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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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zurückschnellenden Zweige ihm nicht Wangen und Stirn zerkratzten. Es war schwieriges Gelände, und sein eines Ohr blutete bereits, aber jetzt musste er wenigstens nicht warten, während Hutch die Zweige für Dom und Phil zurückhielt. Außerdem blieben ihm Doms ständige Nörgeleien erspart.
    Phil hatte nicht viel gesprochen. Entweder war er verstummt, weil die Blasen an seinen Fersen ihn zu sehr schmerzten, oder er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Gut möglich, dass er noch immer unter Schock stand wegen seines Erlebnisses in der letzten Nacht. Vielleicht auch alle drei Dinge zusammen.
    Zwanzig Minuten später und außerhalb der Hörweite zu den anderen verlief der Pfad nicht mehr geradeaus. Nun wand er sich um die Stämme der uralten Bäume, manchmal ein Stück bergauf, mal einen Abhang hinab.
    Es war ziemlich anstrengend, sich zwischen den Ästen einen Weg den Hügel hinaufzubahnen, um dann auf der anderen Seite über unebenes Gelände wieder nach unten zu stolpern, denn der Boden war durchzogen von schlüpfrigen feuchten Wurzeln. Und alle zehn Meter schien ein umgefallener Baum zu liegen.
    Er kam kaum noch voran, so heftig waren die Schmerzen in seiner Brust. Dabei hatte er immer geglaubt, fit zu sein. Zwar rauchte er, doch er ging dreimal die Woche ins Fitness-Studio und joggte am Wochenende. Für eine Strapaze dieser Art war das offensichtlich nicht das richtige Training gewesen. Er versuchte, nicht darüber nachzudenken, wie Phil und Dom sich fühlen mochten.
    Sie waren alle ganz schöne Nervenbündel, liefen in die Irre wie eine Horde Amateure. Genau wie diese Dummköpfe, die
ohne richtiges Training und geeignete Ausrüstung einen Berg besteigen wollten. Oder wie diese Wichser, die ein trügerisches Gewässer überqueren wollten und dann die ganze Rettungsflotte in Bewegung setzten. Und warum? Weil sie unfähig waren. Es war wirklich kaum zu glauben, dass sie sich genauso dämlich benahmen.
    Er senkte den Kopf und brach durch das Unterholz. Biss die Zähne zusammen und zwang sich, über die Schmerzgrenze hinauszugehen, den Schmerz in seiner Brust und in seinen Beinen zu besiegen. Er wollte sich nicht geschlagen geben. Genug jetzt. Nur ein bisschen Himmel, das war alles, was er verlangte. Ein bisschen Himmel und eine Lichtung mit ein paar Laubbäumen am Rand, durch die sie sich ganz locker den Weg bahnen konnten.
    Ein Ast bohrte sich unter seinem Arm in die Kleidung, schleuderte ihn zurück und warf ihn zu Boden. Er packte den Ast und versuchte, ihn zu zerbrechen, aber das Holz widerstand ihm, und er hatte das Gefühl, seine Arme wären völlig kraftlos geworden.
    Er blieb auf dem Boden sitzen und schnappte nach Luft. Hutch legte Wert darauf, dass sie sich »mehr oder weniger« in südwestlicher Richtung fortbewegen sollten. Aber Luke hatte instinktiv das Gefühl gehabt, dass dieser Weg sie eher nach Nordwesten führte und gar nicht näher an den Waldrand, jedenfalls nicht näher als der Ort, an dem sie die letzte Nacht verbracht hatten.
    Er konnte diesen erstickenden nassen Wald einfach nicht mehr ertragen, dieses dunkle Etwas, das ihn ständig in die Hocke zwang, mit Ästen und Zweigen nach ihm schlug und mit Stacheln und Dornen seine Haut ritzte. Seine Kehle brannte. Getrockneter Schweiß hinterließ eine Salzkruste auf seiner Haut und scheuerte die Innenseite seiner Schenkel und den Bereich unter seinem Gürtel wund. Am liebsten hätte er sich die Kleider vom Leib gerissen.
    Seine Beinmuskeln waren so überanstrengt, dass er Krämpfe
bekam. Sie mussten unbedingt dieses wirre dichte Gehölz hinter sich bringen. Wenn das Unterholz nicht bald zurückwich, würde er zu den anderen umkehren. Dann würde er ihren eigenen Spuren folgen, um wieder dorthin zu kommen, wo sie gestern diesen Waldpfad betreten hatten. Wenn es sein musste allein. Er würde losgehen und Hilfe holen. Egal, ob Hutch damit einverstanden war oder nicht, sein Instinkt sagte ihm deutlich, dass sie diesen Zeitpunkt erreicht hatten. Jetzt musste das Ruder herumgerissen werden. Einer von ihnen musste losgehen und Hilfe holen.
    Er verfluchte erneut Hutchs Entscheidung dagegen, seinen idiotischen, grundlosen Optimismus. »Mensch, Hutch! Was hast du dir überhaupt dabei gedacht?« Er biss die Zähne aufeinander und ging alles durch, was Hutch die ganze Zeit von sich gegeben und was sie in diese grauenhafte Situation gebracht hatte. Seine Lippen bewegten sich, und er sagte Dinge über seinen besten Freund, die diesen vor lauter

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