Im Wald der stummen Schreie
in den Rückspiegel. Ihr Gesicht war tränenüberströmt.
Als sie in die Finsternis der Tiefgarage eintauchte, konnte sie endlich das fremdartige Geräusch im Fahrgastraum zuordnen. Es war ihre eigene Stimme, die zählte:
81, 82, 83 ...
Das kleine Mädchen am Fuß des Baumes.
Die Hände auf die Augen gepresst.
7
Als Jeanne ihr Büro betrat, teilte ihr Claire mit, dass sie einen neuen Antrag auf Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bezüglich der Waffenlieferungen nach Osttimor erhalten hatte. Mit diesem Dokument wurde ihr der Fall von Amts wegen übertragen. Claire hatte eine Akte angelegt. Sie trug das Zeichen 2008 / 123. Jeanne beschloss, sich in diesen Fall hineinzuknien. Schließlich war es auch hier zu einem Blutvergießen gekommen. Und wenn sie einige korrupte Beamte aus der politischen Landschaft entfernen könnte, war das auch nicht übel.
Sie zog ihre Vernehmungen am Nachmittag schnell durch. Um fünf verabschiedete sie Claire. Schaltete den Anrufbeantworter an und schloss ihre Tür ab. Dann vertiefte sie sich in die Akte. Die Mappe enthielt nur wenige Blätter. Eine Zusammenfassung der Ermittlungen, die im Jahr 2006 im Sand verlaufen waren, verfasst von einem Richter am Amtsgericht Pau. Ein maschinengeschriebener Bericht vom Februar 2008. Eine Mitteilung vom Finanzamt des Departements Hauts-de-Seine, das einige der in der Anzeige gemachten Angaben bestätigte.
Alles hatte im Mai 2006 begonnen.
Ein pensionierter Fluglotse verfolgte im Internet die Flugbewegungen französischer Frachtflugzeuge. Der Mann interessierte sich hauptsächlich für Waffenverkäufe. Er beobachtete in erster Linie den Luftverkehr auf den zivilen Flugplätzen, die sich in der Nähe von Rüstungsbetrieben befinden. Vor allem konzentrierte er sich auf Südwestfrankreich, seine eigene Region, wo EDS Technical Services, einer der Marktführer, seinen Sitz hat.
Im Mai 2006 war ihm ein merkwürdiger Flug aufgefallen. Eine Cessna 750 der Gesellschaft CITA mit dem Kennzeichen N543VP, die am 15. Mai vom Flughafen Joucas nördlich von Biarritz Richtung Banjul in Gambia gestartet war. Ein ungewöhnliches Ziel. Aber vor allem war von diesem Flugplatz kein weiteres Flugzeug mehr gestartet.
Der Mann hatte sich über die Gesellschaft CITA informiert. Erster Knüller: Es gab keine Gesellschaft dieses Namens. Im Internet hatte er die Route dieses geheimnisvollen Flugzeugs verfolgt. Das Flugzeug war nie in Banjul eingetroffen. Kaum in der Luft, mussten die Piloten ihre Funkfrequenzen geändert haben, dann hatten sie ein unbekanntes Ziel angesteuert.
Der Fluglotse hatte die Rechnungen, die er mit diesem Flug in Verbindung bringen konnte, unter die Lupe genommen. Alles war im Web gespeichert. Der Treibstoff. Das Auftanken. Die Gehälter der Piloten. Ein weiterer Knüller: Die gesamten Kosten waren von der Firma Noron getragen worden, einer Tochtergesellschaft von EDS Technical Services.
Der Spürhund war auf einen echten Skandal gestoßen. Französische Waffen waren heimlich in irgendeine Region der Erde transportiert worden. Er hatte an Bekannte überall auf der Welt, die sich genauso leidenschaftlich für den Flugverkehr interessierten, E-Mails gesandt – ohne greifbare Ergebnisse. Sherlock Holmes war an seine Grenzen gestoßen.
September 2006. Er war mit seinen Unterlagen ins Polizeirevier von Pau gegangen. Glücklicherweise hatte der Polizist, der ihn empfing, seiner Geschichte aufmerksam zugehört. Und er leitete diese Unterlagen an die Staatsanwaltschaft Pau weiter. Ein Richter war eingeschaltet worden. Jemand, der alle erforderlichen Befugnisse besaß, um auf internationaler Ebene den Verbleib des Flugzeugs zu ermitteln. Ein Mann, der auch die Firma Noron zur Rechenschaft ziehen konnte. Ein weiterer Glücksfall: Der Richter, ein gewisser Vittali, hatte sich für die Akte begeistert.
Die Vernehmung von Jean-Louis Demmard, dem Geschäftsführer von Noron, einem Spezialisten für Telekommunikationsausrüstung, hatte nichts ergeben. Der Mann erinnerte sich nicht an den Flug. Er hatte versprochen, die Buchhaltungsunterlagen zu überprüfen. Aber es war nicht schwer, Dokumente zu fälschen – Flugpläne, Bestellscheine, Rechnungen –, um den Frachtflug vollkommen unverfänglich erscheinen zu lassen. Der Richter war voreilig gewesen. Nicht genug belastendes Material für eine erste Vernehmung ...
Parallel dazu hatten die internationalen Ermittlungen Früchte getragen. Im Februar 2007 erhielt Vittali neue Informationen über die
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