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Im Wald der stummen Schreie

Im Wald der stummen Schreie

Titel: Im Wald der stummen Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grange
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für einen Stuss?«
    »Du redest Stuss. Solange nur Männer bei Morden an Frauen ermitteln, begreift ihr nicht einmal die Hälfte dessen, was passiert.«
    »Danke für die Lektion«, sagte Reischenbach verärgert.
    »Nichts zu danken. Ich schreib mein Wunschgewicht mit Lippenstift auf den Spiegel im Bad.«
    Reischenbach provozierte sie:
    » So what? Hilft uns das bei den Ermittlungen irgendwie weiter?«
    »Das unterstreicht noch einmal ihre Gemeinsamkeit: Übergewicht. Und der Alltag, der damit verbunden ist. Du musst die Einrichtungen abchecken, die etwas mit diesem Problem zu tun haben. Vielleicht haben sie dasselbe Fitness-Studio, das gleiche Hamam besucht. Überprüf das.«
    Reischenbach antwortete nicht. Jeanne spürte, dass sie ihn nicht weiter unter Druck setzen durfte.
    »Hast du heute Nachmittag sonst irgendwas herausgefunden?«
    »Nein.«
    »Und der Datenabgleich, um mögliche Überschneidungen festzustellen? Die Kinder im Bettelheim-Institut, die Amniozentesen bei den Laboratoires Pavois?«
    »Noch nicht fertig. Aber bislang kein Treffer.«
    Jeanne bohrte nicht nach. Sie glaubte nicht mehr an diese Spur. Doch sie kannte ja den Namen des Mörders.
    »Und was hast du über den Anwalt namens Joachim herausgefunden?«, fuhr sie fort.
    »Es gibt in Frankreich keinen Anwalt namens Joachim. Bist du sicher, dass er Franzose ist?«
    »Nein. Und die Liste der Handy-Anrufe?«
    »Die genaue Liste sämtlicher Telefonate, die Taine geführt hat, bekomme ich morgen früh. Bis jetzt habe ich nur die deines anderen Typen, Antoine Féraud.«
    Jeannes Herz schlug schneller.
    »Er hat in den letzten Tagen nicht viel telefoniert. Heute morgen nur zwei Mal. Dann gar nicht mehr. Das eine erklärt vielleicht das andere.«
    »Wieso?«
    »Weil ich die beiden Nummern angerufen habe. Der erste Anruf galt seinem Sekretariat. Er hat alle Termine abgesagt. Der zweite Anruf erfolgte bei einem Reisebüro, Odyssée Voyages. Féraud hat einen Flug nach Madrid gebucht, mit einem Anschlussflug nach Managua.«
    »In Nicaragua?«
    »Genau. Er ist um zwölf Uhr nach Spanien geflogen. Ich hoffe, du wolltest ihn nicht vorladen, denn dazu ist es jetzt zu spät. In einigen Stunden wird er sich in den Tropen befinden.«
    Antoine Féraud war also auf der Flucht. Dieser Gedanke beruhigte sie. Aber weshalb ausgerechnet Nicaragua? Hatte er dort Freunde? Sie kannte das Land. Im Grund kein touristisches Reiseziel, auch wenn sich die politische Lage deutlich verbessert hatte ...
    Plötzlich kam ihr ein anderer Gedanke. Der Akzent des Vaters. Die Verbindungen des Sohnes zu Lateinamerika. Diese beiden Männer stammten vielleicht aus Nicaragua. In diesem Fall konnte die Abreise Férauds etwas anderes bedeuten. Der Mann war nicht auf der Flucht. Im Gegenteil, er stellte Nachforschungen über seinen Patienten und dessen Sohn an. Er verfolgte eine Spur ...
    »Hast du bei den Anrufen am Samstag die Gesprächspartner identifiziert?«
    »Nicht vollständig.«
    »Überprüf ihr Profil, ihren Beruf. Steht auf der Liste ein spanisch klingender Name?«
    »Ich werde nachsehen. Ist mir jedenfalls nicht aufgefallen.«
    »Noch etwas anderes. In deinen Unterlagen findet sich kein Wort über Terminkalender, Adressbücher oder Blackberrys der Opfer.«
    »Die hat es gegeben, aber wir haben sie nicht. Taine hatte sie mitgenommen.«
    »Willst du damit sagen ...«
    »Sie sind verbrannt, wie alles andere.«
    Sie schnaufte enttäuscht.
    »Aber mir ist noch etwas eingefallen. Der Mörder scheint sich leidenschaftlich für Vorgeschichte zu interessieren. Hast du überprüft, ob es im Museum der Naturvölker oder im Naturgeschichtlichen Museum im Jardin des Plantes zu Diebstählen, Einbrüchen oder Sachbeschädigungen kam?«
    »Nein. Was genau suchst du?«
    Jeanne sah sich im Geiste die Museen durchstreifen, die Werke von Hans Bellmer ausstellten. Jahrelang hatte sie gehofft, an diesen Orten die Spur des Mörders ihrer Schwester zu finden – einen Hinweis, ein Detail, das darauf hindeutete, dass er hier gewesen war. Vielleicht hatte sie dieses Mal ...
    »Such an allen Orten, die irgendetwas mit Vorgeschichte zu tun haben«, verlangte Jeanne, »Buchhandlungen, Museen, Bibliotheken ... Befrage die Beschäftigten. Vielleicht kommt dabei ein Name heraus. Eine bizarre Erinnerung, irgendetwas ... Er bewegt sich in diesem Umfeld, ich spüre es.«
    »Jeanne ...«
    »Uns bleiben nur noch ein paar Stunden.«

 
    29
    »Kein Problem.«
    »Sicher?«
    »Sicher. Sie ist nicht gepanzert. Ich mach

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