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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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knappen freien Raum ausbreiteten. Dom und Phil humpelten voran. Hutch war stehen geblieben, um Dom über einige umgestürzte Baumstämme zu helfen, die den Pfad in immer kürzeren Abständen blockierten.
    Luke lief schon den ganzen Morgen an der Spitze der Gruppe. Er ging lieber ganz vorne, dann konnte er den vor ihnen liegenden Weg überblicken. Wenn man sich danach sehnte, dass die Bäume sich endlich lichteten und ein Ausweg sich offenbarte, motivierte es einen voranzumarschieren.
    »Schaut!«, rief Luke jetzt lauter, damit seine Stimme über das Geräusch des durch das Blätterdach fallenden Regens gehört werden konnte. Er deutete auf die dunklen Mauern der zwei undeutlich sichtbaren Gebäude.
    Die Bretter der von hier aus sichtbaren Wände waren vor
Feuchtigkeit aufgequollen. Sie waren schwarz bis unter die Fenster, die so trüb waren, dass man nicht sehen konnte, ob sie verrammelt waren oder nicht. Die Ahnung eines gemauerten Schornsteins ragte vom Rand des einen Gebäudes nach oben und verlor sich in dem Durcheinander des Blätterdachs.
    »Was ist das, Chef ?«, rief Hutch zurück. »Ein nettes kleines Café vielleicht?«
    »Oder irgendein monströses Urviech?«, fügte Dom hinzu.
    Luke wartete, bis die anderen bei ihm angekommen waren. »Noch zwei Häuser.«
    Hutch keuchte, nachdem er den schweren Dom über einen umgefallenen Baumstumpf gehievt hatte. Nun blickte er in die Richtung, in die Luke deutete.
    Zwischen ihnen und den beiden Gebäuden breitete sich ein dichter Teppich aus Gestrüpp aus, dessen lange Stacheln gut zu sehen waren. Darüber reichten die Äste von Zwergbirken und Weiden, die ein zwanzig Meter breites, gitterartig verschränktes Gewirr bildeten, das den Raum zwischen den umstehenden größeren Bäumen beherrschte. Es sah absolut undurchdringlich aus.
    »Lauft einfach weiter«, sagte Dom. »Wir wissen nicht, was sich da drin befindet.«
    Luke nickte. »Ich möchte es mir lieber nicht ausmalen. Ich frage mich, wieso solche Hütten hier mitten im Urwald stehen.«
    Hutch legte Luke eine Hand auf die Schulter. »Kann ich mal ’ne Fluppe schnorren?«
    »Klar.« Luke griff in die Tasche seiner Regenhose.
    Hutch steckte sich die Zigarette in den Mund. »Wahrscheinlich ist es eine verlassene Siedlung.«
    »Wo noch mehr von diesen durchgeknallten Typen wohnten«, fügte Dom hinzu.
    »Hier ist schon lange niemand mehr gewesen.« Hutch blickte zu Boden. »Dies hier war wahrscheinlich der Verbindungsweg
zu der anderen Hütte. Seht mal.« Er stieß mit dem Fuß unter den Teppich aus Farn und hob ihn an. »Spurrillen von Wagenrädern. Man kann sie immer noch am Rand des Pfads erkennen.«
    Luke streckte sich. Ein Kniegelenk knackte. Er stellte sich vor, wie unwirtlich es in den Gebäuden aussehen mochte: feucht, dunkel, modrig und verrottet. Er malte sich aus, wie verzweifelt man sich in diesen unbequemen, verlassenen Häusern an diesem gottverlassenen, uralten Ort fühlen musste.
    »Wie sieht es denn vor uns aus?«, fragte Hutch und schreckte Luke aus seinen Träumereien auf.
    »Genauso wie überall«, sagte er.
    Hutch stöhnte und rieb sich mit der Hand übers Gesicht. »Wir machen nicht gerade große Fortschritte, Jungs.«
    »Halt den Mund«, sagte Dom. Er beugte sich vor und massierte sich mit den schmutzigen Händen das verletzte Knie. Er hob einen Fuß hoch wie ein lahmer Gaul und verzog schmerzhaft das Gesicht. Phil sagte nichts, sondern stand nur ganz ruhig da und blickte die verlassenen Gebäude an.
    Luke atmete tief durch. »Warum ruht ihr euch nicht mal kurz aus? Ich gehe ein Stück voran und schau, was dort kommt. Vielleicht lichtet sich der Wald ja bald.«
    »Und schieb mal ein bisschen von diesem ganzen Dreck hier vom Weg, bevor ich noch drüber falle und auf allen vieren weiterkriechen muss«, sagte Dom.
    Luke grinste ihn an. »Womit denn, mit einem Camping-Löffel ?«
    Hutch kicherte. »Auf jeden Fall solltest du den Rand schön gerade ziehen.«
     
    Luke ging voran, schneller als er den ganzen Morgen gelaufen war. Das langsame Tempo, das sie wegen Dom einschlagen mussten, hatte seine Rückenschmerzen wieder wachgerufen, und seine Ungeduld verwandelte sich allmählich in Ärger und
nahm ihm jeden Mut. Manchmal schien es fast so, als würde der Pfad zu Ende sein. Wenn er ein neues Hindernis aus Ästen und Zweigen erreichte, von denen es sehr viele gab, konnte er sich einfach nur umdrehen und sich rückwärts einen Weg hindurchbahnen, die Arme vor das Gesicht haltend, damit die

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