Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
Bettes. Sie versuchte erfolglos einzuschlafen. Doch sie kam nicht zur Ruhe. In den vergangenen Wochen hatte Edwolf seinen Druck auf sie verstärkt, endlich die Annullierung ihrer Ehe mit Liam zu veranlassen. Erin war sogar bereit in Betracht zu ziehen, Liam um das Geld zu bitten, um Edwolfs Schulden zu begleichen. Wenn Liam so viel Geld überhaupt auftreiben konnte. Und natürlich durfte sie ihrem Bruder nicht verraten, von wem sie es halten hatte oder um wen es sich bei dem ‚schottischen Bauerntrampel‘ tatsächlich handelte. Ihr Bruder hatte behauptet, er würde sich darum kümmern, von irgendwoher den Betrag aufzutreiben, den er benötigte, um seine Gläubiger zumindest vorübergehend zu besänftigen. Vielleicht rechte die Hälfte der Schuldenhöhe.
Seit sie gemerkt hatte, dass ihr Zusammenleben mit Edwolf nicht im Geringsten den Vorstellungen entsprach, die sie sich gemacht hatte, kreisten ihre Gedanken immer öfter um die Möglichkeit, ins Waisenhaus zurückzukehren. Doch ihr Bruder würde sie zurückholen und Liam würde sie aufsuchen. Sie vermisste vielleicht Sigleß. Sie wollte allerdings nicht mit Liam zusammenleben. Und das würde er von ihr verlangen. Oder machte sie sich etwas vor? Hatte er sie längst vergessen?
Plötzlich hörte sie ein Geräusch am Fenster. Sie setzte sich erschrocken im Bett auf. Wieder ertönte das Klopfen.
Erin schlug die Bettdecke zurück und schlüpfte in ihre Pantoffeln. Zögernd trat sie ans Fenster. Da sie nichts in der Dunkelheit erkennen konnte, war sie einen Moment unsicher. Ihr Zimmer befand sich im dritten Stock! Hier konnte niemand so leicht hochklettern. Vielleicht saß eine der Katzen des Schlosses draußen und jammerte, weil es fror.
Schließlich öffnete sie das Fenster einen schmalen Spalt. Doch plötzlich wurde es einfach aufgedrückt, und jemand schlüpfte ins Zimmer.
Erin konnte im Dämmerlicht ihres Zimmers nichts erkennen. Erschrocken hielt sie sich die Hand vor den Mund. Was sollte sie bloß tun? Niemand würde sie hören, wenn sie um Hilfe rief. Sie war ganz allein im Schloss, nachdem sich Edwolf wieder einmal auf Reisen befand und erst in zwei Wochen zurückkommen würde. Das Dienstpersonal wohnte in einem weit entfernten Trakt oder außerhalb des Schlosses. Ihrer Zofe Iris hatte sie heute Abend deren Verlobten besuchen lassen.
Angst schnürte ihr die Kehle zu, sodass sie ohnehin nicht mehr als ein panisches Keuchen hervorbrachte. Wer war der Eindringling? Was wollte er von ihr? Wollte er ihr etwas antun, sie vielleicht sogar töten? Wieso setzte er seinen Plan nicht in die Tat um?
Als die Person leise ihren Namen flüsterte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Ein gleichzeitig ängstlicher und freudiger Schauer. Diese Stimme würde sie immer und überall wiedererkennen. Bei dem Einbrecher handelte es sich um Liam MacNeal!
Die Lampe auf dem Fenstersims wurde angezündet, und sie blickte ihrem Widersacher in die Augen. Erin hatte tatsächlich angenommen, dass sie ihn nie mehr sehen würde. Sein Erscheinungsbild jagte ihr jedoch mehr Angst ein, als es sein unerwartetes Auftauchen tat. Sein Haar, auf dessen akkuraten Schnitt er sonst so viel Wert legte, reichte ihm jetzt bis zu den beinahe irr funkelnden Augen mit den dunklen Ringen. Auf den eingefallenen Wangen konnte sie den Schatten von schlecht rasierten Bartstoppeln erkennen. Obwohl seine Muskeln immer noch die Kleidung spannten, machte er einen ausgemergelten Eindruck.
Plötzlich wurde ihr klar, an wen Liam sie erinnerte: an den gefallenen Engel, der die Hölle in Besitz genommen hatte. Sie wich entsetzt vor ihm zurück, bis sie rückwärts auf ihr Bett stolperte.
„Wo willst du denn hin?“ fragte er mit einem dunklen Lachen in der Stimme. „Ah, wie ich sehe, hegst du dieselben Wünsche wie ich.“ Und schon warf er sich schwer auf sie. „Es hat ein paar Tage Beobachtung gedauert, bis ich in diesem riesigen Schloss dein Zimmer gefunden habe. Ich denke jetzt schon, es war die Mühe wert. Egal wo du dich aufhältst, ich werde dich finden.“
Sein Gewicht auf ihrem Körper weckte angenehme Erinnerungen, doch dieses Gefühl konnte sie nicht brauchen. Nicht wenn sie ihm derart ausgeliefert war. Erin begann sich gegen seine Vereinnahmung zu wehren und trat nach ihm. „Lass mich los, du elender Lügner. Hast du mich nicht schon genug verletzt?“
Liam blickte sie an. „Ich wollte dir nie wehtun.“ Erin las Ehrlichkeit und Betroffenheit in seinen Augen.
Nein, sie würde nicht auf ihn
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