Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
nicht wusste, um wen es sich bei ihrem Ehemann handelte, und war froh, dass er die Wahrheit nicht ahnte. Wozu wäre ihr Bruder wohl in der Lage, wenn er herausfand, dass sein ungeliebter Schwager der mächtigste Clanführer in den Highlands war? Erin war davon überzeugt, dass er sie ohne mit der Wimper zu zucken an Liam verschachern würde. Er würde sie ohne zu zögern zu ihrem Ehemann schicken, egal was sie davon dachte.
„Wieso muss ich mich opfern, Edwolf?“ verlangte sie zu wissen. „Weshalb suchst du dir keine reiche Ehefrau?“
„Das ist kompliziert“, antwortete Edwolf und ließ von ihr ab.
Erin hob die Augenbrauen. „Komplizierter als mich zu einer Annullierung meiner Ehe zu zwingen und mich neuerlich auf den Heiratsmarkt zu werfen?“
Edwolf packte neuerlich mit schmerzhaftem Griff ihren Oberarm. „Stell meine Entscheidung nicht in Frage.“
Sie war wütend. Doch sie beschloss, ihm eine Gelegenheit zu geben, seine abscheuliche Äußerung wiedergut zu machen. „Erklär es mir trotzdem.“
„Keine Familie würde für ihre Tochter einen derartigen Betrag als Mitgift zur Verfügung stellen. Eine Eheschließung meinerseits löst mein Problem nicht. Nicht annähernd. Nicht einmal kurzfristig.“
„Aber dir muss klar sein, dass ich als beschädigte Ware keinen Ehemann finden werde“, rief Erin.
„Nach einer Annullierung ist dein Ruf widerhergestellt. Du bist schließlich immer noch Jungfrau.“
Erin versuchte angesichts seiner direkten Wortwahl ein Erröten zu unterdrücken. „Deine Freunde werden mir nicht glauben. Thomas hat mich bereits mit der Bezeichnung Schottenhure bedacht, als er mir das Angebot unterbreitete, mein erkaltetes Bett zu wärmen.“
Nun verunzierte echte Wut Edwolfs Gesicht. „Ich verstehe! Diese Unverschämtheit wird Folgen haben. … Aber es gibt andere Heiratskandidaten, Elisabeth. Andere Möglichkeiten für dich, dein Glück zu finden.“
„Selbst wenn ich mein Glück von einem Mann abhängig machen würde – was ich nicht tue –, dann musst du immer noch in Betracht ziehen, dass ich bei deinen Freunden als unzivilisierte Schottin gelte. Auch wenn es sich bei mir von Geburtswegen um die Tochter eines englischen Earls handelt, so bin ich doch in Schottland aufgewachsen. Man gibt mir deutlich zu spüren, dass man mich für minderwertig hält.“
Edwolfs Blick war eine Mischung aus Mitgefühl, Ärger und Frustration. „Wir werden diesen … diesen Makel ausmerzen. Du kannst Unterricht nehmen, höfische Benimmregeln lernen, dich anpassen …“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, das wird nicht reichen, Edwolf.“
„Es muss“, widersprach Edwolf mit Inbrunst. Dann runzelte er die Stirn. „Dein Ehemann … Welchen Beruf übt er aus? Ist er ein Krieger, ein wichtiger Mann in seinem Clan? Besitzt er Einfluss?“
„Er ist ein schottischer Bauerntrampel, wie du vermutet hast“, erwiderte Erin rasch. „Die einzige Macht, die er hat, ist die, die er auf mich auszuüben glaubt.“
Ihr Bruder wirkte enttäuscht. „Wir sollten mit ihm Kontakt aufnehmen und endlich die Annullierung in die Wege leiten.“
„Nein!“ rief Erin.
Ihr Ausbruch überraschte Erin und ihren Bruder gleichermaßen. „Wieso noch immer nicht?“
„Ich bin noch nicht bereit, dieses Kapitel abzuschließen.“ Sie konnte nicht zulassen, dass Edwolf diese Verbindung trennte. Selbst wenn sie keine Ehe mit Liam führen wollte, stellte Liam vielleicht irgendwann die einzige Möglichkeit dar, ihr Familienerbe zu retten. „Gib mir etwas Zeit.“
„Die habe ich nicht“, murmelte Edwolf und wandte sich ab. Mit düsterem Blick starrte er in das Kaminfeuer.
Sie floh in ihr Zimmer und schloss sich ein. Dass sie verletzlich und den Tränen nahe war, ärgerte sie. Sie fühlte sich von ihrem eigenen Bruder verraten. Für ihn bedeutete sie nicht mehr als eine Möglichkeit, seine Schulden zu begleichen. Wie hatte sie nur glauben können, dass sie irgendjemandem etwas bedeutete? Wieso sollte irgendjemand ihr gegenüber Ehrgefühl zeigen?
Erin war so einsam. Sie vermisste das Waisenhaus und Anne. Überraschenderweise vermisste sie sogar Sigleß und … Vehement schüttelte sie den Kopf. Dieser Gedanke kam nicht in Frage.
Mit zusammengekniffenen Augen starrte sie aus dem Fenster und straffte die Schultern. Sie würde einen Weg finden, mit der Situation umzugehen. Sie würde Stärke zeigen. Und sie würde glücklich werden.
20. Kapitel
Gedankenverloren starrte Erin an den Himmel ihres
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