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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Ihr unruhiges Licht lässt die Schatten über dem dunklen Holz flackern und hebt die Hörner, Geweihe und ausgebleichten Knochen hervor, die dort festgenagelt sind.
    Und weiter oben, direkt über dir, durch die Decke hindurch, hörst du ein Klopfen. Das Schlagen von Holz auf Holz. Wildes Hämmern und Pochen ohne jeden Rhythmus, als würde ein kleines Kind mit einem Kochlöffel auf einen Topf schlagen. Vielleicht ist dort oben ja ein Tier, ein Hund oder so etwas, sehr wahrscheinlich sogar, denn man hört es winseln. Das Winseln und Jaulen, das zwischen den Schlägen zu hören ist, wird gedämpft von der rauchgeschwärzten Decke.
    Du bist dankbar dafür, dass diese Geräusche die alten Leute in ihren schmutzigen schwarzen Wollsachen dazu bringen, von dir abzulassen. Aber du bist nur für einen kurzen Moment erleichtert, denn die beiden gehen zur Tür und scheinen es auf einmal sehr eilig zu haben hinauszukommen. Der eine fummelt hastig am Türriegel herum, und der andere schaut nach oben zur Decke, mit einem freudigen Glanz in den Augen und einem breiten Grinsen, das noch mehr Zähne als vorher entblößt, als sie diese hart klingenden Schritte vernehmen, die sich im Stockwerk über ihnen hin und her bewegen, zuerst unregelmäßig, dann in einer Art Galopp.

    Du versuchst, den beiden alten Leuten durch die Tür nach draußen zu folgen, aber es ist unmöglich. Du kannst dich nicht bewegen und über die Kante der schwarzen Metallwanne steigen. Deine Knöchel sind mit etwas Dünnem und Schmerzendem verschnürt, das in deine Haut einschneidet. Wenn du aufblickst, kannst du sehen, dass deine Hände sich an den Gelenken violett verfärbt haben, dort, wo sie mit Lederbändern zusammengebunden sind, die oben an der Decke um einen eisernen Haken geschlungen wurden.
    Dann sind die alten Leute verschwunden, und du bist allein in dieser kalten Wanne aus Metall. Aber irgendwas kommt herunter aus dem Zimmer im oberen Stockwerk. Du kannst die knochigen Füße hören, die draußen vor dem Zimmer über die hölzernen Treppenstufen tapsen, und du kannst hören, wie irgendetwas seinen Körper durch einen engen Durchgang quetscht, und du hörst auch sein aufgeregtes Schnaufen.
    Ein riesiger Schatten erscheint in der Tür zu deinem Zimmer. Du schreist laut auf, als du erkennst, wie es sich auf allen vieren dort hindurchzwängt, die langen Hörner nach vorn gestreckt.
     
    Luke erwachte mit einem lauten Schrei.
    Er rang nach Atem, als hätte er gerade nach einem rasend schnellen Sprint die Ziellinie überquert. Er schrie nach seiner Mutter.
    Er kam ziemlich schnell wieder zu vollem Bewusstsein, und der Alptraum verblasste zu einer bräunlich blassen Vision und verschwand schließlich ganz. Schwer atmend lag er da und schnaufte durch den Verband, der sein Gesicht bis zur Nase verdeckte. Er blinzelte und musste stöhnen. Für einen kurzen Augenblick hatte er geglaubt, er würde an den Handgelenken gefesselt von der Decke hängen. Aber das war nichts weiter als die Verwirrung, die ihn erfasst hatte, als er im Dunkeln aufgewacht war.

    Die Kuhle, in der er lag, war feucht und warm, der Stoff klebte an ihm, sein ausgestreckter Körper zeichnete sich darunter ab.
    Er spähte unter dem Verband hervor, die Augen zu kleinen Schlitzen zusammengepresst, um den grellen dünnen Lichtschein ertragen zu können. Er sah die schmutzige alte Daunendecke, unter der er lag, die Seiten des Kastenbetts und zu seinen Füßen ganz vage eine dunkle Wand.
    Noch immer in Sicherheit. In Sicherheit.
    Er hatte nur schlecht geträumt. Das machte doch nichts. Hier gab es keine schlimmen Überraschungen. Es waren ja noch andere da.
    Er dachte an seine offene Wunde. Die Gehirnerschütterung. Er berührte den Verband.
    Atmete aus, ganz langsam. Der Verband saß fest. Er war sicher, und Hilfe war unterwegs.
    Er schloss die Augen.

49
    Viele verschiedene lautstarke Klänge rissen ihn aus dem Schlaf. Einige Sekunden lang murmelte er weiter etwas vor sich hin, das an die dünnen, sitzenden Gestalten gerichtet war, von denen er geträumt hatte. Dann wandte er sich dem Ursprung des Lärms zu, der irgendwo unter seinen Füßen toste. »Bitte. Wer?«
    Etwas oder jemand schrie. Es war ein schrilles, unmenschliches Kreischen. Zu diesem durchdringenden Geschrei gesellte sich ein Geräusch, als würden sich die Kontinentalplatten während eines Erdbebens übereinanderschieben und in einen ungeheuerlichen irrwitzigen Rhythmus verfallen. Trommeln.
    Das Bett vibrierte. Er spürte die

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