Im Tod vereint - Divided in Death (18)
gleich mit rüberkommst. Bitte.«
Sie stand auf, ließ aber ihren Kaffeebecher auf dem Schreibtisch stehen. Ein deutliches Zeichen dafür, dass sie aus dem Gleichgewicht geraten war. Er trat vor ihr durch die Verbindungstür, schloss sie hinter ihr ab und schaltete obendrein den Schall- und Sichtschutz ein.
»Was hat das zu bedeuten?«
»Unter den gegebenen Umständen will ich ganz sichergehen, dass uns niemand hört. Ich habe letzte Nacht
nach dir gesehen. Muss schon fast zwei gewesen sein. Dein Ritter auf vier Pfoten hat über dich gewacht.«
»Du bist nicht ins Bett gekommen.«
»Nein. Ich war einfach zu … unruhig. Und vor allem war ich wütend.« Er sah ihr forschend ins Gesicht. »Wir sind beide furchtbar wütend, stimmt’s?«
»Wahrscheinlich ja.« Obwohl der Ausdruck wütend irgendwie nicht richtig war. »Ich weiß nicht, was ich dagegen machen soll.«
»Du hast mir nicht Bescheid gesagt, als du heimgekommen bist.«
»Ich wollte einfach nicht mit dir reden.«
»Tja.« Er atmete hörbar ein, als hätte sie ihm einen schnellen, überraschenden Schlag versetzt. »Tja. Rein zufällig wollte ich auch nicht mit dir reden. Deshalb habe ich mich nur kurz vergewissert, dass du schläfst, und mich dann noch vor den nicht registrierten Computer gesetzt, um ein paar Dinge zu erledigen.«
Jetzt wich auch der Rest von Farbe aus ihrem Gesicht. »Verstehe.«
»Ja, sicher.« Er ließ sie keine Sekunde aus den Augen. »Du verstehst. Auch wenn es dir vielleicht lieber wäre, ahnungslos zu sein.« Er öffnete einen kleinen Wandsafe, in dem eine einzelne Diskette lag.
»Ich habe hier die Namen, die Adressen, die Konten, die Krankenakten, die Arbeitszeugnisse und alle möglichen anderen Daten des Agenten, seines Vorgesetzten, des Leiters der HSO und aller anderen, die mit der Überwachung eines gewissen Richard Troy in Dallas beschäftigt gewesen sind. Es gibt nichts, was in Bezug auf diese Leute von Bedeutung ist, was nicht auf dieser Diskette ist.«
Das Rauschen in ihren Ohren war das Echo der hektischen Schläge ihres Herzens, das sich vor Furcht zusammenzog. »Nichts, was auf der Diskette ist, ändert etwas an dem, was damals vorgefallen ist. Nichts, was du unternimmst, ändert etwas daran.«
»Das ist mir klar.« Er drehte die Diskette zwischen seinen Händen, sie blitzte wie eine Waffe im Licht der Deckenlampe auf. »Sie alle haben Karriere gemacht. Sie sind entweder noch aktiv im Dienst oder fungieren als Berater, spielen Golf beziehungsweise Squash, essen, trinken, schlafen. Einige von ihnen betrügen ihre Frauen, und ein paar von ihnen gehen jeden verdammten Sonntag in die Kirche.«
Auch seine blauen Augen blitzten wie zwei Waffen, als er von ihr wissen wollte: »Glaubst du, auch nur einer dieser Typen würde noch einen Gedanken auf das Kind verschwenden, das damals von ihnen geopfert worden ist? Glaubst du, auch nur einer von ihnen würde sich jemals fragen, ob sie vielleicht heute noch darunter leidet, ob sie vielleicht heute noch manchmal weinend aus dem Schlaf erwacht?«
Ihr wurde schwindelig, und ihre Knie wurden weich. »Was interessiert es mich, ob diese Kerle an mich denken? Dadurch würde es auch nicht besser für mich.«
»Ich könnte sie daran erinnern.« Seine ruhige, kalte Stimme war furchteinflößender als das Zischen einer Schlange, dachte sie. »Das würde etwas ändern, meinst du nicht? Ich könnte sie persönlich daran erinnern, was sie dadurch verbrochen haben, dass sie einfach ein kleines Kind seinem Schicksal überlassen haben, obwohl es einem Monster ausgeliefert war. Ich könnte sie daran erinnern, dass sie auf ihren fetten Regierungsbeamtenärschen
gesessen und zugehört und aufgenommen haben, wie dieses Kind geschlagen und vergewaltigt worden ist, während es verzweifelt um Hilfe gebettelt hat. Sie haben es verdient, dafür zu bezahlen. Das weißt du genauso gut wie ich. Das weißt du, verdammt noch mal, genauso gut wie ich.«
»Ja, sie haben es verdient, dafür zu bezahlen!«, brach es mit tränenerstickter Stimme aus ihr heraus. »Sie haben es verdient. Ist es das, was du von mir hören musst? Für das, was sie getan haben, sollten sie in der Hölle schmoren. Aber es ist nicht an dir und nicht an mir, dafür zu sorgen, dass sie das auch tun. Wenn du dafür sorgen würdest, wäre das Mord. Eiskalter Mord, Roarke, und dass ihr Blut an deinen Händen kleben würde, würde immer noch nichts daran ändern, was damals mit mir geschehen ist.«
Er sah sie lange schweigend an.
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