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Im Tempel des Regengottes

Im Tempel des Regengottes

Titel: Im Tempel des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Mörserschläge.
    Licht flutete ihnen auf der Treppe entgegen, vom First des Palastes hinabströmend, aus Seitengängen, Löchern und Luken, die sie vorhin, bei ihrem Abstieg in die Unterwelt, nicht einmal bemerkt hatten. Dabei mußte es noch tief in der Nacht sein, jedenfalls weit vor Sonnenaufgang, dachte Robert, der keuchend hinter den Gefährten herwankte, mit seinem ganzen Gewicht auf Ajkech gestützt. Bei jedem Schritt spürte er einen stechenden Schmerz, wie von Pfeilen, die sich in seinen Rücken bohrten. Die Bahre scheuerte an seinen Schultern und Hüftknochen, aber er wagte weniger denn je, sich des Brettes zu entledigen. Ixnaay, dachte er, ohne dich bin ich verloren, immer schon.
    Auch Ajkech schien am Ende seiner Kräfte. Er wankte nur noch voran, ab und an leise seufzend, doch wenn Robert zu ihm hinabsah, erwiderte der kleine Krieger jedesmal mit vertrauensvoller Miene seinen Blick. Für ihn bin ich immer noch der Götterbote, dachte Robert, der Retter der Maya. Beinahe hätte er aufgelacht, aber selbst dafür fehlte ihm die Kraft. Dieses Licht! Offenbar waren sie viel länger unter der Erde gewesen, als er geglaubt hatte, nicht nur einige Stunden vom Abend bis in die Nacht, sondern bis weit hinein in den folgenden Tag. Dieses Versagen seines Zeitgefühls verwirrte ihn so sehr, daß er für den Moment selbst seine Erschöpfung vergaß.
    Die Gefährten waren ihnen schon zehn, fünfzehn Stufen voraus, auch Mabo, der tief unter seine klirrende Last gebeugt ging. Draußen grollten die Detonationen, in so rascher Folge, so laut und metallisch hallend, als hätten die Soldaten Ihrer Majestät ein halbes Dutzend Kanonen vor der Ka'ana in Stellung gebracht.
    Selbst als sie so weit emporgestiegen waren, daß auch das Brausen des Regens und der heulende Sturm durch Erde und Mauern zu ihnen drangen, erkannte Robert noch immer nicht, welchem Irrtum sie erlegen waren. Auch die Gefährten schienen nichts Böses zu argwöhnen, im Gegenteil: Während sie die Stufen hinaufstapften, unter ihren Beutesäcken schnaufend und mit den umgehängten Idolen klirrend, warfen sie sich immer wieder Scherzworte zu, spaßhaft gemeinte Andeutungen, was sie mit ihrem Reichtum anfangen wollten. Die unaufhörlichen Böllerschüsse schienen ihre Stimmung noch zu steigern, so selbstverständlich schien es ihnen, daß die Armee des Gouverneurs die Ruinenstadt überrennen würde, und so vorteilhaft für ihre eigenen Pläne, daß sie gar nicht auf den Gedanken kamen, die krachenden Detonationen könnten etwas anderes als Schüsse britischer Kanonen sein.
    Als Robert und Ajkech endlich die Erdlinie erreichten und durch einen Seitengang aus der Ka'ana hinaus auf den Platz taumelten, war von Stephen und Miriam, Paul und Mabo nichts zu sehen. Fahles Sonnenlicht beschien die weite Fläche und die Bauwerke ringsum, aber bis auf ein rundes Wolkenloch, über dem die Sonne schwebte, war der Himmel gänzlich verfinstert. Regen toste hernieder, Sturm heulte und wühlte in den Wipfeln der gewaltigen Bäume, die aus Firsten und Freitreppen der Ruinen wuchsen. Unablässig zuckten Blitze über den Himmel, ebenso unaufhörlich grollte der Donner, ohrenbetäubend und mit metallischem Nachhall, daß es wahrha ftig wie Kanonenfeuer klang.
    Doch es war der Zornesatem Cha'acs.
    Der ganze Platz war übersät mit Menschen, reglos daliegenden Körpern und verbissen Kämpfenden, in der Uniform Britanniens und in der grauen oder schwarzen Tunika, im weißen oder goldenen Schurz der Mayakrieger. Die einsame Kanone Ihrer Majestät, die tatsächlich inmitten des Platzes stand, war so tief in den Schlamm eingesunken, daß nur noch der Lauf und handbreit der Räder zu sehen waren. So gewaltsam schoß der Regen hernieder und so laut dröhnte der Donner, daß jedes andere Geräusch übertönt wurde. Lautlos stampften die Kämpfenden durch den Schlamm, lautlos schlugen sie aufeinander ein, mit Äxten, Knüppeln, bloßen Fäusten, lautlos drückten sie Revolver ab oder stießen den Dolch in Herz oder Ba uch des Gegners, der stumm aufschrie, umfiel und gleich schon halb im Schlamm versunken war.
    Robert sah um sich, und für einen Moment glaubte er sich wahrhaftig in die Unterwasserwelt seiner magnetischen Träume versetzt. In eine jener Städte am Grund des Meeres, in denen er selbst so häufig umhergetrieben war, durch tangverhangene Fensterlöcher spähend, vor glotzäugigen Muränen zurückschreckend, die urplötzlich aus den Grotten ihrer Ruinenbauten tauchten.
    Aber auch

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