»Was halten Sie von den ganzen Plakaten?«, fragte ich den Fahrer.
    Â»Das Beste fand ich bisher: ›Ein einstimmiges Ja zu Muhammad Husni Mubârak, zu Mubâraks Sohn und zu Mubâraks Enkel!‹«, antwortete er.
    Â»Dann wird Ägypten wohl eine republikanische Hummus-Monarchie werden, was meinen Sie?«
    Â»Was kann denn Mubârak für diese Plakate? Es sind doch die Leute, die sie aufhängen. Ich finde, Mubârak kann man nichts vorwerfen. Der Mann tut, was er kann. Er ist seinem Amt gewachsen. Seit baldeinem Vierteljahrhundert ist er Präsident der Republik, und davor war er

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