Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
Vom Netzwerk:
Wie ein Geist ihres Selbst. In weißen Wollsocken mit schwarz-rotem Elchmuster, das einen interessanten Kontrast zu ihrem grauen Kostüm bildete. Von der Schwelle aus beobachtete er, wie sie das Licht anmachte – alles, was einen Schalter besaß, von der Vitrinenbeleuchtung des Wandschranks bis zu dem Leselämpchen, das an einem aufgeschlagenen Buch klemmte.
    Er räusperte sich. »Ich möchte dir endlich erklären, warum ichdich im Studio haben wollte. Warum ich Elinor gebeten habe … auf dich aufzupassen. Nachdem du dich so voller Elan in deine Ermittlungsarbeit gestürzt hast, hatte ich Angst um dich.«
    »Hat Elinor mich beobachtet? Auch außerhalb des Studios?«
    »Ich habe sie nur gebeten, dich zur U-Bahn zu begleiten. An den Abenden, wenn ich glaubte … es wäre nicht verkehrt.« Ganz besonders, wenn er selbst das Gefühl hatte, beobachtet zu werden, sobald er einen Schritt über die Schwelle setzte.
    Leah prüfte die Griffe an den Fenstern und der Terrassentür, und als es nichts mehr zu prüfen gab, blieb sie stehen und sank in sich zusammen. Er trat hinter sie, wollte die Arme um sie legen und traute sich doch nicht. Sie war keines seiner Motive, das er festhalten konnte. »Was ist los?«
    Sie zuckte zusammen. Ihr Blick flog zu ihm herauf. »Meine Mutter wurde gestern überfallen. Als ich im Studio war.«
    Für einen Moment spürte er Erleichterung. Sie war bei ihm, und ihr war nichts geschehen. Also hatte sein spontaner Impuls doch noch etwas gebracht. »Wie ist das passiert?«
    »Sie hat nicht viel erzählt. Man hat mein Zimmer verwüstet. Sie wurde geschlagen.« Sie machte ein paar unsichere Schritte durch den Raum, der ihr selbst fremd zu sein schien. »Misshandelt.«
    Er schluckte krampfhaft. Seine Hand suchte nach dem Rollfilm, doch dieser steckte in der Tasche seines Mantels, den er im Flur abgelegt hatte.
    Sie fasste sich an die Stirn. »Ich hätte ihre SMS ernst nehmen sollen und sofort zu ihr fahren müssen.«
    »Was sagt die Polizei?«
    »Ich habe keine Polizei gerufen. Meine Mutter meinte, sie wäre gewarnt worden, das nicht zu tun, sonst … sonst … « Sie lief an ihm vorbei in den Flur.
    Erst nach einigen Minuten kehrte sie zurück. »Ich habe ihre Verletzungen und die Zerstörung mit dem Handy fotografiert. Dabei habe ich das hier gefunden.«
    Sie reichte ihm ein Bild.
    Er wollte nicht hinsehen. Sich nicht schon wieder schutzlos und ausgeliefert fühlen. Aber was er dann sah, war harmlos.
    Trotzdem zitterten seine Hände, während er den Schnappschuss hielt: Leah, wie sie im Gehen den Kopf drehte und der Wind ihre Haare erfasste. Die Umgebung war leicht verschwommen, als würde alles um sie herum fließen, als wäre sie das einzig Greifbare in der rastlosen Welt. Und dennoch erkannte er die Gegend – sein Fotostudio, das mit ein paar Akzenten eindeutig hervorgehoben worden war. Er drehte das Bild um. » Lass es! «, stand auf der Rückseite mit einem spitzen Gegenstand eingeritzt.
    »Kannst du mir sagen, ob dieses Foto derselbe Mensch gemacht hat wie die von Céline?«
    Ihr Schmerz machte den seinen wieder wund. Ich kann dir nicht helfen … Ich nicht.
    Er holte Luft. Diesmal würde er nicht davonlaufen. »Schwer zu sagen. Es wurde im RAW -Format aufgenommen und schließlich nachbearbeitet. Das jedoch mit kleinen Fehlern. Schau hier, dein Gesicht: Es sieht nicht natürlich aus, sondern wie aus Marmor. Ich glaube, die … anderen Fotos hatten ähnliche Fehler. Bin mir aber nicht sicher.«
    Sie ließ sich auf das Sofa sinken. »Aber höchstwahrscheinlich war das der Mörder, ja?«
    »Es ist nicht undenkbar.« Er setzte sich neben sie. Ihr Haar duftete nach Jasmin, ihrer Unruhe und seiner eigenen Befangenheit. Er spürte all das Konfuse zwischen ihnen, die ungestellten Fragen, seine Angst um sie, den Abschied, der irgendwann unweigerlich kommen würde. »Wenn du magst, schicke mir die Fotos von deinem Handy. Ich kenne jemanden, der eventuell mehr darin entdecken kann. Aber versprich mir, dass du dich nicht mehr in Gefahr bringst.«
    Sie lehnte den Kopf gegen seine Schulter. Ihre Berührung fühlte sich seltsam vertraut an. Wie eine Erinnerung an etwas Helles und Gutes, wie verblasste Bilder eines anderen Lebens – des Lebens eines anderen.
    »Seit wann sind wir eigentlich per Du?«, flüsterte sie.
    »Ich weiß es nicht. Womöglich seit immer.«
    Sie sah zu ihm auf, und plötzlich war ihr Mund nur noch wenige Zentimeter von seinem entfernt. Ihre Lippen erschienen ihm dunkler und voller als

Weitere Kostenlose Bücher