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Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater

Titel: Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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eine verletzung zuziehen …«
    Ich verstumme, als plötzlich eine wahre Stampede an der Haltestelle vorbeizieht. Sechs Männer hetzen einen einzelnen Mann mit rasiertem Schädel, der verzweifelt zu fliehen versucht. Er trägt Jeans und ein weißes, blutverschmiertes T-Shirt. Zwei der Männer laufen direkt an uns vorbei und stoßen Lizzie fast um.
    »Passt doch auf, ihr verdammten Idioten!«, brülle ich ihnen hinterher und bereue fast im selben Moment, dass ich die Klappe nicht halten konnte. Lizzie sieht mich böse
an. Zum Glück reagiert keiner der beiden Männer, sie laufen einfach weiter.
    Der Mann, den sie alle jagen, läuft auf die Straße und sofort vor ein Taxi, das ihn mit Hupe und Lichthupe warnt. Der Fahrer weicht aus, kommt schlitternd zum Stehen und schafft es irgendwie, einen Zusammenstoß zu vermeiden. Der Mann stößt sich von der Motorhaube des Taxis ab, wirbelt herum und läuft mitten auf der Straße entlang. Aber die kurze verzögerung wird ihm zum verhängnis, denn die Meute, die ihn hetzt, stürzt sich wie wilde Tiere, die ihre Beute gestellt haben, auf ihn. Mir schlägt das Herz bis zum Hals. Der Rest der Welt scheint stillzustehen.
    Der erste der Meute streckt den Arm aus und kann den Mann am Ärmel packen. Mit einer ruckartigen Bewegung zieht er den verzweifelten Flüchtigen nach hinten. Der stolpert über die eigenen Füße und fällt auf den Mittelstreifen der Straße.
    »Elendes Dreckspack«, höre ich einen der anderen Männer rufen. »Elendes Hasser-Dreckspack.«
    Sie haben den einsamen Flüchtigen umzingelt und schlagen auf ihn ein. Unbarmherzig traktieren sie ihn mit Fußtritten. Ich sehe Lizzie an, die meinen Blick mit vor Schreck und Angst geweiteten Augen erwidert. Erwartet sie, dass ich etwas unternehme? Ich misch mich da auf keinen Fall ein. Ich schaue mich um und stelle fest, dass auch sonst niemand etwas unternimmt. Der verkehr ist zum Stillstand gekommen, zahlreiche Passanten auf beiden Seiten sind stehen geblieben.
    Die Schläger treten aus allen Richtungen auf ihr opfer ein, in sein Gesicht, seine Nieren, Brust und Kreuz, treten ihm auf den Kopf, die Kniescheiben, die ausgestreckten Hände. Als der Angriff vorbei ist, weichen die atemlosen
Schläger zurück, sodass man die zuckende Gestalt am Boden deutlich sehen kann. Heulende Sirenen machen die bedrückende und ominöse Stille zunichte. Ich sehe die Straße hinab, wo ein Motorradfahrer der Polizei sich einen Weg durch den stehenden verkehr bahnt. Als der Polizist am Tatort eintrifft, sind alle Angreifer bis auf einen in der Menge verschwunden. Der Verbliebene weicht nicht, schreit und brüllt den Beamten an und zeigt auf den hilflosen, schwer verletzten Mann am Boden, dann wirbelt auch er herum und folgt den anderen. Mit einem bizarren Mangel an Eile, Interesse oder Umsicht schleift der Polizist den Mann von der Straßenmitte weg, lässt ihn im Rinnstein liegen und gibt den Autofahrern Zeichen, dass sie weiterfahren sollen.
    Langsam erwacht die Welt wieder zum Leben.
    Lizzie hält meinen Arm so fest, dass es wehtut. Ich kann den Blick nicht von dem blutigen Bündel am Straßenrand abwenden. Wer ist er? Was hat er getan? Wenn er wirklich ein Hasser ist, dann hat er sein Schicksal verdient.
    Ich habe den Eindruck, dass jedes Mal, wenn wir unterwegs sind, etwas passiert.
    Ich denke an die Fernsehsendung, die wir gestern Abend verfolgt haben, dann an die anderen Übergriffe, die ich selbst miterlebt oder von denen ich gehört habe. Plötzlich kommt mir der ganze Mist, den ich am Abend zuvor verzapft habe, lächerlich vor. An der Sache ist mehr dran. Wir haben es nicht nur mit Paranoia und Trittbrettfahrern zu tun.
    Mir ist elend vor Nervosität und Angst.
    Wem wird es als Nächstes passieren? Mir? Lizzie? Harry oder den Kindern? Jemandem bei der Arbeit? Es könnte jeder sein.

13
    Als wir endlich zu Hause sind, ist es spät. Wir waren davon ausgegangen, dass wir es bis fünf schaffen würden. Aber auf dem Weg aus der Stadtmitte kam es zu weiteren Staus. Jetzt ist es fast acht.
    »Da hat es aber jemand eilig«, sagt einer der Männer aus der oberen Wohnung, als wir ihn auf dem Weg zu unserem Haus überholen. Ich glaube, es ist Gary. Er hat einen anderen Mann bei sich, den ich noch nie vorher gesehen habe.
    »Entschuldigung«, murmle ich, während ich versuche, Joshs Kinderwagen durch die Haustür zu bekommen.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragt er offenkundig ernsthaft besorgt.
    »Uns geht es prächtig, danke«, antworte ich rasch,

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