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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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Zahlungsanweisungen praktisch ausschließlich von einer einzigen Schweizer Bank stammen. Das ist alles. Mehr können wir nicht aus diesem Resultat lesen. Zum Beispiel dürfen wir nicht daraus schließen, dass diese Bank Profit aus der Mountain Pass Katastrophe geschlagen hat. Das wissen wir schlicht nicht.«
    »Ja – schon«, murrte Max, »aber die Bastarde sind mindestens die Handlanger, oder?«
    Ryan nickte nachdenklich. »Das steht fest.«
    »Ich hab sie«, rief unvermittelt eine der Schnittstellen-Spezialistinnen. »Die Bank heißt ...« Sie verstummte, dann las sie langsam und stockend den zungenbrecherischen Namen: »›Escher, Stadelmann und Compagnie‹. Paradeplatz, Zürich, Schweiz. Wollt ihr die Telefonnummer?«
    »Bastards!« Max’ neues Lieblingswort. Er schaute böse in die Runde, als wollte er dem unbekannten Schurken gleich an die Gurgel springen.
    Eine wichtige Adresse hatten sie, kein Zweifel. Ein durchschlagender Erfolg für das Projekt. Und die glanzvolle Bestätigung für das Potenzial seines Modells, dachte Ryan zufrieden. Was die NSA mit diesem schönen Ergebnis anfing, lag nicht mehr in seinen Händen.
    »Die Adresse kennt ihr nun. Auf nach Zürich«, sagte er augenzwinkernd zu Alex.
    »Ausgerechnet eine Schweizer Bank«, klagte sie. »Warum nicht eine in New York? Die könnten wir problemlos auseinandernehmen. Die Zürcher werden noch nicht einmal unsere Briefe beantworten. Für uns sind die Schweizer Banken uneinnehmbare Festungen.«
    »Das ist nun wirklich euer Problem. Vielleicht sollten wir uns einfach zuerst einmal über den Erfolg freuen.«
    Ihre Miene hellte sich auf. »Du hast recht. Leute, ihr seid die Größten.« Lachend ging sie zum Kühlschrank neben der Kaffeemaschine und holte die Flasche heraus, die sie für diesen Augenblick deponiert hatte. »Sie ist ja noch da«, staunte sie spöttisch.
    Der Schaumwein schmeckte grässlich aus den Pappbechern, aber Ryan hätte unter diesen Umständen auch das abscheuliche Root Beer für eine Delikatesse gehalten. Seine anfänglichen Vorbehalte gegenüber dieser Mission ins Niemandsland von Maryland waren verflogen. Die Reise hatte sich in jeder Beziehung gelohnt, nicht nur für die NSA, auch für ihn selbst. Traurig nur, dass die Krise mit Jessie nicht enden wollte. Sie reagierte nicht auf seine Anrufe und Mails. Selbst als er den neutralen Apparat einer Telefonzelle benutzte, legte sie wortlos auf. Es wurde höchste Zeit, nach England zurückzukehren. Gedankenverloren nippte er an seinem Becher, hörte nicht auf die hitzigen Diskussionen der andern, bis ihn Alex am Ärmel zupfte und verwundert fragte:
    »Was meinst du? Hast du mir überhaupt zugehört?«
    »Wenn du so fragst ... Entschuldige.«
    »Wir wollten wissen, warum nur der ›BIC‹ des Absenders untersucht wurde.«
    »Wer sagt denn so etwas?«
    »Du .«
    Er setzte sich wieder an den Bildschirm, der immer noch die Serie grüner Dreiecke zeigte. Nach ein paar schnellen Klicks verschwand der grüne Schwarm. An seiner Stelle leuchteten viele kleine, rote Dreiecke auf. Diesmal bildeten sie keine gerade Linie, sondern waren über verschiedene Regionen der Grafik verstreut.
    »Deshalb«, sagte er lächelnd.
    Alex warf ihm einen strafenden Blick zu und wartete auf eine Erklärung.
    »Das sind die Empfänger der Zahlungen. Wie du siehst, sind sie wesentlich stärker gestreut als die Absender. Das ist auch kein Wunder. Die Zürcher Bank unterhält offenbar Verbindungen zu vielen Korrespondenzbanken, über die sie Zahlungen in verschiedenen Währungen abwickelt.«
    Zur Demonstration fuhr er mit dem Mauszeiger über mehrere der roten Dreiecke. Jedes Mal erschien ein anderer Bank-Code.
    »Seht ihr? Diese Auswertung sagt nicht viel aus.«
    Die Techniker im Team verstanden offensichtlich nicht viel von dem was er gesagt hatte, aber Alex kannte sich aus mit SWIFT-Meldungen.
    »Wir müssten die Endbegünstigten finden«, meinte sie.
    »Du sagst es, aber soweit sind wir noch nicht. Es ist eine ziemlich knifflige Aufgabe, herauszufinden, auf wessen Konto am Schluss das Geld landet. Dazu müssen die Zahlungen über mehrere Stufen verfolgt werden. Zudem kann das Konto des Begünstigten, sei es Firma oder Einzelperson, anonym sein. Vielleicht verwenden die Bastarde, wie Max sagen würde, verschiedene Namen, die wir nie und nimmer zusammenbringen. Versteh mich nicht falsch: ich denke, es ist möglich, aber schwierig und aufwendig.«
    Sie nickte nur stumm, doch in ihren Augen sah er, dass sie

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