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Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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seiner Hand, und sie blickte zu ihm hoch, ohne zu ahnen, in welcher Gefahr sie sich befand.
    Seufzend schüttelte sie den Kopf. „Wie dem auch sei“, sagte sie resigniert. „Jedenfalls hast du nicht an mich gedacht, als du fortgingst.“
    „Doch, das habe ich“, widersprach er mit belegter Stimme. „Ich habe an dich gedacht … sehr oft sogar.“
    Sie sah ihn mit schräg gelegtem Kopf an, die Lippen geschürzt.
    „Du bezweifelst, dass du mir vertrauen kannst“, fuhr er fort. „Aber du kannst mir vertrauen.“ Sie konnte nicht ahnen, dass er von ihrem Geheimnis wusste. Und ihm lag daran, dass sie ihn aus freien Stücken darin einweihte. Er wartete.
    „Ich vertraute dir“, begann sie bedächtig. „Sonst hätte ich dich nicht geheiratet. Ich vertraute dir, dass du mein Vermögen nicht verschleuderst. Und ich vertraute dir, dass du mir keine Gewalt antust.“ Ihre Stimme wurde leiser. „Ich vertraue dir so weit, um meine ehelichen Pflichten zu erfüllen. Und ich vertraue auch darauf, dass dir mein Wohlergehen am Herzen liegt. Aber du sagst selbst, dass uns eine erzwungene Ehe verbindet. Warum sollte ich also noch mehr Vertrauen zu dir haben?“
    „Weil …“ Ned zögerte. Die Wahrheit traf ihn plötzlich wie ein Schlag ins Gesicht.
    Er konnte ihr keine Gründe nennen. Sie hatte recht. Bei seiner Flucht hatte er nur an sich gedacht und an das, was er sich beweisen wollte. Und wenn er an sie gedacht hatte, drehten sich seine Gedanken ausschließlich um die Vorstellung, was sie ihm bedeutete.
    Selbst jetzt hatte er nur im Kopf gehabt, sie in seinem Bett zu haben.
    Wieso diese Ausflüchte? In seiner Selbstsucht dachte er auch in diesem Moment an nichts anderes, als ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Er stellte sich vor, wie er ihre nackten Brüste küsste, jedes Fleckchen ihrer Haut streichelte. Er war drauf und dran, jede Beherrschung zu verlieren, für die er so hart gekämpft hatte. Immer noch hielt er ihre Hand, drückte sie wie ein zerknittertes Taschentuch, spürte ihre zitternden Finger.
    Ja, er war ein selbstsüchtiger Schuft gewesen. Er beugte sich näher. In der Bewegung streiften ihre Röcke seine Hose. Einen beglückenden Moment lang spürte er ihre süßen Rundungen, ein Hauch ihrer Rosenseife wehte ihn an. Ein winziges Stücknäher und er würde besitzen, wonach er sich sehnte.
    Eine berauschende Sekunde lang war er in Versuchung, seiner Selbstsucht zu erliegen. Aber nein. Er hatte sich unter Kontrolle.
    Widerstrebend ließ er ihre Hand los; sie streckte und krümmte ihre taub gewordenen Finger. Sie wusste nicht einmal, wie gefährlich nahe sie daran gewesen war, mitten auf der Wiese von ihm genommen zu werden.
    „Du hast recht“, hörte Ned sich sagen. „Du hast vollkommen recht. Ich an deiner Stelle würde mir auch nicht trauen.“
    Sie bekam große runde Augen.
    Er deutete eine Verneigung an und wandte sich zum Gehen. Doch etwas hielt ihn zurück.
    „Du hast recht“, wiederholte er. „Ich habe dir keinen Anlass gegeben, mir zu vertrauen. Aber Kate …“ Er hob die Hand und berührte ihren Mundwinkel mit dem Daumen. „Kate“, wiederholte er. „Das wird sich ändern. Ich verspreche es dir.“
    Ned drückte ihr die Tüte Pfefferminzpastillen in die Hand und entfernte sich mit langen Schritten.
    Er hatte nie einen Gedanken daran verschwendet, was es bedeutete, verheiratet zu sein. Seine ehelichen Pflichten hatte er vor dem Traualtar ausgesprochen: Sorge für ihr leibliches Wohl, Beistand in guten wie in schlechten Tagen und, wenn nötig, Kinder in die Welt zu setzen. Harcroft war der beste Beweis dafür, dass es wesentlich schlechtere Ehemänner gab als ihn.
    Wenn eine Frau allerdings von ihrem Ehemann nichts Besseres zu berichten wusste als die Tatsache, dass er sie nicht verprügelte, so hatte Ned kläglich versagt.
    Er hatte längst eingesehen, dass er England zu früh nach der Hochzeit verlassen hatte, hatte sich von Kates vornehmer Zurückhaltung und ihrem gespielten Gleichmut ebenso blenden lassen wie Harcroft sich von ihrer zur Schau getragenen Geistlosigkeit.
    Und noch eine Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag auf demWeg zu den Ställen.
    Sie hatte ihn damals begehrt, ohne sich ihre Gefühle anmerken zu lassen. Wie mochte ihr dabei zumute sein, ihr ganzes Leben lang eine Maske zur Schau tragen zu müssen? All ihre Wünsche und Träume unter Seide und Spitzenrüschen zu vergraben? Im Wissen, dass niemand, weder ihr Ehemann noch ihre Familie, ahnte, wer sich hinter dieser Maske

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