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Im wilden Meer der Leidenschaft

Im wilden Meer der Leidenschaft

Titel: Im wilden Meer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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ein ganz gewöhnliches Liebespaar sein?
    Aber sosehr sie auch versuchte, die Wirklichkeit zu verdrängen, so kehrten ihre Gedanken doch unausweichlich in die Vergangenheit zurück.
    „Wie ist dein Vater gestorben?“, murmelte sie.
    Balthazar hielt inne. Er löste sich von ihr und rollte sich auf den Rücken. Bianca erschauerte plötzlich und zog sich die Decke über ihren nackten Körper.
    „Er wurde erschossen“, erwiderte Balthazar tonlos. „Mit Pfeil und Bogen.“
    „Pfeil und Bogen?“ Sie war sich nicht sicher, ob sie richtig gehört hatte.
    Er lachte ein raues, bitteres Lachen. „Keine Waffe, die einem Edelmann geziemt, ich weiß. Das jedenfalls hat mir mein Vater immer vorgehalten, wenn er mich im Innenhof mit Zielscheiben üben sah. Er hat dann spöttisch gelacht und mich einen verdammten Bauern und einen Bastard genannt.“
    „Ich wette, am Ende war ihm das Lachen vergangen“, erwiderte Bianca.
    „Allerdings. Und selbst wenn der Pfeil ihn nicht umgebracht hätte, dann hätte das Gift schnell seine Wirkung getan.“ Nach einer Pause fuhr er fort: „Gift. Was wiederum eine angemessene Waffe für einen Edelmann ist.“
    Ohne ein weiteres Wort stand er auf, und als sie über ihre Schulter blickte, sah sie, dass er nach seinen Kleidern auf dem Stuhl griff. Er zog sich das Hemd über den Kopf und verzog keine Miene, als der zerknitterte Stoff über seine verwundete Schulter glitt.
    Er wollte offensichtlich nicht weiter über seinen Vater reden, obwohl Bianca noch immer tausend Fragen auf der Zunge lagen. Fragen, die sie nicht losließen und auf die sie unbedingt eine Antwort brauchte! Jahrelang hatte sie Balthazar dafür gehasst, dass er ein Grattiano war, dass er einerseits vorgetäuscht hatte, ihr Freund zu sein, doch gleichzeitig zuließ, dass sein Vater ihr Leben ruinierte.
    Oder hatte sie ihn dafür gehasst, dass ihre kindischen Fantastereien, ihre törichten Träume nicht in Erfüllung gegangen waren?
    Balthazar mochte ein verwöhnter Patrizier, ein zornerfüllter junger Mann voller dunkler Geheimnisse und ein Herzensbrecher gewesen sein, doch sie hätte es ihm nicht zugetraut, einen kaltblütigen Mord zu begehen. Natürlich konnte sie sich vorstellen, dass er einen Feind im Zweikampf tötete, aber das war etwas anderes, als seinen Vater mit einem Pfeil umzubringen …
    Irgendetwas Schreckliches musste diese Tat ausgelöst haben, musste ihn dazu gebracht haben, dieses Verbrechen zu begehen. Und Bianca musste sich eingestehen, dass sie keine Spur Mitleid für Ermano empfand. Sie war froh, dass er tot war, egal, wie es dazu gekommen war.
    Und doch wusste sie nicht, wie sie auf Balthazars Offenbarungen reagieren sollte. Zu lange waren sie durch die Umstände des Lebens und die harten Zeiten, die jeder von ihnen durchlebt hatte, getrennt gewesen. Und keiner von beiden hatte sich jemals leicht anderen gegenüber öffnen können, um über seine tiefsten Gefühle zu reden. Sie hatte keine Ahnung, wie sie diesen Abgrund zwischen ihnen überbrücken konnte, und zugleich gab es nichts, was sie sich sehnlicher wünschte.
    Eingehüllt in ein Laken, das ihre nackten Brüste bedeckte, setzte Bianca sich auf und sah ihm beim Ankleiden zu. Seine Bewegungen waren schnell, voller Anmut und Grazie, als er seine Hose zuschnürte und nach seinen Stiefeln griff. Auch er schien die Distanz zwischen ihnen zu spüren, die trotz der kleinen Kammer, trotz des noch immer in der Luft hängenden salzigen Geruchs von Schweiß und Liebe, zwischen ihnen herrschte.
    „Wohin wirst du nun segeln?“, fragte sie ihn. „Zurück nach Venedig?“
    Er schüttelte den Kopf und fuhr sich durch seine zerzausten Haare. „Nein, dort war ich schon seit Jahren nicht mehr.“
    Bedeutete das, dass er seit dem Tod seines Vaters nicht mehr dort gewesen war? Seit er seine Reichtümer aufgegeben hatte? Vielleicht hatten auch ihn Gewalt und Blutvergießen vertrieben.
    „Fährst du denn überhaupt nicht mehr hin?“ Sie stand auf und drapierte das Bettlaken um sich. Dann griff sie nach dem Kamm auf ihrem Tisch, zog freundlich, aber bestimmt seine Hand beiseite und machte sich daran, mit den Schildpattzacken seine langen Strähnen zu entwirren. Er erstarrte, aber ließ sie gewähren.
    „Um die Geschäfte in Venedig kümmert sich jetzt mein Bruder“, erwiderte er kurz angebunden. „Das ist nicht mehr mein Problem.“
    Natürlich, der geheimnisvolle Bruder. Noch ein Rätsel, dem sie gern auf den Grund gehen würde. Bianca zog vorsichtig den Kamm

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