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Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)

Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)

Titel: Im Wettstreit der Gefühle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ester D. Jones
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eine vor dem Stall auf ihren Reiter wartende Stute und galoppierte davon.

 
    10. Kapitel
    „Das ist Sigleß. Das ist dein neues Zuhause.“
    In Liams Stimme lag unverhohlener Stolz, der Erin zum Lächeln brachte. Er wirkte wie ein kleiner Junge, der seinen Freunden sein neues Spielzeug präsentierte. Seine Aufregung sprang auf sie über. Ihr neugieriger Blick folgte Liams ausgestrecktem Arm.
    Sie war enttäuscht.
    Aus der Ferne erschien die Festung auf dem halben Weg von ihrem Standpunkt und dem Tal grau und feindselig, wie sie ähnlich einer bösartigen Spinne auf ihrem felsigen Hügel über dem Dorf hockte. Niedrige Steinhäuser schmiegten sich an den Berg, während unzählige, schmale Wege das Dorf durchzogen wie feine Adern. Farblos, nicht heimelig und furchteinflößend: das waren die Worte, die ihr in den Sinn kamen. Panik und Fluchtgedanken drohten sie zu übermannen. Dabei handelte es sich eindeutig nicht um die Gefühle, die sie mit ihrer neuen Heimat verbinden wollte.
    Sie versuchte ihre Ängste zu unterdrücken. Die Witterungsbedingungen machten es ihr leicht.
    Plötzlich wanderte die drückende Wolkendecke weiter, und der Sonnenschein veränderte alles. Die Umgebung schien sich in eine andere Welt zu verwandeln. Die Wände wirkten plötzlich viel heller. Das galt auch für die Mauer, die den unteren Teil des zweistöckigen Gebäudes vor Blicken schützte.
    Sigleß war in der Form eines Vierkanthofes aufgebaut. Das hatte Liam ihr bereits auf dem Weg hierher erzählt. Nun konnte sie im Hintergrund saftig grüne Wiesen und Felder entdecken. Obwohl im Augenblick nur wenige Blumen blühten, konnte sie trotzdem erkennen, wie viel Potential in dem Besitz steckte. Sie verstand, weshalb Liams Herz daran hing. Sie könnte ihres ebenfalls daran verlieren. Eine sanfte Brise bewegte die Pflanzen, als würden sie sie willkommen heißen.
    „Gefällt es dir?“
    Sie wandte sich zu ihrem zukünftigen Mann und nickte ergriffen.
    Liam lächelte. „Das freut mich.“ Er bemerkte die dunklen Ringe unter ihren Augen. „Wir haben es bald geschafft.“
    Erin lächelte. Sie war froh, dass sie sich bald ausruhen können würde. Die Reise hatte sie mehr angestrengt, als sie Liam gegenüber zugeben wollte. Aus Rücksicht darauf, dass Erin schnell erschöpfte, waren sie nur langsam geritten und hatten sechs Tage nach Sigleß gebraucht. Liams Männer hatten über diese Verzögerung nicht glücklich gewirkt. Doch immerhin war die Rückkehr in ihr neues Zuhause nun nicht mehr fern.
    Nachts hatten sie unter freiem Himmel geschlafen, nur in dicke Decken gewickelt. Liam hatte neben ihr gelegen und sie mit seinem Körper gewärmt. Erin vermisste Liams Küsse. Sie tröstete sich mit der Aussicht, ein Leben lang Zeit zu haben, um mehr als genug Küsse auszutauschen. Erins Blick wanderte zu Liam.
    „Was werden meine Pflichten als deine Frau sein?“ erkundigte sie sich beiläufig, während sie ihren Weg fortsetzten. Sie konnte sich ihr Leben an seiner Seite noch immer nicht vorstellen.
    „Du wirst nicht viele Aufgaben haben. Für die Haushaltsführung habe ich eine Frau angestellt, und es gibt genug Dienstboten, die die Gebäude in Schuss halten. Nur wenn hoher Besuch erwartet wird, musst du anwesend sein. Genaueres werde ich dir erklären, wenn es so weit ist.“
    Erin runzelte die Stirn. „Was soll ich dann den ganzen Tag tun?“
    „Der Garten müsste besser gepflegt werden. Er ist ziemlich groß und wird langsam unansehnlich. Dieser Aufgabe kannst du dich widmen. Vielleicht bringst du ihn mit denen Zauberhänden zum Blühen“, überlegte er mit einem Lächeln.
    Es klang nicht nach einer herausfordernden Beschäftigung. Bei Gärtnerarbeiten handelte sich nicht um das, was sie sich für ihren Lebensinhalt vorgestellt hatte. Unter Umständen konnte sie ihre gestalterische Freiheit jedoch auf das Haus ausweiten.
    Die letzte Nacht hatte sie unruhig geschlafen. Ob sie sich in Liams Zuhause wohl fühlen würde? Wie würden die Leute auf sie reagieren? Ihre zappelige Neugierde hatte sich im Laufe des Tages auf ihr Pferd übertragen. Nun musste sie darauf achten, dass das Pferd nicht ins Straucheln geriet, als sie einen schmalen Pfad hinab ins Tal ritten.
    Der Weg war voller Gestein, das bei jeder Berührung durch die Hufe der Tiere in die Tiefe stürzte. Plötzlich rutschte Erins Pferd vorwärts, und nur Liams starke Hand, die in die Zügel griff, verhinderte Schlimmeres. Erin hielt ängstlich die Luft an, bis sie die Talsohle erreicht

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