Im Visier des Todes
in seinen Augen, ein wenig wie der Sonnenaufgang, den sie heute in seiner Umarmung verpasst hatte. »Ich fotografiere nicht die Wärme der Sonne. Ich fotografiere die Wärme deiner Lippen.«
Sie dachte an die Bilderreihe des Fotostudios, deren Exponate stets wechselten, seinen Stimmungen unterworfen. Und jetzt sie – ein weiteres Motiv im Fotoalbum seines Starlebens. Abrupt stand sie auf. »Ich mache uns Frühstück. Ich hoffe, du magst Rühreier.«
Geschäftig suchte sie im Unterschrank nach einer geeigneten Bratpfanne. Seit Célines Tod sortierte ihre Mutter die Küchenutensilien nach der Länge des Griffes, und alles, was keinen besaß, gehörte ihrer Ansicht nach nicht ins Haus. Was es Tupperdosen unmöglich machte, hier zu überleben.
Als sie die Pfanne auf den Herd setzen wollte, schlossen sich seine Finger um den Griff. Im Rücken spürte sie, wie er sich an sie lehnte. Ihr Po streifte seinen Hosenbund. Er roch nach herber Männlichkeit, ihrem Begehren und einem verblassten Hauch von Sandelholz.
»Meinst du, du kannst mir die Zubereitung anvertrauen? Obwohl Elinor behauptet, dass ich nicht einmal einen vernünftigen Kaffee hinkriege?«
Sie ließ die Pfanne los, spürte noch immer die Berührung seiner Hand an ihren Fingern. Die kaum merklich bebten. Verdammt, Leah, ihr hattet Sex! Da sollte man doch meinen, dass so etwas dich nicht mehr aus der Fassung bringt.
Er hob eine Augenbraue. »Hm? Hast du etwas gesagt?«
»Hoffentlich nicht.« Sie biss sich auf die Unterlippe. Ihre Wangen liefen heiß an. »Nein, alles gut. Wirklich.«
»Schön.« Er stellte die Pfanne auf den Herd und holte aus dem Kühlschrank Milch, Eier und Räucherspeck, die er allesamt akkurat vor sich aufbaute, bevor er mit der Zubereitung begann.
Während er auf der Arbeitsplatte hantierte, lenkte sie sich damit ab, den Kaffee einzuschenken. Nach all den Peinlichkeiten sonst beanspruchte es all ihre Aufmerksamkeit, ihn nicht vorbeizugießen. »Ich … ich fürchte, das wird an die brasilianische Hymne nicht herankommen.«
»Verrate es Elinor bloß nicht, aber so ganz habe ich es immer noch nicht gelernt, ihre Mühen zu schätzen.« Er lächelte ihr über die Schulter zu. Noch ein kleiner, ihr ganz persönlicher Sonnenaufgang.
Die Butter brutzelte in der Pfanne, der Duft nach gebratenem Speck kitzelte ihr in der Nase.
Er schlug das erste Ei am Rand der Pfanne auf. »Was passiert ist … «
»Hat keine Bedeutung!« Ein Glück, dass sie es gut genug einstudiert hatte. »Der Sex ändert nichts zwischen uns.«
Seine Hand mit dem aufgeschlagenen Ei verharrte über der Pfanne. Etwas Eiweiß tropfte auf die heiße Oberfläche und protestierte mit einem wütenden Zischen. »Okay.« Endlich brach er die Schale entzwei.
»Okay … ?«
»Das bedeutet: Wie du meinst.«
»Ja, ich verstehe schon.« Ein schnelles Okay, eine neue Affäre. War es bei dir auch so, kleine Schwester? Bist du immer zuerst gegangen, um nicht verlassen zu werden?
Sie hörte das Schaben des Holzlöffels in der Pfanne. Die Rühreier machte er schweigend, als beanspruchte die Tätigkeit seine ganze Konzentration, und die Leichtigkeit schwand aus seinen Bewegungen. Erst als er an den Tisch trat und das Essen auf die Teller verteilte, sprach er wieder mit ihr: »Eigentlich meinte ich, dass du die Polizei informieren solltest, wegen dem, was deiner Mutter passiert ist.«
Sie pikste mit der Gabel ein paar Stücke auf, führte sie zum Mund und wusste schon, dass sie keinen Appetit mehr hatte. »Es ist komplizierter, als du denkst. Was den Sex angeht … «
»Habe schon verstanden. Er hat nichts zu bedeuten.« Er aß genauso schweigend, wie er das Essen zubereitet hatte. Nur das Geräusch seiner Gabel auf dem Teller unterbrach die Stille zwischen ihnen.
Der Fotoapparat, den er auf der Fensterbank abgelegt hatte, starrte sie mit seinem dunklen Objektiv an. Als sie zu Kay schaute, merkte sie, dass er sie beobachtete. Mit dem Kinn deutete er auf ihren Teller. »So schlecht? Du solltest etwas essen. Seit der Trauerfeier hast du ziemlich abgenommen.«
Sie starrte die Kamera an. »Und was war es, was du in Célines Schlafzimmer fotografiert hast?«
Er runzelte die Stirn.
»Die Kommode, Kay.«
»Ich war noch nie im Schlafzimmer deiner Schwester.«
»Das Bild, das in deinem Fotostudio hängt. Ich habe das Möbelstück erkannt.«
Er schien noch immer zu überlegen.
» Die Pein . So heißt es, oder?«
Langsam legte er die Gabel beiseite. »Ich habe dieses Möbelstück auf
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