Im Tempel des Regengottes
packte Ajkinsajs reglosen Körper und schleppte ihn ohne erkennbare Mühe in die Mitte der Schatzkammer, wo er ihn achtlos zu Boden fallen ließ.
Der oberste Priester Cha'acs kam auf dem Rücken zu liegen, und Robert sah, daß er noch am Leben war, wenn auch kaum bei Besinnung. Seine Brust hob und senkte sich, seine Lider waren ein wenig geöffnet. Doch die Augen darunter waren so stark verdreht, daß nur das Weiße zu sehen war, von einem Wirrwarr geplatzter Äderchen durchzogen.
»Los, zieh ihm den Kittel aus«, sagte Stephen zu Robert und wandte sich schon wieder dem Schatzhaufen zu.
Mühsam beugte sich Robert über Ajkinsaj, soweit das knarrende Brett auf seinem Rücken es erlaubte. Selbst aus dieser Nähe und trotz seiner üblen Stirnwunde sah der oberste Priester Grimaldi unglaublich ähnlich. Dennoch spürte Robert, daß der Bann gebrochen war. Der Magier hat sich selbst verzaubert, dachte er, der Magnetiseur selbst liegt in tiefem Schlaf. Er wünschte Ajkinsaj, daß seine Qualen bald beendet sein würden, aber er empfand nur wenig Mitleid mit ihm. Zu viel Gram und Grauen hast du über andere gebracht, Grimaldi, zu lange die Träume der Menschen manipuliert, Ajkinsaj, nur um deiner eigenen Macht willen. Mit Ajkechs Hilfe zerrte er ihm das Gewand vom Leib, und da erst bemerkte er den Jadestab, der neben Ajkinsaj am Boden lag, als wäre er der rechten Hand des Sterbenden entglitten. Es war ein schlanker Stab von der Länge einer Knabenelle, mit Inschriften bedeckt und von einem Busch aus Jaguarhaaren gekrönt. Ohne sich zu besinnen, schob Robert das Kleinod in seinen Schurz, dann wandte er sich um und warf Paul das zerfetzte Gewand Ajkinsajs zu.
»Stopf hinein, was irgend reinpassen mag«, sagte Stephen,
»während ich den Affen fessele.«
»Fesseln?« wiederholte Paul in offensichtlichem Erstaunen.
»Stich ihn ab, und basta.«
»Kommt nicht in Frage!« Miriam rief es mit schriller Stimme, und ihre Katzenaugen blitzten Paul an. »Dieser Affenhund hat Valentine und all die anderen bei lebendigem Leib zerhacken lassen. Und da willst du ihn mit einem raschen, schmerzlosen Tod belohnen? Wenn wir genügend Zeit hätten, ich sag' euch, Jungs, ich würd' den Dreckskerl ganz langsam in kleine Stücke schneiden.« Ihr Blick flackerte von Paul zu Stephen, der ihr mit düsterer Miene zuhörte. »Wenn wir ihn uns schon nicht vornehmen können«, fuhr sie fort, »soll er wenigstens so langsam wie möglich hier unten verrecken. Und damit er sich nicht doch noch irgendwie befreien kann, werd' ich ihn jetzt hübsch zusammenschnüren.«
Und sie trat neben Ajkinsaj, der noch immer rücklings auf dem Boden lag, nackt bis auf seinen zerfetzten Schurz, die Augen verdreht. Unwillkürlich wich Robert vor ihr zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Seitenwand stieß. Miriam kniete neben Ajkinsaj nieder, riß ihm den Schurz von den Hüften und wälzte den massigen Leib auf die Seite. Robert wollte sich rasch abwenden, aber es war zu spät: Sein Blick fiel auf Ajkinsajs Hinterseite, die bis auf die Knochen zerfleischt war. Er stöhnte auf und knirschte mit den Zähnen, während Ajkechs Schultern unter seinem Arm zu zucken begannen wie im Krampf.
Währenddessen schlangen sich Paul und Mabo die Seile mit den aufgefädelten Idolen um den Leib. Dann schwangen sie und Stephen ihre Säcke voll klirrender Kleinodien auf die Schultern, mit raschen, präzisen Bewegungen, als ob sie auf genau diese Situation seit langer Zeit vorbereitet wären. Miriam zerrte Ajkinsajs Füße und Hände hinter seinen Rücken und band sie mit kundigen Griffen zusammen. Darauf wälzte sie ihn wieder in die Rückenlage, so daß er auf seine gefesselten Hände und Füße zu liegen kam.
»Das reicht, zum Donner«, sagte Stephen, »gehe n wir.«
»Gleich.« Miriam hob den rechten Fuß und trat mitten auf Ajkinsajs Leib. »Reich mir erst noch meinen Sack voll Schätze, Katerchen.« Sie wippte mit beiden Füßen auf Ajkinsajs Brustkorb.
Stephen reichte ihr den prall gefüllten Sack, und als Miriam die Kleinodien auf ihre Schulter hob, glaubte Robert zu hören, wie unter ihr Ajkinsajs Knochen zerknackten.
»Jetzt können wir.« Leichtfüßig sprang sie hinab, das Gesicht des Todgeweihten als Stufe nutzend.
5
Gewaltige Detonationen ließen die Mauern der Ka'ana erzittern. Noch in den unterirdischen Gewölben waren die Erschütterungen zu spüren, am Fuß der Treppe, die sie aufwärts taumelten, wie betäubt durch das Krachen der
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