Im wilden Meer der Leidenschaft
Señora?“
Bevor Bianca antworten konnte, öffnete Balthazar die Augen und knurrte: „Nein, ich bin nicht tot, Mendoza. Mein Fell ist dick genug, um mir von einer so schlecht geführten, stumpfen Klinge nichts anhaben zu lassen.“
„So stumpf nun auch wieder nicht“, sagte Bianca und hob ihre zusammengeknüllte Schürze hoch, um sich die Wunde genauer anzusehen. „Ihr habt viel Blut verloren. Ihr hattet Glück, dass der Mann so schlecht gezielt hat, Kapitän Grattiano, sonst müsste ich nun eine Leiche aus meiner Taverne hinausschaffen.“
Er starrte sie mit seinem scharfen, ruhigen Blick aus seinen grünen Augen an, als versuche er, ihre Seele zu ergründen. „Woher kennt Ihr meinen Namen?“
Bianca schenkte ihm keine Beachtung. Sie riss sich von seinem Blick los und legte seinen Kopf vorsichtig auf den Schoß ihres grauen Wollrocks. Die Schürze war nun blutgetränkt, und Delores schluchzte so laut, dass Bianca keinen klaren Gedanken fassen konnte.
„Delores, sei endlich still!“, schimpfte sie. „Bring mir Wasser und saubere Tücher für einen Verband. Und zwar sofort! Und Ihr … Mendoza, ja?“
Der bärtige Mann nickte. „Ich bin der Quartiermeister der Calypso .“
„Mendoza, wie konnte das passieren? Meine Taverne ist gewöhnlich ein friedlicher Ort. Der Gouverneur hat nichts für Unruhestifter übrig.“
Balthazar antwortete mit vor unterdrücktem Schmerz rauer und angespannter Stimme. „Der Mann, der mich angegriffen hat, heißt Diego Escobar. Er hatte geschworen, mich zu finden, und nun ist es geschehen. Ich war ein Narr, auch nur einen Moment nicht auf der Hut zu sein.“
„Ich hatte doch gesagt, wir sollten lieber auf dem Schiff bleiben, Kapitän“, sagte Mendoza unwirsch.
„Wir sind nun schon seit Wochen auf diesem verdammten Schiff gewesen“, entgegnete Balthazar. „Und wie die Señora schon sagte, ist ihr Wirtshaus normalerweise ein friedlicher Ort.“
„Bis Ihr kamt“, antwortete Bianca.
„Wir werden alle Schäden begleichen.“
„Oh ja, das werdet ihr. Genauso wie Ihr alle Getränke bezahlen werdet“, sagte Bianca. Delores kam mit Stofftüchern und einer Schüssel Wasser zurück, und Bianca entfernte die blutgetränkte Schürze. Die Blutung schien etwas nachgelassen zu haben, und der Riss in Balthazars Hemd war dunkelbraun gefärbt und verkrustet.
Balthazar blickte seine Männer, die um ihn herum standen, durchdringend an. „Und warum, wenn ich fragen darf, habt ihr den Schuft laufen lassen?“
„Wir dachten, Ihr seid tot, Kapitän“, sagte einer von ihnen.
„Oh, und in dem Fall habt ihr es also nicht für nötig gehalten, meinen Mörder zu stellen“, bemerkte Balthazar. Bianca glaubte, trotz seiner Schmerzen einen Anflug von trockenem Humor in seiner Stimme zu hören. „Ich wäre ja ohnehin nicht mehr dagewesen, um seine Verurteilung zu erleben.“
Ein anderer Mann warf den Mantel des Attentäters beiseite. „Er ist einfach verschwunden, Kapitän! Wie eine Rauchwolke. Genau wie letztes Mal …“
„Vielleicht hat der Mann tatsächlich magische Kräfte“, murmelte Balthazar. Bianca begann, die Ränder seiner Wunde mit einem nassen Tuch zu reinigen, und er fuhr mit einem Schmerzensschrei auf. „Verdammt, passt doch auf! Wollt Ihr mich auch umbringen?“
„Ich versuche bloß, Euch zu helfen“, sagte Bianca und zog ihn wieder zurück. Als sein Kopf erneut in ihrem Schoß lag, fiel eine lange Strähne seines seidig glatten Haars über ihre Hand. „Trotz der Umstände, die Ihr mir verursacht. In diesem Klima entzündet sich eine Wunde schnell, wenn sie nicht gereinigt und verbunden wird.“
Sie warf einen Blick auf den Boden unter ihnen, der von Rum und Sand verdreckt war. Diese giftige Mischung würde ihn genauso schnell umbringen wie ein schwertschwingender Verrückter. Und aus einem ihr selbst unerfindlichen Grund war Bianca nicht dazu bereit, ihn so schnell sterben zu sehen.
Jedenfalls nicht, bevor er ihr einige Antworten geben konnte.
„Helft mir, ihn heraufzutragen“, wies sie die Männer an. „Ich kann die Wunde oben besser behandeln.“
Sie zögerten und blickten auf ihren Kapitän, um ihre Anweisungen zu erhalten. Balthazar hingegen sah Bianca prüfend an, als suche auch er Antworten. Schließlich nickte er. „Macht, was sie sagt“, befahl er. „Und dann seht zu, dass ihr zurück zum Schiff kommt, damit dieser Schuft nicht auch dort noch Unheil anrichten kann.“
„Aber Kapitän“, protestierte Mendoza, „sollten wir nicht hier
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