Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater
in einem bestimmten Ballungszentrum befinden, desto wahrscheinlicher ist es, dass es dort zu Unruhen kommt …«
Ich höre nicht mehr hin. Ich spüre, dass dieser Bürokrat eine vorbereitete Routine abspult und zweifellos sämtliche vertuschungsversuche und Geheimpläne bestreitet. Die anderen Gesprächsteilnehmer nehmen ihn abwechselnd in die Mangel, und obwohl er sich größte Mühe gibt, die oberhand zu behalten, schweigt er am Ende verdrossen. Ich habe den Eindruck, dass diese Sendung als eine Art von Öffentlichkeitsarbeit konzipiert wurde, was allerdings kläglich gescheitert ist. Die Nervosität des Politikers und die Art, wie er sämtlichen Zuschauerfragen ausweicht, lässt zwei Möglichkeiten zu: Entweder weiß
die Regierung ganz genau, was los ist, und will die Öffentlichkeit einfach nicht informieren, oder die Behörden haben wirklich keinen Schimmer. Beide Möglichkeiten sind gleichermaßen beängstigend.
Nach weiteren zwanzig Minuten Nachrichtenkanal fallen mir die Augen zu. Die Diskussion ist zu Ende, die aktuellen Meldungen fangen an. Es heißt, dass möglicherweise das Militär eingesetzt wird, um die öffentliche ordnung wiederherzustellen, sollte die Polizei allein nicht mehr Herr der Lage werden, wie die grauhaarige Diskussionsteilnehmerin angedeutet hat. Sie sagen auch, dass sich das Problem weitgehend auf größere Städte beschränkt und noch keine Berichte darüber vorliegen, dass es sich auf das Land ausgebreitet hätte. Am beunruhigendsten finde ich, dass von einer möglichen nächtlichen Ausgangssperre und anderen restriktiven Maßnahmen gesprochen wird, die die Leute daran hindern sollen, auf die Straße und einander an die Gurgel zu gehen.
Was nicht gesagt wird, das ängstigt mich. Ich befürchte, dass wirklich keiner einen blassen Schimmer hat, was hier los ist.
Dienstag
VI
Jeremy Pearson glaubte, dass ihm gleich schlecht werden würde. Als er sich auf die Operation vorbereitete, war noch alles in bester Ordnung gewesen, aber jetzt, wo er tatsächlich auf dem OP-Tisch lag, Leute sich um ihn drängten, Maschinen summten und piepsten und die riesige Beleuchtung über ihm hing, fühlte er sich zunehmend schwach und elend. Ich hätte auf einer Vollnarkose bestehen sollen, keiner örtlichen Betäubung, dachte er bei sich, als Dr. Panesar, der Chirurg, auf ihn zukam. Diese Operation kommt mich teuer genug, da hätte eine Vollnarkose auch nicht mehr viel ausgemacht …
»Okay, Mr Pearson«, sagte Dr. Panesar durch die grüne Gesichtsmaske, »wie geht es Ihnen?«
»Nicht so gut«, murmelte Pearson, der sich vor Angst nicht bewegen konnte. Er verkrampfte sich unter der Decke und dem Krankenhausnachthemd am ganzen Körper.
»Es dauert nicht lang«, erklärte Dr. Panesar, der kein Verständnis für die Nervosität seines Patienten zeigte. »Sie sind die vierte Vasektomie, die ich heute durchführe, und bis jetzt hat keine länger als eine halbe Stunde gedauert. Sie sind im Handumdrehen wieder hier draußen.«
Pearson antwortete nicht. Er fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Lag es an der Hitze im OP oder nur an dem bevorstehenden Eingriff, dass er sich so fühlte? War das normal? Erlebte er eine Reaktion auf das Anästhetikum, das sie benutzt hatten, um seine Eier zu betäuben?
»Ich fühle mich nicht …«, begann er, doch die Krankenschwester, die seinen Arm hielt, blickte nach unten, sah, dass er zappelte, und drückte ihm eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht.
»Alles wird gut«, beruhigte sie ihn. »Atmen Sie tief durch und versuchen Sie, an etwas anderes zu denken.«
Pearson wollte antworten, doch die Worte klangen gedämpft unter der Maske. Wie soll ich an etwas anderes denken, wenn mir gleich jemand in die Eier schneidet?
»Sind Sie Kricketfan?«, fragte ein Pfleger auf der anderen Seite. »Haben Sie heute die Ergebnisse gesehen? Wir schlagen uns gar nicht so schlecht.«
Der Sauerstoff vertrieb die Übelkeit langsam. Viel besser. Er entspannte sich deutlich …
»Okay, Mr Pearson«, sagte Dr. Panesar strahlend und sah vom Operationsbereich auf. »Jetzt können wir anfangen. Ich habe Ihnen schon erklärt, was ich tue, nicht? Dies ist ein sehr kleiner Eingriff. Ich mache nur zwei winzige Einschnitte auf beiden Seiten Ihres Hodensacks, okay?«
Pearson nickte. Ich will gar nicht wissen, was du tust, dachte er, fang endlich an.
»Geht es Ihnen jetzt etwas besser?«, fragte die Schwester und strich ihm über den Handrücken. Er nickte wieder, worauf sie die Sauerstoffmaske
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