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Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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Bodenständigkeit.
    »Gute Reise, Eismädchen«, erklang eine Stimme über ihr.
    Sie zuckte zusammen, packte das Seil und ließ ihren Blick die knorrige Rinde entlangwandern. Zwischen den Zweigen verbarg sich eine Gestalt, ein Mann. Der Unbekannte hatte einen Fuß gegen den Ast gestemmt, auf dem er saß. Mit dem Rücken lehnte er am Stamm, der andere Fuß hing lässig herab. In seinem dunklen Mantel verschmolz er beinahe mit den ihn umgebenden Zweigen.
    Die rauen Fasern des Seils kratzten an ihrer Haut, als sie die Wange dagegenlehnte und erneut zu dem Mann aufschaute. Eismädchen … Sie hatte oft Céline an sich gedrückt, ihr die Tränen aus den Augen getupft und auf sie eingeredet, dass die anderen einfach keine Ahnung hatten. Dass Schönheit auch eigenwillig sein konnte: das Haar, vom Leuchten des Mondes erfüllt; die Haut, wie vom Winter angehaucht; die Wimpern, wie aus Schneeflocken geformt. Zombie, sagen sie , hatte ihr hässliches Entlein geschluchzt. Nein , hatte Leah stets erwidert. »Eismädchen. Wie treffend.«
    »Leider nicht meinem Scharfsinn geschuldet. So wurde sie von vielen in der Branche genannt.«
    »Zum Glück nicht › eine zweite Connie Chiu ‹ . Zweite zu sein – das hätte sie nicht ertragen. Kannten Sie Céline? Bei der Mehrheit der Leute im Haus bin ich mir heute nicht sicher.« Sie ließ sich etwas mehr von dem Seil der Schaukel tragen, und der Ast, an den es gebunden war, seufzte über ihr. »Und wenn Sie mir jetzt mit › Herzliches Beileid! ‹ kommen, schüttle ich Sie von dort oben herunter.«
    »Ist es nicht reichlich spät für die Ernte?«
    »Da werden Sie sich noch wundern. Zumal – wie ein Landwirt sehen Sie nicht gerade aus.«
    »Sondern?« Mit einem Schwung ließ er sich vom Baum gleiten. Sie wollte ihn stützen, stattdessen brachte sie ihn aus dem Gleichgewicht, und er strauchelte, bis er an dem Baumstamm Halt fand.
    Fast hätte sie gelacht. » It’s raining men . Und das noch mir vor die Füße.«
    »Nun, bevor Sie mich runterschütteln … « Er hob eine Augenbraue und ließ seinen Blick ihren Körper entlangwandern.
    Zögernd schaute sie an sich herab. Eine schlichte Bluse – check. Ein eleganter Rock – check. Pumps – eine wackelige Angelegenheit, aber check. So viel, dass es diesen intensiven Blick gerechtfertigt hätte, konnte sie gar nicht falsch gemacht haben.
    »Céline.« Er sah sie immer noch an, diesmal ihr direkt in die Augen. »Ja, sie war … ehrgeizig.«
    Leah ertappte sich dabei, dass sie ihn nicht weniger eingehend betrachtete als er sie. Blau, Grün, ein Hauch von Grau, das Meer, die Wogen der Tiefe, Schwermut, das Unergründliche – und all das nur seine Augen.
    »Sie hatte durchaus Potenzial für große Aufträge, war ausdauernd, pünktlich und diszipliniert. Die wichtigsten Eigenschaften eines Models. Wenn sie lachte, kräuselte sie ihre Oberlippe, und manchmal sah es aus wie … «
    »Bei einem Pony.« Sie wollte mit Poul über Céline reden, ihre kleine Schwester in der Zweisamkeit mit ihm spüren, ihr nahe sein. Nur Poul konnte sie doch wirklich verstehen, ihr Verlust war schließlich auch der seine. Doch stattdessen redete sie mit einem Fremden. Und spürte mehr, als sie ertragen konnte. »Aber ihr Lachen klang immer ehrlich, als würde es direkt aus ihrem Herzen kommen.«
    Sie befühlte die warme Nässe auf ihren Wangen. Tränen, ausgerechnet jetzt. Dabei hatte sie sich doch so wacker geschlagen die ganze Zeit. Rasch wandte sie sich ab. Bloß keine Beileidsbekundungen hören, keine Mutmaßungen, wie es ihr denn ginge – kein Wort. Es war ihre Totenstille. Die sie nur mit Céline teilte.
    Sie hörte, wie er näher an sie herantrat, diesen einen Schritt zu ihr machte, und ähnlich wie sie innehielt. Er stand da, in ihrer Stille, und sie ließ es zu.
    Leah wusste nicht, wie lange sie so nebeneinander verharrten, bis die Tränen ihren Blick nicht mehr verschleierten. Vor anderen zu weinen, das war ihr zuletzt im Schulalter passiert. Und zwar vor ihrer Mutter. Das letzte Mal. Danach nie wieder. Sie war diejenige, die sich im Griff hatte, immer und überall. »Sie kannten Céline also wirklich.«
    »Ich kannte das Eismädchen, ja. Aber Céline kannte ich kaum.«
    Sie hob ihr Gesicht zu ihm. »Dafür bekam ich selten eine Gelegenheit, das Eismädchen kennenzulernen. Und was war Ihr Grund, in den Hinterhof zu flüchten?«
    »Ich denke, ich bin unfähig, angemessen nach den gesellschaftlichen Regeln zu trauern. Und Ihrer?«
    Seine Stimme erinnerte

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