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Im Tempel des Regengottes

Im Tempel des Regengottes

Titel: Im Tempel des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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die Menge, auf dem Boden kauernd, und starrte aus Tausenden Augenpaaren still zu ihnen empor.
    Paul schob sich zwischen Stephen und Miriam nach vorn.
    »Na los, weiter«, flüsterte er heiser, und Robert sah voller Schrecken den gierigen Glanz, der Pauls Augen wie im Fieber schimmern ließ.

5
     
     
    Hinter dem schmalen Einlaß begann eine Treppe, die im Innern des Berges (oder Palastes) steil aufwärts führte. Zwei Wächter standen auf den unteren Stufen, Fackeln in den Händen, gewandet in die graue Tunika der Priester Cha'acs. Von Ja'much dagegen war nichts mehr zu sehen, und als Robert mit Henrys Hilfe nach dem Verbleib des alten Priesters fragte, starrten die Wächter ihn nur wortlos an, mit so finsteren Mienen, daß er es vorzog, nicht auf einer Antwort zu bestehen.
    Ein überwältigender Geruch drang aus dem Treppenschacht zu ihnen herab, ein Gestank nach Moder und Fäulnis, vermischt mit einem ekelhaften Brandgeruch, als ob in der Nähe Kadaver eingeäschert würden. Ungewiß, ob es an diesem Geruch lag oder am plötzlichen Verschwinden Ja'muchs, jedenfalls spürte Robert, wie eine angstvolle Anspannung ihn erfaßte, trotz oder gerade wegen seiner übergroßen Müdigkeit.
    Hinter den beiden Wächtern stieg er die Treppe empor, auf die Schultern seines Dieners gestützt. Trotz der Fackeln, die vor ihnen die Wächter in die Höhe hielten, war es so düster, daß sich die Stufen zu ihren Füßen nur schattenhaft abzeichneten. Roberts Atem ging keuchend, seine Beine brannten wie Feuer, und in jeder Zelle seines Körpers summte die Müdigkeit. Dagegen schienen Stephen und Paul bei guten Kräften, dicht hinter ihm stiegen sie die Stufen empor, dabei unablässig miteinander wispernd. Robert wollte ihnen aufs neue einschärfen, daß sie stillschweigen, einzig ihn mit Ajkinsaj sprechen lassen sollten, aber er konnte sich nicht überwinden, sich auch nur zu ihnen umzudrehen. Sie werden schon nichts Unbedachtes tun, versuchte er sich zu beruhigen, wurde aber nur noch unruhiger, als ihm der gierige Blick wieder einfiel, mit dem Paul eben vorangedrängt hatte.
    Endlich mündete die Treppe auf einen ebenen Gang, der acht Fuß breit sein mochte und seltsamerweise nach oben hin offen war. Hinter den Wächtern schritten sie den Gang entlang, in fahlem Zwielicht, da noch immer schwarze Wolken den Himmel bedeckten. Der Gang verlief schnurgerade, zwischen gemauerten Wänden, deren linke kaum zehn Fuß hoch war, die rechte aber zwanzig Fuß oder mehr. Und Robert begann zu begreifen, daß es sich bei dem vermeintlichen Berg tatsächlich um einen riesigen Palast handelte, in dessen Innerem sie sich befanden, vielleicht hundert Fuß über der Erde.
    Zu seiner Linken bemerkte er nun schmale Scharten, die in regelmäßigen Abständen in die Mauer eingelassen waren. Früher einmal mochten Wächter durch diese Luken nach draußen gespäht oder Krieger ihre Pfeile und Speere auf Angreifer geschleudert haben. Heute jedoch waren die Scharten mit Schlamm und mit wuchernden Wurzeln gefüllt, der Unterseite von Gras und Buschwerk, die den Palast von außen umhüllten. In der hohen Wand zu ihrer Rechten waren Türlöcher ausgespart, in einem Abstand von zwanzig Fuß oder mehr. Die meisten dieser Einlasse waren durch ausgespannte Tücher oder Lederstücke verschlossen, einige wenige aber waren unversperrt. Im Vorübereilen spähte Robert in modrige Säle, deren Wände mit blaugrünem Schimmel bedeckt waren und die Böden kniehoch mit Schlamm. Hier und dort gewahrte er Überreste einer Einrichtung, die erlesen und prachtvoll gewesen sein mochte, geschnitzte Throne, weitläufige Wandgemälde, doch dies alles war unrettbar verfallen, von Nässe zerfressen, unter Schlamm erstickt. Immer stärker wurde der Geruch, der anscheinend den ganzen Palast erfüllte, ein Gestank nach Fäulnis, aber noch ärger nach brennenden Kadavern, schmorendem Fell oder Haar. Die Ka'ana, Palast des Himmels, dachte Robert, von Erde und Schlamm umschlossen, ihrem Namen und ihrer Höhe zum Hohn.
    Keuchend wankte er hinter den Wächtern her, auf Henry gestützt, der unter seiner Last zu erschauern schien. In seinem Rücken hörte er Stephen und Paul, die immer noch miteinander wisperten, und die Schritte von Miriam und Mabo, Ajkech und den jungen Priestern Cha'acs. Endlich hielten die Wächter inne, vor einem breiten Türloch in der rechten Wand. Die Fackeln erhoben, nahmen sie zu beiden Seiten Aufstellung, mit so grimmigen Mienen, daß Robert, seinen Arm von Henrys

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