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Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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hilfreich wie Kates Frühstückseier.“
    Den Heimweg legte Ned tief in Gedanken versunken zurück. Der Straßenstaub und der Geruch nach verbranntem Herbstlaub vermischten sich zu einem Wirrwarr in seinem Kopf. Die Hufe seines Pferdes schienen die wichtigen Punkte dieser Begegnung wie Hammerschläge in sein Gedächtnis zu klopfen.
    Lady Harcroft war ihrem Ehemann entflohen.
    Kate hatte ihr dabei geholfen. Und sie hatte Ned kein Wort davon gesagt – vermutlich auch niemandem sonst.
    Sie hatte kein Vertrauen zu ihm. Zu keinem Menschen hatte sie Vertrauen. Und das war zum großen Teil seine Schuld.
    Was immer ihre Ehe auch gewesen sein mochte, er hatte mit seinem Verschwinden die zarten Keime ihrer Hoffnung zertreten. Sie waren eine Vernunftehe eingegangen. Sein Fortgehen war ihm damals lediglich als höfliche Geste erschienen, um sie nicht mit seinen schlimmsten Unzulänglichkeiten zu belasten. Er wollte ihr keine Bürde sein.
    Nun aber wünschte er, ihr mehr zu sein als eine Bürde.
    In bedrückter Stimmung übergab er Plum seine Stute und machte sich auf zu Champions Koppel, bewaffnet mit einer Tüte Pfefferminz. Es würde ihm leichterfallen, mit einem Pferd zu reden als mit seiner Frau. Alles, was er sich in Gedanken zurechtlegte, klang nach Konfrontation. Und das Letzte, wonach ihm im Moment der Sinn stand, waren Vorhaltungen.
    Aber es war nicht Kate, die sich ihm näherte, als er an der Umzäunung lehnte, sondern Harcroft. Ned hatte noch nicht genügend Zeit gehabt, seine Gedanken über seine Frau zu sortieren. Und er war nicht bereit, sich mit Harcroft zu befassen, der sich ihm in herrischer Haltung durch das welke Gras näherte,als könne er selbst den Kuhfladen gebieten, seine glänzend polierten Stiefel nicht zu beschmutzen.
    Er stellte sich neben Ned und blickte zur Koppel hinüber. „In meinem ganzen Leben ist mir kein so räudiger, von Flöhen zerbissener Klepper begegnet. Wieso lässt du ihn nicht erschießen?“
    „Sein Name“, entgegnete Ned zerstreut, „ist Champion.“
    Harcroft seufzte. „Du hattest schon immer einen seltsamen Sinn für Humor.“ Er spuckte die Worte aus wie eine Beschimpfung.
    Ned zuckte mit den Schultern. „Im Gegensatz zu dir.“
    Früher hatten ihn Harcrofts boshafte Bemerkungen über seinen Leichtsinn und seine Witzeleien verletzt. Da Ned sich vor Kurzem den Ritterschlag erteilt hatte, sah er in Harcroft nun seinen Feind, den schwarzen Ritter, den es auf dem Turnierplatz zu besiegen galt.
    Allerdings glich er keineswegs einem Bösewicht.
    Schweigen.
    „Neuigkeiten?“, fragte Harcroft schließlich.
    „Nichts.“ Nach seiner Begegnung mit Lady Harcroft hatte Ned Mrs Alcot aufgesucht. „Nur eine ältliche Witwe, die mir die Ohren vollschwatzte. Sie hat meine Fragen in aller Ausführlichkeit beantwortet und mir dann lang und breit von ihren Schweinen und Enten erzählt … und von Kevin.“
    Fragend zog Harcroft die Brauen hoch. „Ein Enkel?“
    Dieser Punkt ging an Ned. Er grinste breit. „Ihr Hahn.“
    „Aha.“ Harcroft verzog verächtlich die Mundwinkel. „Weiber. Ständig plappern sie sinnloses Zeug.“
    Harcrofts Ehefrau hatte mit Sicherheit geschwiegen. Jahr um Jahr. Und Ned kannte diesen Mann seit einer Ewigkeit und hatte nie Verdacht geschöpft. Übelkeit stieg in ihm auf.
    „Und wie war dein Tag?“, fragte er schließlich.
    Harcroft blieb ihm die Antwort schuldig. „Wo hast du diesen Schindergaul aufgegabelt?“
    „Ich habe ihn für zehn Pfund gekauft.“ Wäre Ned ein Ritterin verrosteter Rüstung, wäre Champion – der räudige bösartige Champion – das passende Streitross für ihn.
    „Dann stimmt die Geschichte also, die mir heute zugetragen wurde. Du bist einem Fuhrmann begegnet, der Mühe hatte, einen rabiaten Gaul zu bändigen, hast dich eingemischt und den Klepper vor der Peitsche bewahrt.“
    Ned nickte. „Darüber reden die Leute im Dorf also?“
    „Du warst schon immer zu gutmütig.“ Harcrofts Stimme troff vor Verachtung.
    „Ja, das stimmt. Ich bin komisch und harmlos. Ich sollte nicht auch noch gutmütig sein – das macht euch anderen das Leben so schwer, weil ihr euch nicht mit mir messen könnt.“
    Harcrofts Miene verhärtete sich. Er beäugte Ned argwöhnisch. Dann glätteten sich seine Gesichtszüge. „Ach so“, meinte er gelangweilt. „Du scherzt schon wieder.“
    Nur weiter so, glaube daran. „Wir reden später“, sagte Ned. „Ich helfe dir gern bei deiner Suche. Je rascher wir vorgehen, desto geringer die Gefahr, dass

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