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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Grenze überschritten. Du bist wirklich voller Überraschungen, Alter. Ich glaube, die waren ganz schön verschreckt, als sie gemerkt haben, wie wütend du bist.«
    Luke spürte ein wenig Scham, riss sich dann aber wieder zusammen. »Nein. Ich habe nicht übertrieben. Nein. Es musste einfach gesagt werden.«
    »Scheint so.«
    »Du stehst halt dazwischen. Aber du hast dich auch schon mal gehen lassen. Ich hab noch nie gesehen, dass jemand auf dir rumgetrampelt ist, wenn du am Boden lagst. Warum sollte das bei mir anders sein? Ich mach das nicht mit.«
    Hutch schwieg eine Weile, dann sagte er: »Luke, ich würde sagen, dass dir in London ein paar Sicherungen durchgebrannt sind. Solche, die man nicht auswechseln kann. Mir ist das auch passiert. Als ich als Berater am Sozialamt arbeitete. Erinnerst du dich?«
    Anstatt es unwillkürlich abzustreiten, nickte er nur. »Ich bin in keiner besonders guten Verfassung. Ehrlich gesagt, habe ich von allem die Schnauze voll. Wirklich von allem.«
    »Aber dann versuch wenigstens deine Wut in die richtige Richtung zu lenken, okay?«
    »Ich werde manchmal so unglaublich wütend. Vielleicht bin ich ja tatsächlich ein Psychopath oder so was«, sagte Luke, und man sah ihm an, dass er es ernst meinte.

    Hutch lachte leise.
    »Doch, kein Scherz. Heute Morgen. Die Sache mit Dom. Das war nicht das erste Mal. Das ist mir schon mal in der U-Bahn passiert, als ich zur Arbeit gefahren bin.«
    »Wirklich?«
    »Das ist jetzt zwei Monate her. So ein Vollidiot hat sich in den Wagen gedrängt, bevor ich aussteigen konnte. Du weißt ja, es gibt immer diese Durchsage, dass man die anderen erst aussteigen lassen soll. Und dann wird auch gesagt, dass man weitergehen soll, wenn man im Waggon drin ist. Aber das spielt keine Rolle, niemand hört zu. Wie auch immer, ich hab mir das nicht bieten lassen. Ich hab den Kerl am Hals gepackt und aus dem Zug gezerrt. Raus auf den Bahnsteig, vor ungefähr dreihundert Leuten, die zuschauten. Das war mir total egal. Ich wollte nur, dass dieses Arschloch kapiert, dass man nicht einfach in den Zug einsteigen kann, wenn noch jemand raus will.«
    »Wurdest du festgenommen?«
    »Ich bin abgehauen.«
    »Echt jetzt?«
    Luke schüttelte den Kopf. »Ich muss da wieder rauskommen. Es macht mich verrückt. Ich hab einfach keine Sicherungen mehr. In mir drin ist alles ausgebrannt. Verschmortes Plastik und durchgebrannte Drähte, Alter. Das bin ich. Ich hatte gut ein Dutzend Auseinandersetzungen in diesem Jahr. In der Öffentlichkeit. Und anderes auch noch.« Er hielt inne und spuckte in die Dunkelheit. »Ich bin einfach nur noch wütend. Die ganze Zeit über. Hast du dich jemals so gefühlt?«
    »Kann ich nicht gerade behaupten.«
    »Immer bin ich es, ich, ich, die ganze Zeit. Verstehst du? Alle sind gegen mich. Ich wollte hier einfach mal aus allem rauskommen. Nur kurz.«
    »Deshalb lebe ich auf dem Land. Großstädte sind nicht gut.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht.«

    »Ich weiß es. Devon ruft. Es wird Zeit, dass du nach Hause kommst, Kumpel.«
    Luke nickte und merkte, wie sein Blick sich im schwarzen Nichts verlor.
    Hutch holte ihn wieder zurück. »Wie auch immer. Ich wollte dir noch was erzählen. Das bleibt aber unter uns.«
    »Was?«
    »Der Grund, warum ich dich davon abhalten wollte, dich weiter über die beiden Dicken und ihre Ehefrauen auszulassen. Und ich hoffe, dass es dir hilft, deine Ausraster in Zukunft zu vermeiden.«
    »Sag schon.«
    Hutch nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und warf sie weg. Eine Spur orangefarbener Glutteilchen verschwand in der Dunkelheit. »Michelle hat Phil rausgeworfen.«
    »Ehrlich?«
    Hutch nickte. »Er musste sich eine andere Wohnung suchen. Sie hat die Mädchen bei sich behalten und will das Haus auch noch haben. Die übliche Erpressung eben.«
    »Und warum?«
    Hutch sah über die Schulter zu dem Zelt, in dem Phil lag. Als Phils Schnarchen nach einer kurzen Pause wieder anfing, wandte er sich wieder an Luke. »Sie hat ihn nie leiden können. Das weißt du ja. Aber er hatte Kohle. Das Vermögen der Eltern und die Immobiliengeschäfte. Das war das Einzige, was sie an ihm interessiert hat. Auch wenn in diesem Bereich auch nicht mehr alles so rosig aussieht. Seine Firma ist durch die Rezession ziemlich in Schwierigkeiten geraten. Die Immobiliengeschichten. Niemand will die Luxuswohnungen kaufen, die seine Firma gebaut hat. Er hat immense, also wirklich immense Schulden. Seine Geschäfte basierten alle auf Krediten und Hypotheken.

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