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Im Wald der stummen Schreie

Im Wald der stummen Schreie

Titel: Im Wald der stummen Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grange
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Stärke, Sicherheit, Einsatzbereitschaft aus.
    »Wie sind Sie an meine Adresse gekommen? Ich habe noch keine Aussage gemacht.«
    Der Feuerwehrmann wandte sich um. Seine Augen funkelten im hellen Licht.
    »Das Krankenhaus. Ihr Aufnahmeformular.«
    »Ach ja.«
    Der Duft des Kaffees, den sie aufgesetzt hatte, drang ins Wohnzimmer. Ihr wurde klar, dass der Besuch dieses Fachmanns ein unverhoffter Glücksfall war.
    »Was denken Sie über den Brand?«
    »Offen gesagt, ich weiß nicht recht. Offenbar handelt es sich um vorsätzliche Brandstiftung. Aber ich bin kein Experte. Sicher bin ich mir nur in einem Punkt: Der Brandherd lag im fünften Stock, dort, wo sich die Wohnung Ihres Freundes befand ...«
    »Haben Sie mich herausgeholt?«
    »Ich und meine Männer, ja.«
    »Ist Ihnen in der Wohnung nichts Verdächtiges aufgefallen?«
    »Was zum Beispiel?«
    »Eine Gestalt. Jemand, der geflohen ist.«
    »Nein. Ohne Schutzkleidung hätte dort oben niemand überleben können.«
    Wieder sah sie das Monster vor sich. Nackt. Schwarz. Bucklig.
    »Glauben Sie, dass gewisse chemische Substanzen vollständig vor Feuer schützen können?«
    »Ich glaube, dass man auf diesem Gebiet erhebliche Fortschritte gemacht hat – beim Film. Es gibt neue Substanzen. Aber ich bin kein Experte in diesen Dingen.«
    Jeanne dachte nach. Vielleicht eine Spur. Cormier schien ihren Gedanken zu erraten:
    »Möchten Sie, dass ich mich erkundige?«
    Jeanne nickte und schrieb ihre Handynummer auf eine Visitenkarte. Der Feuerwehrmann steckte sie in seine Tasche. Seine Hände waren groß und runzlig. Der Eindruck der Vertrauenswürdigkeit wuchs mit jeder Sekunde. Der Mann verabschiedete sich und entfernte sich mit wiegenden Schritten durch den schmalen Flur.
    10.00 Uhr. Kaffee. Trevilor. Der sonnendurchflutete Morgen rief Erinnerungen an Ferien wach. Und dieser Besuch – ein Weihnachtsmann mit Bürstenhaarschnitt – war ein gutes Vorzeichen. Telefon. Sie teilte Claire mit, dass sie heute nicht kommen würde, und auch morgen nicht, und eine ganze Weile nicht. Ihre Assistentin wirkte überfordert.
    »Ein Gerichtsdiener hat die Osttimor-Akte abgeholt«, sagte sie mit leiser Stimme, als könne jemand mithören, »auf richterliche Anweisung!«
    »Wer übernimmt den Fall?«
    »Stéphane Reinhardt.«
    Die Wahl hätte schlechter ausfallen können. Schließlich hatte er ihr den Fall aufs Auge gedrückt. Er würde das Motiv hinter der ganzen Affäre – Erdöl – herausfinden. Und er verfügte über die Mittel, um die Verantwortlichen zu schnappen. Vielleicht. Jedenfalls würde er mit Hatzel alias Bretzel ein schlagkräftiges Team bilden.
    »Sonst noch etwas?«
    »Anrufe, Briefe. Was soll ich antworten?«
    »Sprechen Sie mit dem Präsidenten. Er soll die dringendsten Fälle anderen übertragen.«
    »Aber ich ... glauben Sie, dass man mich versetzen wird?«
    »Ich werde den Präsidenten anrufen. Machen Sie sich keine Sorgen.«
    Jeanne verabschiedete sich und versprach ihr, sich wieder zu melden. Kaum hatte sie aufgelegt, vibrierte auch schon ihr Handy.
    »Hallo?«
    »Reischenbach.«
    »Gibt's was Neues?«
    »Ich habe die Liste mit Taines letzten Telefonaten.«
    »Irgendwas Auffälliges?«
    »Zwei merkwürdige Anrufe. Einer nach Nicaragua, Sonntag, 17.00 Uhr. Der zweite nach Argentinien, unmittelbar danach.«
    Die Mosaiksteinchen fügten sich zusammen. Die »unglaubliche Entdeckung« Taines hatte ihren Ursprung in Lateinamerika. Und Féraud war am Vortag nach Managua geflogen.
    »Hast du die Adressaten der Anrufe identifiziert?«
    »Noch nicht. Zwei geschützte Nummern. Ein Handy in Managua. Ein stationäres Telefon in Argentinien. Wir arbeiten daran. Im Lauf des Tages werden wir mehr darüber wissen.« Er machte eine Pause und fuhr dann fort: »Hat sich Antoine Féraud nach Nicaragua verdrückt? Was hat er mit dieser Geschichte zu tun?«
    »Er ist Psychiater. Ich glaube, dass er den Kannibalen-Mörder behandelt. Genauer gesagt, seinen Vater.«
    Verdutztes Schweigen.
    »Kennst du die Identität des Mörders?«
    »Nein, nur seinen Vornamen.«
    »Joachim?«
    »Ganz genau. Hast du einen Rechtsanwalt mit diesem Vornamen gefunden?«
    »Nein, noch immer nicht.«
    »Such weiter. Er arbeitet für NGOs, die in Südamerika tätig sind.«
    Der Polizist räusperte sich.
    »Hör zu, Jeanne. Wir sind ausgebootet, du und ich. Ich habe keine Leute mehr, die ich darauf ansetzen könnte, und ...«
    »Lass uns heute noch mal alles tun, was möglich ist. Sonst keine Neuigkeiten?«
    »Die

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