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Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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sonst. Genauso dunkel und voll wie im Büro des Fotostudios, kurz bevor sie ihn geküsst hatte.
    Diesmal war er nicht überrumpelt oder erschrocken, sondern vielmehr ein wenig erleichtert, weil sich nicht die Frage stellte, wer von ihnen den ersten Schritt machen würde und wie dieser Schritt aussehen sollte.
    Es stellte sich auch nicht die Frage, wie weit er gehen durfte. Es kam so natürlich über ihn wie das Wunder des längst Bekannten, wie der Frühlingsbeginn oder ein Sonnenaufgang.
    Ihre Fingerspitzen strichen seinen Hals entlang. Die Berührung einzelner Schneeflocken – und schon bald ein ganzer Schneesturm. Kühl und prickelnd, winzige Eiskristalle, die ihm unter die Haut strömten und ihn erzittern ließen.
    Sie tasteten sich zueinander, näher und näher, beide unbeholfen und ein wenig steif. Wie Kinder, wie zum ersten Mal. Ihre Hände fanden in den Ausschnitt seines Pullovers, flossen zu den Schultern und zur Brust. Atemlos wandte er seinen Mund ab, hinderte ihre Finger daran, weiter zu fühlen. »Mach das Licht aus«, bat er.
    Sie erstarrte in seiner Umarmung. »Ich glaube, ich habe Angst im Dunkeln.«
    »Ich bin da.«
    »Ja. Du bist da.« Ihr Lächeln klang nach Ruhe und Vertrauen. Sie stand auf, widerstandslos, und genauso widerstandslos glitt sie durch das lichtdurchflutete Zimmer, schaltete nach und nach die Lampen aus und ließ mit jedem Klack mehr und mehr von der Nacht herein.
    Klack.
    Es ist aus.
    Er kam ihr entgegen. In der Mitte trafen sie sich. Seine Lippen fanden zu ihr, seine Hände zeichneten ihre Kurven nach. Er hatte nie einen Bleistift oder ein Stück Kohle in den Fingern gehabt, er hatte es sich immer leicht gemacht: mit einem Gerät jedes Motiv auf Papier gebannt. Aber echte Hingabe sah anders aus: Strich um Strich, Hauch um Hauch, Kuss um Kuss etwas Großes, Mitreißendes zu vollenden; ein Bild mit wahren Gefühlen zu zeichnen, statt die Gefühle in Bilder zu verbannen.
    Er spürte die Schneeflocken auf seinem Gesicht und Nacken; sie rieselten seinen Hals entlang und legten sich auf seine Schultern. Die Welt wurde leiser, sogar das Ticken der Standuhr in der Ecke verstummte, als wäre alles ringsherum eingeschneit. Unter seinem Rücken der Teppich. Keine Zeit zu fragen, wann seine Beine nachgegeben hatten, um in dem Schneesturm zu versinken.
    Sie zupfte an dem Saum seines Pullovers. Langsam begann der Stoff, seinen Bauch entlangzugleiten, entblößte den Nabel und die Rippen.
    Sie würde es nicht sehen. Sie würde es in seiner Dunkelheit nicht sehen … Er keuchte auf. Damit sie aufhörte – auf keinen Fall? Seine Gedanken, so wirr. Unbeholfen suchte er in den Taschen nach seinem Portemonnaie und holte ein Tütchen mit einem Präservativ hervor. Alles – wie zum ersten Mal. Sogar seine Scheu, das Kondom zwischen den Fingern zu halten.
    Sie hielt einen Moment inne. Ihre Hände kamen über seinen Bauch wieder herunter und fuhren an seinem Hosenbund entlang.
    Die Enge der Jeans machte ihn wahnsinnig. Alles in ihm verlangte nach mehr, nach Freiheit, nach grenzenloser Hingabe, danach, sich selbst zu vergessen. Nach all dem, was ihm Angst machte.
    Endlich befreite sie ihn von den Zwängen der Gürtelschnalle und des Reißverschlusses, streifte die Jeans und den Slip herunter. Wenigstens so weit, dass er aufatmen konnte.
    Sie zog sich an ihm hoch. Ihre Hände versanken in seinem Haar, die Küsse wurden intensiver. Mit dem Knie drückte sie seine Beine auseinander, ihr Oberschenkel übte einen leichten Druck auf sein Glied aus. Kreisende Bewegungen, ein sanftes Gleiten – hoch und runter.
    Er stöhnte auf und drehte sie auf den Rücken, begrub sie unter sich, in dem irrsinnigen Wunsch, alles von ihr in sich aufzunehmen. Die zierlichen Schultern, die unter seinen Berührungen wie Schmetterlingsflügel bebten, die weiche Haut, die nach einem Versprechen duftete, die Brüste mit den harten Brustwarzen, die sich unter seinen Küssen aufrichteten. Er fühlte ihren Po, den sie leicht anhob, die Oberschenkel, die sich ihm öffneten, die schlanken, straffen Beine, die sein Becken umschlangen. Sein Herz schlug ihr entgegen. Das Leben glitt nicht mehr an ihm vorbei, rann ihm nicht wie so oft zwischen den Fingern hindurch. Jetzt hielt er das Leben bei sich. In seinen Armen. Das Leben, in das er hineinglitt, das ihn warm, feucht und eng empfing, das ihn noch tiefer in sich hineinzog, bevor er sich kurz darauf wieder ein Stück zurückzog.
    Kommen und gehen, kommen und gehen.
    Kommen und gehen

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