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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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Instituts betrat und an Ryans geschlossene Tür klopfte. Es war eine Lehranstalt, kein Industriebetrieb und schon gar keine NSA. Sicherheit schrieb man hier offenbar nicht groß. Sie klopfte noch einmal, lauter. Niemand antwortete. Kein Geräusch drang aus dem Büro. Sie drückte die Türklinke. Verschlossen. Ein alberner Gedanke durchfuhr sie, trieb ihr die Röte ins Gesicht. Es schien, als wollte er sich vor ihr verstecken. Ärgerlich ging sie zurück und betrat widerwillig das Sekretariat, wo sie sich das letzte Mal angemeldet hatte. Die Frau am Empfang las in einer Zeitschrift. Ohne aufzublicken fragte sie:
    »Sie wünschen?«
    »Ich suche Ryan Cole.«
    »Ist nicht da.«
    Alex wartete, aber der mürrische Zerberus hatte alles gesagt, was zu sagen war. »Ich muss ihn dringend sprechen«, doppelte sie nach.
    »Da werden Sie sich gedulden müssen, Schätzchen. Er ist am Wochenende in die Ferien gefahren.«
    Beinahe wäre ihr ein unanständiges Wort entschlüpft. Keine Panik, bleib ruhig, Mädchen. Sie war hier, um Ryan endlich die Wahrheit zu sagen und ihn für ihre Sache zu gewinnen, oder für die Sache der NSA, genau gesagt. Sie konnte unmöglich die Hände in den Schoss legen und einfach warten.
    »Wie lange ist er denn weg?«, fragte sie in der vagen Hoffnung, er leiste sich nur ein verlängertes Wochenende.
    »Am Montag nächster Woche ist er wieder hier.«
    »Ich muss ihn dringend sprechen«, wiederholte sie, um ihren Ärger zu verdrängen. »Wie kann ich ihn erreichen?«
    »Gar nicht. Er ist in den Ferien, habe ich doch gesagt.«
    »Ja, aber, können Sie ihn wenigstens anrufen?«
    Die Sekretärin schüttelte gereizt den Kopf. »Er nimmt keine Anrufe entgegen«, murmelte sie und wandte sich wieder ihrer Zeitschrift zu.
    »Das habe ich gemerkt«, platzte Alex heraus. »Und Sie wissen nicht, wohin er gefahren ist?«
    Sichtlich um Fassung ringend, schob die Frau die Zeitschrift beiseite, warf ihr einen giftigen Blick zu und sagte gepresst: »Hören Sie, Schätzchen, Mr. Cole wird nächsten Montag wieder hier sein. Wollen Sie ihm eine Nachricht hinterlassen oder mit Professor Saunders sprechen?«
    Die Kratzbürste ging ihr so auf den Geist, dass der sich mit einem kreativen Gedanken wehrte. Sie hielt sich schnell ein Taschentuch vor den Mund und begann erbärmlich keuchend zu husten. Die Erinnerung daran war ja noch frisch. Mit gerötetem Gesicht entschuldigte sie sich, mimte nochmals einen Anfall, schnappte nach Luft und stöhnte schließlich: »Kann ich vielleicht eine Tasse Tee bekommen?«
    Der Auftritt lohnte sich. Eine Mischung aus Mitleid und Abscheu verdrängte die unerbittliche Härte aus den Blicken der garstigen Sekretärin. »Warten Sie hier«, sagte sie fast freundlich, sprang auf und eilte aus dem Zimmer.
    Darauf hatte Alex gewartet. Blitzschnell war sie an der Tastatur des Computers. Wie erhofft, belegte die elektronische Agenda einen prominenten Platz auf dem Bildschirm der Sekretärin. Es war das Kalenderprogramm, das weltweit ungefähr in jedem Betrieb zu finden war. Mit wenigen Mausklicks hatte sie Ryans Kalender geöffnet und lächelte zufrieden.
     
    Ferien J+R, Praia da Rocha, Portima ˜ o!!!
     
    war der Eintrag für die nächsten sieben Tage. Sie fragte sich, worauf sich die drei Ausrufezeichen bezogen. Auf den unbekannten Ort? Sie tippte eher auf das J in J+R. Die Schokoladenstimme war mit seiner Jessie unterwegs. Auch das noch. Sie suchte hastig nach weiteren Details zu diesem Eintrag, Adresse, Telefonnummer, irgendetwas Brauchbares. Plötzlich schreckte sie auf. Die Sekretärin stand in der Tür, doch sie drehte ihr den Rücken zu, während sie mit einem Unbekannten auf dem Korridor sprach. In größter Eile klickte Alex die Fenster auf dem Bildschirm weg, die sie geöffnet hatte. Sie schaffte es gerade rechtzeitig, vom Schreibtisch wegzukommen, als die Frau mit dem heißen Tee eintrat. Hüstelnd bedankte sie sich, presste den Zitronenschnitz aus und begann vorsichtig zu trinken.
    »Besser?«, fragte die Frau, die in ihrer Rolle als Wohltäterin zusehends aufblühte.
    Alex nickte. Mit dankbarem Lächeln stellte sie die halb leere Tasse ab.
    »Wollen Sie wirklich keine Nachricht hinterlassen?«
    »Nein, danke. Ich schreibe ihm eine Mail.«
    Sie hatte es plötzlich eilig, bedankte sich nochmals artig, nicht ohne ein letztes Mal zu husten und verließ das Büro. Schon auf dem Weg ins Hotel suchte sie den Ort mit dem klingenden Namen mit Hilfe ihres Telefons im Internet. Portima ˜ o,

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