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Im Tempel des Regengottes

Im Tempel des Regengottes

Titel: Im Tempel des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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schlüpfrigen Pfad hinauf, durch die rauschende Röhre aus tropfnassen Blättern, peitschenden Zweigen, die sich endlich zu einem breiteren, weniger gewaltsam ansteigenden Pfad öffnete, und dort erst, im selben Moment, als Mabo seine Hand zurückzog, fiel Robert vom Pferd, ohne Zutun des Wallachs, der einfach stehengeblieben war.
    »Paul und ich gehen zum Camp hinunter.«
    Stephens tiefe Stimme riß Robert aus seinen Gedanken. Als er aufsah, standen die beiden Gefährten einen Schritt vor ihm, zwei Schattenrisse vor dem orangeroten Abendhimmel, einer breit und massig, einer mager und schmal.
    »Ein verdammt steiler Weg, zum Donner - besser, wir bringen ihn hinter uns, bevor es dunkel ist.« Stephen beugte sich zu ihm hinab, in der Rechten einen funkelnden Gegenstand. »Nimm das hier, für alle Fälle«, fügte er hinzu und drückte ihm, ohne eine Antwort abzuwarten, seine Pistole in die Hand.
    Überrumpelt wendete Robert das fatale Gerät hin und her. Als er wieder aufblickte, wandte sich Paul eben ab, mit zuckenden Mundwinkeln, und eilte Stephen hinterher, der bereits über den Rand der Anhöhe getreten war und über den Steilhang hinablief, zum Victoria Camp.

5
     
     
    Er lag ausgestreckt in seinem Kanu, das gemächlich dahintrieb, auf den Fluten eines ungeheuren Stroms. Hoch über ihm, im flirrend grünen Gewölbe, tanzten die Sonnenstrahlen, Papageien flatterten umher, Spottworte rufend, die anscheinend dem großen, braunen Affen galten, der auf einem Wurzelstrunk am Ufer saß. Robert richtete sich ein wenig auf, um den Affen genauer anzuschauen, dessen schmales Gesicht mit den durchbohrenden Augen ihm bekannt schien, und im gleichen Moment dämmerte ihm, wo er sich befand: auf dem New River seines Kanutraums. Vor ihm, auf der Ruderbank, saß die schlanke braune Gestalt, die ihn stets im Traum begleitete, immer mit dem Rücken zu ihm, so daß er ihr Gesicht noch nie gesehen hatte. Das Boot schaukelte auf den Wellen, als Robert sich vorbeugte, um ihre Schulter zu berühren. Doch da verlor er das Gleichgewicht und fiel aus dem Kanu, unerwartet tief, und erkannte noch im Fallen, an wen ihn der Affe auf dem Wurzelstrunk erinnerte, während sich ein junges, kakaobraunes Gesicht über ihn beugte und mit der Stimme des Mestizen Mabo fragte: »Nichts passiert, Herr?«
    Robert hatte die Augen nur ein wenig geöffnet, jetzt machte er sie rasch wieder zu und schüttelte nur leicht den Kopf, um gleich in den Traum zurückzugleiten. Aber durch seine Lieder sickerte schon das Licht des neuen Tages, und nun fiel ihm auch ein, wo er sich tatsächlich befand: in der notdürftigen Hütte, die Mabo gestern abend noch aus Ästen, Palmzweigen und Bananenblättern errichtet hatte, auf der Anhöhe (oder dem Dach des Palastes) tausend Fuß über Victoria Camp. Von draußen drangen die vielfältigen Laute der Wildnis und des Holzfällerlagers herein, das morgendliche Konzert der Urwaldvögel, Männerstimmen in der Ferne, die wüst durcheinander riefen, untermalt vom Brausen des Labouring Creek.
    Für einen Moment überließ er sich noch der Enttäuschung, daß es ihm wieder nicht geglückt war, das Gesicht der jungen Gestalt vor ihm im Kanu zu sehen. Doch als er die Augen dann öffnete, überwog noch immer das Hochgefühl, in das ihn der Traum jedesmal versetzte. Jetzt habe ich es doch gewagt, dachte er wieder, und bin wirklich im Dschungel, auf Schatzsuche wie Catherwood - und unter dem Schutz des Affen Grimaldi! Vor Verwunderung lächelnd, setzte er sich auf.
    Er fand sich auf dem grasbewachsenen Boden ihrer Hütte hockend, die Mabo unmittelbar an den Stamm der mächtigen Ceiba gebaut hatte, um zwei ihrer Wurzelfüße als Hüttenwände zu nutzen, massive, dreieckige Strahlen, die den Stamm vom Boden bis in zehn Fuß Höhe umgaben. Über ihm schaukelte die Hängematte, aus der er soeben gestürzt sein mußte, verleitet durch das Gaukelspiel seines Traums. Daneben befanden sich zwei weitere Matten, gleichfalls ausgespannt zwischen den Wurzelflügeln der Ceiba und gleichfalls leer. Das Morgenlicht fiel durch Löcher in der Hüttenwand, die Mabo aus Zweigen geflochten und mit Blättern abgedichtet hatte. Die vierte Hüttenseite, zum Steilhang weisend, unter dem das Holzfällercamp lag, war offen geblieben und diente als Türloch, durch das nun ein breiter Balken Sonnenlicht fiel. Einige Schritte vor der Tür, am Rand der Anhöhe, stand Mabo, mit dem Rücken zur Hütte, und schien aufmerksam zu beobachten, was unten im Camp vor sich

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