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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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in Bobs Büro.
    »Was zum Teufel ...«, rief er mit vollem Mund. Ärgerlich knallte er das angebissene ›Submarine‹ Sandwich, das aussah wie einer seiner sehr großen Schuhe, auf den Pappteller zurück und schaute sie böse an. »Ich diniere. Was willst du?«
    »Guten Appetit«, murmelte sie angewidert. »Bob, es ist wichtig.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Wir haben einen soliden Lead in der Swiss-China Connection. Sieht aus wie der Durchbruch.«
    Er musterte sie misstrauisch, dann griff er wieder zum Sandwich und fragte mürrisch: »Hat sich dieser Li gemeldet?«
    »Besser.«
    Sie berichtete, so kurz und präzise sie konnte, vom überraschenden Anruf aus Zürich. Während sie sprach, hörte er auf zu kauen. Er schob das ölige Brot beiseite und hing an ihren Lippen wie das Fernsehpublikum bei Oprah.
    »Wir holen ihn sofort da raus mit unserm Jet«, rief er, nachdem sie geendet hatte.
    Es klang, als müsste er seinen Mann aus einer Kriegszone retten. Vielleicht war das nicht einmal übertrieben. Er hatte den Hörer schon in der Hand und sprach mit der Einsatzleitung, den allmächtigen Herrschern über die zivile Flotte der NSA.
    »Geht mich einen feuchten Kehricht an. Ich brauche den Jet jetzt sofort!«, brüllte er ins Telefon. Zur Bekräftigung haute er die Faust auf den Tisch, dass sein Sandwich aus dem Teller sprang. »Das ist ein verdammter Notfall. Unser Zeuge ist mausetot, wenn ihr nicht augenblicklich spurt. Wollt ihr, dass ich das dem verfluchten Admiral berichte?«
    Alex vermutete, dass der Nervenkrieg nicht länger als drei Minuten dauern würde, und sie behielt recht. Bob knallte den Hörer hin, nachdem er sich mit dem Spruch verabschiedet hatte, den sie gut kannte:
    »Alles Weitere von Alex.«
     
    Zürich
     
    Eine Stunde, nachdem Danny die Journalistin angerufen hatte, klingelte sein Telefon. Er war irgendwo an der Limmat unterwegs. Keine zehn Minuten hielt es ihn mehr in seinem Zimmer. Auch er gehörte jetzt zu der immer größer werdenden Gruppe der Menschen mit paranoidem Lebensstil, die er stets verachtet hatte. Das Display zeigte keine Nummer.
    »Hallo?«, meldete er sich vorsichtig auf Englisch.
    »Danny?«
    Die Journalistin. Er atmete auf und antwortete in seiner Sprache: »Shì de.« – »Ja.«
    »Können wir reden?«
    »Ja.«
    »Packen Sie Ihre Sachen und fahren Sie zum Flughafen, sofort. Wir haben ein Ticket auf Ihren Namen reserviert. Ihr Flug mit ›Swiss‹ geht um 20:25 Uhr nach London City. Dort wird Sie ein Kollege erwarten und zu unserm Jet bringen. Der Name ist Dr. Ryan Cole. Haben Sie das?«
    »Ja – aber ...«
    »Sie müssen sofort los«, unterbrach sie ungeduldig.
    Damit hatte er nicht gerechnet. Die Journalistin machte gewaltig Druck. Sie witterte offenbar eine gute Story. Und sie hatte verstanden, dass er in Zürich nicht mehr sicher war. »Gut, ja – alles klar«, antwortete er. »Wie erkenne ich diesen Dr. Cole?«
    »Er wartet am Ausgang mit einer Tafel. Viel Glück!«
    Das brauchte er. Froh, endlich ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen, kramte er den zerknitterten Stadtplan aus der Tasche und suchte den kürzesten Weg zum Hotel. Nicht einmal zwei Stunden bis zum Abflug. Sehr knapp, aber dank der ausgezeichneten Bahnverbindung müsste er es schaffen.
    Der Schock traf ihn in dem Augenblick, als er das Schild des Hotels am Ende der Gasse erblickte. »Verflucht, ich Idiot!«, zischte er zwischen den Zähnen. Ein Schwall heißen Blutes stieg ihm in den Kopf. Wütend schlug er sich an die Stirn. Wie kann man nur so blöd sein!, dachte er verzweifelt. Aber es war zu spät. Er hatte die ganze Zeit sein Telefon benutzt, das ihm die Firma großzügig zur Verfügung stellte. Wenn die es abhören wollten... Er wagte den Gedanken nicht zu Ende zu denken.
    Die Dame an der Rezeption schaute ihn verwundert an. »Sie wollen uns schon verlassen?«, fragte sie besorgt. »War etwas nicht zu Ihrer Zufriedenheit?«
    Danny beobachtete nervös den Eingang. »Nein, alles in Ordnung«, antwortete er zerstreut. »Entschuldigen Sie, ich hab’s eilig.«
    Es dauerte unerträglich lange, bis er endlich die Quittung der Kreditkartenzahlung in der Hand hielt. Er steckte sie zerknüllt in den Rucksack, schwang ihn auf den Rücken und eilte ohne ein weiteres Wort zur Tür. Bis jetzt war keiner von Lis Gorillas aufgetaucht. Er schöpfte Hoffnung. Die Glastür erlaubte einen Blick auf die Gasse und einen Teil der belebten Sihlstraße. Zu spät sah er die bullige Gestalt um die Ecke biegen. Tony entdeckte

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