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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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einen weiteren Tag, um in die entgegengesetzte Richtung nach Porjus zu kommen.«
    »Aber wenigstens können wir sicher sein, dass der Weg uns auch wirklich rausführt. Der Pfad kann genauso gut ein paar Kilometer tiefer im Wald einfach aufhören. Oder in gerader Linie nach Norwegen führen. Und wenn wir erstmal einen Schritt in die falsche Richtung gegangen sind, dann sind wir dazu verdammt, immer weiterzugehen.«
    Hutch blies eine weitere Rauchschwade aus und verzog das Gesicht. »Wir sind auf ziemlich krummen Wegen hierhergekommen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob wir unsere Spur von gestern wiederfinden. Und die anderen beiden werden eine Gewalttour zurück durch dieses Gestrüpp nicht durchhalten. Wir müssen von diesem Punkt aus weitergehen, was anderes bleibt uns nicht übrig. Phil, wie geht’s deinen Füßen?«
    »Nicht besonders«, sagte Phil, ohne den Kopf zu wenden. Er hatte sich die Kapuze aufgesetzt.

    »Deine beschissenen Füße sind im Arsch, Mann, genau wie mein Knie«, stieß Dom hervor.
    Luke drehte sich zu ihm. »Du hättest mal besser zum Fitness-Training gehen sollen, so wie wir es abgemacht hatten.«
    »Sagt der Herr Müßiggänger. Ich hab drei Kinder, mein Lieber. Versuch mal ins Fitness-Studio zu kommen, wenn du sechzig Stunden in der Woche arbeiten musst und eine Familie hast.«
    Hutch hob die Hände. »Lasst gut sein, Jungs! Wir verschwenden nur unsere Zeit und kommen schlecht drauf. Wenn wir den Pfad nehmen, haben wir wenigstens eine klare Richtung. Und wenn er nirgendwo hinführt, dann müssen wir eben neu überlegen. Entweder schlagen wir uns dann in südlicher Richtung durch diesen verdammten Urwald oder wir gehen den Weg zurück, den wir gestern gekommen sind, so wie Luke vorgeschlagen hat. Aber das ist nur die allerletzte Option für den Notfall, denn wir müssen auch bedenken, in welcher körperlichen Verfassung sich einige von uns befinden und wie anstrengend es ist, in dieser Wildnis überhaupt voranzukommen.«
    Schließlich meldete Phil sich zu Wort, ohne sich zu ihnen umzudrehen: »Das Letzte, was ich möchte, ist, dass wir noch eine Nacht hier verbringen müssen.«

18
    Der bloße Gedanke an das, was ihm letzte Nacht passiert war, rief in Hutch die unnatürlich lebhaften Bilder seines Traums wieder wach, während er nun langsam von der Hütte wegging, mit Dom neben sich, der einen Arm um seine Schultern gelegt hatte. Noch nie in seinem Leben war er geschlafwandelt.
    Er konnte sich an alle Einzelheiten erinnern, als wäre es ein Film gewesen, den er letzte Nacht im Kino gesehen hatte. Er strengte sich an, um in diesen trüben und schmuddeligen Ansammlungen von Bildern irgendeinen Hinweis zu finden. Etwas, das dem Ganzen einen Sinn gab oder erklärte, warum er aus seinem Schlafsack gekrochen und die Treppe ins Dachgeschoss hinaufgestiegen war, um sich vor dieses grässliche halb vergammelte Monstrum zu knien.
    Zwei Gestalten hatten in der Dunkelheit im Erdgeschoss neben ihm gestanden. So hatte der Traum begonnen. Uralte Gesichter mit verrotteten Zähnen im Mund befahlen ihm, die Stufen hinaufzusteigen. Erklärten, jemand warte dort auf ihn. Lass ihn nicht warten , hatten sie gesagt. Deine Kleider sind im Feuer .
    Und so war er nach oben gegangen. Immer weiter die schwarzen Holzstufen hinauf. Verzweifelt wünschte er sich, er müsste diese Treppe nicht hinaufsteigen, aber der unbarmherzige Wille, der ihn im Traum dazu drängte, hielt ihn davon ab, sich umzudrehen
und wieder hinabzugehen. Er versuchte anzuhalten, merkte aber, wie er benommen wurde und nicht mehr atmen konnte. Also stieg er weiter nach oben. Und war sich bewusst, dass er nicht nur im Traum, sondern auch in Wirklichkeit hinaufging.
    »Nicht so schnell, Hutch!«, rief Dom neben ihm aus.
    »Hm? Entschuldigung.« Hutch ging langsamer.
    Seine Füße waren nackt gewesen, die Sohlen waren schwarz geworden von dem Schmutz auf den Stufen. Mit ausgestreckten Händen hatte er sich an den oberen Stufen abgestützt und die Feuchtigkeit gespürt. Er hatte nichts mehr angehabt. Sein Körper war dünn und blass, er bibberte. Wie ein hilflos vor sich hin tapsender kleiner Junge kam er sich vor. Ja, im Traum war er tatsächlich kleiner und jünger. Er sehnte sich verzweifelt nach etwas, das ihn umarmte und schützte.
    Im Haus gab es keine Fenster, nur diesen schwachen rötlichen Schimmer, der von dort oben kam. Am Ende der Treppe stolperte er dann auf den Dachboden und öffnete den Mund, um nach Hilfe zu rufen. Aber es kam kein Ton

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