Im Todesnebel
Pitt.
Der dunkelgelockte Mann neben Pitt warf in gespieltem Erschrecken seine Arme in die Luft und strengte sich an, ein möglichst ängstliches Gesicht zu ziehen. »O mein Gott, wie konnte ich mich nur dazu überreden lassen, bei dieser Wahnsinnskomödie mitzuspielen.« Er drehte sich zu Pitt und grinste ihn breit an. »Es muß an meiner Gutmütigkeit liegen, die jeder sofort ausnutzt.«
»Jetzt komm mir nicht wieder mit deiner wehleidigen Tour«, ging Pitt auf das Spiel ein. »Es wäre das erste Mal, daß es jemand geschafft hat, dich hereinzulegen, und ich kenne dich seit dem Kindergarten.«
Al Giordino ließ sich tief in seinen Sitz sinken und wischte sich eine widerspenstige Locke aus der Stirn. »Meinst du das wirklich ernst? Und was war damals, als ich monatelang Blümchen an unserer Straßenecke verkauft habe, nur um die Cheerleaderin von unserer High-School zum Abschlußball ausführen zu können?«
»Ja, was war denn da?«
»Ja, was war denn da?« machte Al ihn nach. »Das wagst du auch noch zu fragen, du gemeiner Hund? Ich hatte kaum mit ihr den Tanzsaal betreten, da bist du auf mich zugestürzt gekommen, hast mich gefragt, ob ich schon meine Penicillinkur wegen meiner Unterleibsgeschichte beendet hätte. Sie wollte daraufhin nichts mehr von mir wissen.«
»Ah ja, jetzt erinnere ich mich.« Pitt lachte in sich hinein.
»Sie hat sogar darauf bestanden, daß ich sie nach Hause begleite.« Er legte seinen Kopf in den Nacken und schloß die Augen, als wollte er den Genuß der Erinnerung noch steigern.
»Was für einen weichen, anschmiegsamen Körper sie hatte. Zu schade, daß du sie nicht näher kennengelernt hast.«
Giordino sah ihn mit erstauntem Gesicht an. »Spricht so ein guter Freund?«
Pitt und Giordino waren die besten Freunde. Sie kannten sich aus gemeinsamen High-School-Zeiten und hatten auch dasselbe College besucht. Giordino hatte seine Finger ineinander verschränkt und streckte seine Arme. Er war klein, ein Meter achtundsechzig stand in seiner Personalakte, und von auffallend dunkler Hautfarbe. Seine schwarzen Locken verrieten deutlich seine italienische Abstammung. Obwohl sie von so gegensätzlicher äußerer Erscheinung waren, gaben Pitt und Giordino ein ideales Team ab. Deshalb hatte Pitt auch darauf bestanden, daß Giordino sein Assistent in der Abteilung für Sonderaufgaben bei der NUMA geworden war. Über ihre tolldreisten Eskapaden amüsierte sich inzwischen, sehr zum Leidwesen von Admiral Sandecker, die gesamte Behörde.
»Wird es uns der Standortkommandant von Hickam Field nicht übelnehmen, daß wir in seinen privaten Hangar eingebrochen sind und ihm seinen alten Vogel geklaut haben?« fragte Giordino.
»Ganz im Gegenteil, er hat es doch kaum erwarten können.
Sobald dieses Museumsstück im Pazifik versunken ist, wird der liebe General beim Beschaffungsamt einen neuen Jet für sich beantragen.«
Giordino seufzte neidvoll. »Ach ja, wie schön muß es sein, eine eigene Maschine zu besitzen. Ich würde mir eine uralte Fliegende Festung vom Typ B-17 nehmen und ein riesiges französisches Bett und eine nicht minder große Bar einbauen lassen.«
»Und die Air-Force-Zeichen auf den Tragflächen könntest du durch ein paar Playboy-Bunnies ersetzen.«
»Gar keine schlechte Idee«, sagte Giordino. »Dafür werde ich dir mein fliegendes Bett dann und wann sogar ausleihen, gegen eine geringe Unkostenbeteiligung versteht sich.«
Pitt gab es auf. Er sah aus dem Seitenfenster des Cockpits hinunter auf die schwarze See und entdeckte die Positionslampen eines Frachters, der mit nordöstlichem Kurs nach San Francisco fuhr. Es konnte nur eine sanfte Dünung herrschen, denn die Wellen hatten keine Schaumkronen. Eine ruhige See ist für eine Wasserung ideal, überlegte Pitt, aber sie macht es gerade bei Nacht auch besonders schwer, die Höhe richtig abzuschätzen.
»Wie weit ist es noch bis zu unserem nassen Landeplatz?« fragte Giordino.
»Noch knapp achthundert Kilometer«, antwortete Pitt.
»Bei der Geschwindigkeit, die du aus diesem alten Vögelchen herausholst, sind wir dann in weniger als zwei Stunden am Ziel.« Giordino beugte sich vor und tippte auf den Höhenmesser. »Wir sind jetzt über dreieinhalbtausend Meter hoch. Wann willst du mit dem Landeanflug beginnen?«
»In ungefähr anderthalb Stunden«, antwortete Pitt. »Ich will so spät wie möglich runter. Wir können es uns nicht leisten, entdeckt zu werden, bevor wir vor der Haustür unseres Freundes stehen.«
Giordino
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