Im Visier des Verlangens
eine Spur kalt wird. Mir liegt sehr daran, das zu Ende zu führen, was getan werden muss, und zwar so schnell wie möglich.“ Und das war gewiss kein Scherz.
Harcroft warf einen letzten Blick zu Champion hinüber, und dann schüttelte er den Kopf. „War Lady Kathleen bei dir, als du den Gaul gekauft hast?“
Ned legte den Kopf schräg, unschlüssig, was er antworten sollte. Die Wahrheit erschien ihm unverfänglich. Wenn er bei einer Lüge ertappt wurde, könnte Harcroft Verdacht schöpfen. „Ja“, sagte er schließlich.
„Dachte ich mir. Wolltest wohl Eindruck bei ihr schinden, wie?“, er schnaubte verächtlich. „Weiber. Sie machen dich schwach, wenn du dich auf sie einlässt. Nimm dich vor ihr in Acht.“
„Und ich dachte, sie hat nichts anderes als modischen Flitterkram im Kopf.“
Lässig zuckte Harcroft die Achseln. „Na ja, immerhin isteine Wette über sie im Umlauf. Vermutlich hast du davon gehört. Der Mann, dem es gelingt, sie zu verführen und der ein Strumpfband von ihr vorweist, steckt fünftausend Pfund ein.“
Neds Sinn für Humor verpuffte. „Bisher hat noch keiner die Wette gewonnen.“
„Tja, wo Rauch ist …“ Harcroft führte den Satz nicht zu Ende und breitete vielsagend die Hände aus.
„Wo Rauch ist, ist auch Feuer.“ Neds Hände krampften sich um den Querbalken. „Und Brandstifter werden zur Rechenschaft gezogen. Eines schreib dir hinter die Ohren, Harcroft – ich bin zwar humorvoll und gutmütig, aber kein Schwachkopf. Es dauert nur sehr lange, bis ich in Rage gerate. Und ich dulde keine Beleidigungen. Auch nicht von dir.“
Schon gar nicht von dir.
Einen Moment schwieg Harcroft betreten. „Schon gut. Ich wollte dich nur warnen. Aber du kennst doch das alte Sprichwort: Wenn man vom Teufel spricht …“
Ned folgte seinem Blick. Vom Haus her näherte sich Kate. Und Ned hätte Harcroft am liebsten die Faust ins Gesicht gesetzt, weil der sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, seine Stimme zu dämpfen. Vermutlich hatte sie seine letzte Bemerkung gehört, ließ sich indes nichts anmerken, sondern lächelte nur liebenswürdig. Erneut staunte Ned über ihren Mut und ihre Gefasstheit. Lady Harcroft hier zu verstecken, ohne auch nur die geringste Spur zu hinterlassen, war ein Meisterstück. Und wie sie es schaffte, ihren Widerwillen gegen Harcroft zu verbergen, den sie in aller Liebenswürdigkeit als Gast in ihrem Haus aufgenommen hatte … Hut ab! Sie spielte ihre Rolle perfekt.
Hinter diesem scheinbar zerbrechlichen Persönchen verbarg sich eine starke unbeugsame Frau.
Anmutig schwebte Kate durch das hohe Gras. Sie trug ein hochgeschlossenes dunkelrotes Tageskleid. Ein Farbton, der in der Nachmittagssonne leuchtete wie schwerer Burgunderwein. Der Saum war feucht geworden.
Ned griff dann in die Tüte und holte eine Handvoll Bonbons hervor.
„Ein Pfefferminz, Harcroft?“
Der zog die Nase kraus, nahm ein weißes Kügelchen und steckte es in den Mund.
„Lady Kathleen?“
Kate warf Ned einen fragenden Blick zu, nahm gleichfalls ein Bonbon und warf es spielerisch zwischen ihren behandschuhten Fingern hin und her. Und ohne Harcroft zu beachten, der sein Pfefferminz geräuschvoll zerbiss, sagte sie: „Ich nehme an, Champion hat seine Samtschnauze schon in die süßen Leckereien gesteckt, nicht wahr?“
Das geräuschvolle Malmen versiegte. Harcroft verzog angewidert das Gesicht, zu höflich, um auszuspucken, zu angeekelt, um zu schlucken. Stattdessen lief er puterrot an. Er hüstelte.
Nur mit Mühe konnte Ned sich das Lachen verkneifen. Champion hätte sich niemals so nahe an ihn herangewagt, um an der Tüte zu schnuppern. Aber die Miene des Earls war einfach zu köstlich, um ihn darüber aufzuklären.
Kate warf ihr Bonbon in die Wiese.
„Entschuldigt mich“, würgte Harcroft undeutlich zwischen dem Pfefferminz in seinem Mund hervor. „Ich muss … ich muss noch …“ Er machte eine fahrige Armbewegung zum Haus.
„Pferde haben ein appetitlich sauberes Maul“, bemerkte Ned mit Unschuldsmiene. „Harcroft, wo willst du … ach, was.“ Er wandte sich an seine Frau. „Da zieht er hin.“
Ein zufriedenes Kräuseln ihrer Lippen war der einzige Hinweis darauf, dass sie den Mann absichtlich in die Flucht geschlagen hatte.
„Du“, sagte Ned, „du bist …“
„Er hat doch vom Teufel gesprochen“, erklärte Kate. „Eine kleine teuflische Kostprobe tut ihm ganz gut, denke ich.“
„Aha, verstehe. ‚Wenn man vom Teufel spricht, nascht ervon deinen
Weitere Kostenlose Bücher