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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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um über ihre eigenen Erlebnisse im Detail zu berichten, und hatten sich unausgesprochen darauf geeinigt, dass man über solche Dinge erst sprach, wenn man einen gesunden Abstand zwischen sich und den Ort des Geschehens gebracht hatte. Aber die Ereignisse der Nacht schienen Phil mehr als die anderen getroffen zu haben.
    »Hier. Siehst du das? Es ist auch auf allen anderen Bäumen auf dieser Seite drauf.« Phil deutete mit geröteten Fingern auf Stellen, wo die Rinde in Hüfthöhe abgerissen war oder sich in einem größeren Stück vom Stamm gelöst hatte und an denen Markierungen tief in das Holz eingeritzt waren. Im Laufe der Zeit waren sie dunkel geworden, man konnte sie aber immer noch gut erkennen.
    Hutch bückte sich und fuhr mit einem Finger über die Markierungen.

    »Was ist das?«, fragte Luke.
    Dom seufzte genervt und sah in den Himmel.
    »Runen«, sagte Hutch. »Erinnerst du dich an diese Symbole auf den Steinen, die wir in Gammelstad gesehen haben?« Er schaute über die Schulter zu Dom und Phil. »Luke und ich haben so etwas auch in Skansen und Lund gesehen, das war vor ein paar Jahren.«
    »Auf keinen Fall«, sagte Phil betroffen, als wäre Hutchs Erkenntnis für ihn wesentlich schlimmer als ihre momentane schwierige Situation.
    »Aber klar doch. Das ist ein total spannender Ort hier, Phil. Jede Wette, dass die Dinger richtig alt sind. Die Wikinger haben so was vor tausend Jahren benutzt.«
    »So alt können die aber nicht sein«, sagte Luke, der sich neben Hutch gehockt hatte.
    »Wahrscheinlich nicht. Aber es gibt immer noch Leute, die wissen, was das bedeutet.«
    Luke deutete mit dem Zeigefinger auf eine Rune. »Das hier sieht wie ein B aus. Wie alt können diese Bäume werden?«
    »Das ist eine schottische Kiefer, eine ziemlich große sogar. Die ist mausetot, aber solche Bäume können sechshundert Jahre alt werden.«
    Dom warf beide Arme in die Luft, seine Regenjacke raschelte, als er sich bewegte. »Okay, okay. Und wie geht’s jetzt mit uns weiter? Ich würde mal sagen, dass irgendwelche bescheuerten Runen auf irgendwelchen bescheuerten Bäumen das Letzte sind, womit wir uns beschäftigen sollten.«
    Hutch und Luke traten von dem Baum zurück.
    »Es ist alles verkehrt«, sagte Phil vor sich hin. »Verkehrt.«
    »Genau«, stimmte Hutch zu. Dann sah er zum Himmel, der blass und weißlich schimmerte und wirkte, als müsste die Sonne dahinter ebenfalls weiß sein. Regentropfen begannen herabzufallen und hinterließen ihre Spuren auf den Rucksäcken und Jacken. »Na, toll.«

    Hutch zog eine beschlagene Schutzhülle aus Plastik aus der Jackentasche. Darin steckte die Landkarte. Er kniete sich nieder, zog die Karte aus der Hülle, faltete sie halb auseinander und legte den Kompass darauf. »Jungs, ich würde mal vermuten, dass wir uns jetzt hier befinden. Ein ganzes Stück hier in diesem schmalen Waldstreifen. Gestern habe ich versucht, uns hier in diese Richtung zu dirigieren, damit wir den Weg nach Käppoape erreichen. Wenn wir den einen Vormittag lang weitergegangen wären, hätten wir das Ufer des Stora Luleälven erreicht. Dann wären wir einige Stunden dem Fluss in östlicher Richtung bis Skaite gefolgt, zu diesen Übernachtungshütten hier. Außerdem ist da ein Außenposten der Umweltschutzbehörde. Aber leider kommen wir durch dieses Gestrüpp nach Süden nicht durch. Dieser Wald ist so alt, dass ein Pfad von hier aus in diese Richtung, selbst wenn es ihn mal gegeben hätte, nicht mehr existieren kann. Und wenn das Unterholz sich nicht lichtet, dann brauchen wir immer noch einen ganzen Tag, bis wir den Waldrand erreichen.«
    »Das heißt?«, fragte Dom.
    Hutch kniff die Augen zusammen und biss die Zähne aufeinander. »Na ja, wir können auch nicht riskieren, diesem Weg hier nach Norden zu folgen.«
    Phil sagte nichts. Er stand ein Stück weit von den anderen entfernt und starrte das Haus an.
    »Nun mal langsam. Gib mir mal die Karte«, verlangte Dom.
    Hutch zog sie ihm sofort wieder aus der Hand. »Was willst du lahmer Gaul denn damit machen?«
    »Draufgucken, du Yorkshire-Trottel.« Dom entriss ihm die Karte und hielt sie sich mit ausgestreckten Armen vor das Gesicht.
    Luke ließ den Kopf hängen und fuhr sich mit der Hand über die Wangen. »Vielleicht sollten wir einfach den Weg zurückgehen, den wir gekommen sind.«
    Dom schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn wir den ganzen Weg
wieder zurücklaufen, dann brauchen wir einen Tag, um wieder dorthin zu kommen, wo wir gestern um die Mittagszeit

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