Im Tempel des Regengottes
in Hals und Mähne des Wallachs krallte.
Dabei befanden sie sich immer noch auf dem Fahrweg, in knietiefer, glitschiger Spur zwar, doch auf einigermaßen ebenem Grund. Linker Hand zog sich die Schlucht dahin, rechts erhob sich der Dschungel, eine endlose grüne Mauer, undurchdringlich und mehr als siebzig Fuß hoch. Stephen ritt voraus, auf einem behäbigen Rappen, gefolgt von Paul, der auf einer mageren Fuchsstute saß. Dahinter trottete Roberts Wallach, während Mabo und Henry den Schluß des kleinen Zuges bildeten, auf zwei kümmerlichen Schecken reitend und das Packpferd mit Pauls und Stephens Gepäck am Zügel führend.
Seit sie aufgesessen waren, hatte sich der Himmel mehr und mehr verfinstert, doch obwohl die Sonne hinter Wolken verschwunden war, herrschte noch immer drückende Schwüle. Robert wagte kaum, daran zu denken, daß sie den Fahrweg in Kürze verlassen würden, um rechter Hand in einen schmalen Knüppelpfad einzubiegen. Laut Paul führte dieser Pfad durch unwegsames Dickicht, zunächst einige hundert Schritte steil bergauf, danach Meile um Meile durch Sumpf und Unterholz. Knüppelpfad, schon das Wort klang furchterregend. Er würde vom Pferd stürzen, dachte Robert, und sich sämtliche Knochen brechen, unmöglich konnte er auf einem solchen Knüppelweg durch die Wildnis reiten, mit einer Hand die Machete schwingend, mit der anderen die Zügel führend, und doch mußte er es versuchen, es war seine einzige Chance. Wann immer ihm die Soldaten in den Sinn kamen, das lautlos heranpreschende Fähnlein, wie er es vorhin in Pauls Glas erblickt hatte, überlief ihn ein Schauder, als ob sich die Hand des königlichen Offiziers schon fest auf seine Schulter legte. Es schien ihm unbegreiflich, wie die Soldaten derart voranjagen konnten, in Pauls Fernrohr waren sie über den tückisch verschlammten Fahrweg gestoben, so unaufhaltsam, als ob sie auf geflügelten Rössern säßen. Dagegen schleppte sich ihre eigene kleine Schar nur mühevoll dahin, auf matten Pferden, die von der Kutschfahrt schon ermüdet waren, und zusätzlich beschwert durch einen unbeholfenen Reiter, der wie eine Holzpuppe auf seinem Wallach saß.
Robert warf einen Blick über die Schulter: Augen und Lippen zusammengekniffen, starrte Henry vor sich auf den schlammigen Pfad. Der junge Mestize wirkte noch immer angespannt, ja verkrampft, Pferd und Weg schienen Henry kaum weniger Mühe zu bereiten als ihm selbst. Keineswegs zum ersten Mal sagte sich Robert, daß dieser kleine Diener ihm wohl keine große Hilfe sein würde. Dagegen ritt Mabo mit natürlicher Anmut dahin, jede Bewegung im Einklang mit seinem Pferd, als ob Tier und Reiter zentaurisch verbunden wären. Robert wollte ihm zulächeln und spürte, daß er nur eine Grimasse zustande brachte, verzerrt vor Anstrengung und dem dröhnenden Schmerz in seinem Kopf. Mabo antwortete ihm mit den Augen, ein ernster Blick, ein Senken der Lider, und obwohl die Botschaft unbegreiflich blieb, schien es Robert, als beginne sich zwischen ihnen ein Verständnis zu entwickeln. Doch als er sich wieder nach vorne wandte und die Haltung des Mestizen nachzuahmen versuchte, ein wenig vorgebeugt, die Schenkel leicht angedrückt, eine Hand in der Mähne spielend, da scheute sein Wallach und bäumte sich schnaubend auf, so daß er beinahe abgeworfen worden wäre.
Vor ihm lachte Paul leise auf, ungewiß, ob aus Schadenfreude, und fast im gleichen Moment zerbarst die Wolkendecke über ihnen. Die Flut stürzte herab, mit tosender Urgewalt, als ob sie unter einem Wasserfall dahinritten. Donner rollte über den Himmel, der sich vollkommen verfinstert hatte, wie in schwärzester Nacht, und sich gleich darauf mit einem Wirrwarr gleißender Blitze überzog.
Binnen eines Lidschlags war Robert bis auf die Haut durchnäßt. Sein Wallach war einfach stehengeblieben, klugerweise, wie er dachte, denn man sah so gut wie nichts mehr, nur noch herniederstürzendes Wasser, emporspringende Tropfen und Schwaden bleichen Dampfes, der über den Boden waberte und wallend aus Schlucht und Wald aufstieg. Ein plötzlicher Windstoß packte seine Jacke, die vor ihm auf dem Pferderücken lag, und wirbelte sie davon. Robert spürte einen schmerzlichen Stich. Im ersten Impuls wollte er vom Pferd springen und versuchen, die Jacke zu retten, doch dann blieb er einfach sitzen, weit vorgebeugt, während die Tropfen ihm auf Kopf und Rücken trommelten und das Wasser ihm übers Gesicht rann und in hellen Strömen aus Ärmeln und Hosenbeinen
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