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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Stillen Ozeans um sechs Meter. Das macht im Durchschnitt viereinhalb Meter Hochwasser in allen Weltmeeren. Du begreifst, was das bedeutet.«
    »Dann stehen die Schiffskais unter Wasser«, konstatierte der Major. »Aus dem Verteidigungshaushalt müssen zusätzliche Mittel für die Marine eingesetzt werden, die Bodentruppen haben das Nachsehen.«
    »Alle Häfen der Welt müssen neu gebaut werden! Die Flussmündungen werden bis weit ins Land hinein überflutet. In Österbotten erreicht das Wasser Lapua. Pori versinkt im Meer. Und was passiert mit Indien und Bangladesh? Hunderte Millionen von Menschen ertrinken. Naturschutz ist also durchaus kein bedeutungsloses Wort«, donnerte Oiva Juntunen. Er wunderte sich selbst, woher er all das Wissen nahm. Doch schließlich schrieben die schwedischen Zeitungen täglich über diese Probleme, und die Berichterstatter im Fernsehen redeten jeden Abend davon.
    »Du bist ein hitziger Mann, das muss ich sagen«, erklärte der Major.
    »Ich bin aber kein Fanatiker, das liegt mir fern! Allerdings habe ich auch schon an Demonstrationen teilgenommen, deren Ziel es war, die Menschheit zur Vernunft aufzurufen.«
    Tatsächlich hatte er in seinem Leben an einer einzigen Demonstration teilgenommen. Das war im Jahre 1969 in Kakola, dem Zentralgefängnis von Turku, gewesen. Die Insassen, allen voran Oiva Juntunen, hatten im Speisesaal des Gefängnisses rhythmisch mit ihren Tellern und Bechern geklappert und dadurch einen Höllenlärm veranstaltet. Sie hatten verlangt, dass die Suppe mehr Einlage enthalten sollte.
    »Aber wie willst du denn hier leben?«, erkundigte sich Major Remes. Als praktischer Militär sah er, dass Assistent Asikainen nicht genügend Kenntnisse für einen längeren Aufenthalt im hiesigen Flechtengelände hatte.
    »Da habe ich eben so meine Probleme ... Ich habe mir gedacht, ich engagiere einen Samen, gewissermaßen als Fremdenführer. Die wohnen doch hier, stimmt’s? Der Mann könnte Wild erlegen, und man müsste wohl auch eine Art Kota errichten. Nach dem Tod meiner Tante habe ich ja die Mittel dafür. Wie ich hörte, gibt es hier im Norden viele arbeitswillige Erwerbslose.«
    Major Remes dachte bei sich, dass der Bursche sehr leichtfertig aufgebrochen sei, um in Lappland Flechten zu erforschen. Seine Zweifel an den Plänen von Assistent Asikainen äußerte er jedoch nicht laut. Der Mann war eindeutig vermögend, es lohnte sich, an ihm dranzubleiben ... Der Major musste an seine eigene Lebenssituation denken, die in finanzieller Hinsicht trostlos aussah. Die Frau verplemperte das Geld aus dem Verkauf des Flügels in Spanien, was andererseits natürlich gut war, blieb sie ihm doch so aus den Augen. Die Töchter waren aus dem Haus, auch die jüngere anscheinend im Begriff, sich zu verloben. Aber das Heim war auseinandergefallen, es gab kein Gehalt mehr und auch niemanden, der ihm die Stiefelhosen wusch. Hier war nun ein zutrauliches Muttersöhnchen, ein belesener Bibliothekar, dessen Geld seinem vom Suff verkorksten Leben vielleicht neuen Schwung verleihen könnte.
    Und wenn er das Geld des Burschen an sich brachte? Er könnte dem Flechtenforscher mit der Faust den Schädel zertrümmern und seine Leiche in eine Schlucht werfen oder in den unergründlichen Tiefen des Potsuraissees versenken. In dieser von Gott und allen Polizisten verlassenen Gegend würde kein Mensch je nach einem Universitätsassistenten fragen.
    Major Remes betrachtete seine vom Feuer geschwärzte Faust. Er brauchte sie nur einmal ans Schläfenbein des Assistenten zu donnern, und die Sache wäre erledigt. Mit dieser Faust waren bereits härtere Schädel bearbeitet worden und jedesmal mit Erfolg. Manchmal mehr als nötig.
    »Möchtest du noch etwas Kaffee?«, fragte Oiva Juntunen höflich.
    Major Remes steckte seine Faust in die Tasche und hielt mit der anderen Hand seinen Becher hin.
    Soll er meinetwegen am Leben bleiben, dachte er. Jedenfalls vorläufig!
7
    Oiva Juntunen überlegte sich, wie vortrefflich es wäre, wenn er so einen Major als Gehilfen einstellen könnte. In dieser Einöde wäre ein Offizier, der ans Partisanenleben gewöhnt war, von unschätzbarem Nutzen. Der Gedanke erschien ihm verrückt, trotzdem lohnte es den Versuch, sich näher über den Mann zu informieren. So schlug er einen freundschaftlichen Ton an und fragte Remes ein bisschen aus.
    Für den Major war es ungewohnt, aber angenehm, dass sich jemand für ihn interessierte. Dergleichen war seit Jahren nicht vorgekommen. Im Grunde

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