Im Wirbel der Gefuehle
Kontrahenten.
Theodore schrie vor Wut und Schmerz auf. Während er nach hinten umfiel, hielt er sich mit seiner freien Hand seitlich seinen Hals. Christien zog sein Rapier mit einem Ruck zurück und trat einen Schritt beiseite, um sich wieder in Verteidigungsposition zu bringen.
Gavin trat mit gezogenem Degen in der Hand nach vorne und stellte sich wie ein Bollwerk zwischen Christien und seinen am Boden liegenden Gegner, auf den er mit strenger Miene herabblickte. »Sind Sie nun zufrieden, Monsieur Pingre?«
Seine Augen funkelnden vor Mordlust, und obwohl sein blütenweißer Kragen sich bereits rot verfärbte, sich vollsaugte und das Blut den Hemdsärmel hinunterlief, die Hand entlang auf seinen Degen tropfte, den er immer noch fest umklammert hielt, wollte er diese Frage nicht bejahen, so viel war klar. Er konnte es weder verwinden, dass er einfach nicht gut genug war, diesen Zweikampf siegreich zu beenden, aber auch die
Größe, sich ehrenvoll geschlagen zu geben, hatte er beileibe nicht.
»Ich bin zufrieden«, presste er zähneknirschend hervor.
Christien wartete darauf, dass er sich wieder entspannen würde, doch seine Muskeln blieben verkrampft. Sein Rücken war steif und seine Bewegungen ungelenk, als er sich langsam umdrehte und den Kampfplatz verließ.
Theodore röchelte vor sich hin, doch plötzlich wurde daraus ein Aufbrüllen, und er sprang hoch, um sich erneut auf seinen Gegner zu stürzen. Christien wirbelte herum und blickte in das vor Wut verzerrte Gesicht des jungen Pingre, der blutbesudelt mit erhobenem Degen auf ihn zustürzte. Sich über alle ungeschriebenen Gesetze des Zweikampfes hinwegsetzend, unternahm er einen letzten verzweifelten Versuch, seinen Todfeind niederzumachen, auch wenn ihm eigentlich klar sein musste, dass er Christien nicht mehr erwischen würde.
Dieser hatte zwar seine Klinge rechtzeitig wieder in Position gebracht, doch das war gar nicht nötig gewesen.
Der regelwidrige Angriff wurde von einer Wand aus Stahl abgefangen. Die Klingen von Caid, Gavin, Nicholas und Rio klirrten, als sie ihre Degen zum Schutze ihres Freundes kreuzten und Theodores Schlag mühelos abwehrten. Das Echo des aufeinanderprallenden Eisens erfüllte die Luft. Die Waffe des ruchlosen Angreifers wurde zwischen den sich überschneidenden Klingen der Verteidiger eingekeilt. Auf diese Weise drängten sie ihn zurück, weg von Christien.
Als Theodore schließlich rückwärtsstolperte, entriss ihm Gavin, kurz bevor er fiel mit einer geschickten
Drehung das kostbare Rapier. Der Gedemütigte krabbelte hinfort und brachte sich vor den ihn bedrohenden Mitgliedern der Bruderschaft in Sicherheit. Gavin nutzte die Gelegenheit und warf das gerettete Rapier in Richtung Christien, damit sein Gegner es nicht wieder zu fassen bekam. Es landete im feuchten Gras, direkt vor Christiens Füßen, rollte noch kurz hin und her und blieb dann liegen. Die Strahlen der Morgensonne reflektierend, erstrahlte es in seiner tödlichen Schönheit.
Christien blickte es eine Weile an und sah dann in die Richtung, in der Reines Ehemann eben noch fluchend und blutend am Boden gelegen hatte.
Theodore war jedoch schon auf und davon.
Er rannte, so schnell er konnte, durch den Wald, zurück zur Hütte seiner Kindheit, dort, wo seine alte Amme Demeter auf ihn wartete, wo sein Land und sein Familiensitz lagen. Nicht nur das, er entschwand auch in die Richtung, in der er vermutlich ein kleines Kind in seinen Fängen hielt, es weggesperrt hatte.
Er rannte zu Marguerite.
Vierundzwanzigstes Kapitel
Auf River’s Edge herrschte Totenstille. Die Männer hatten die Plantage noch vor Morgengrauen verlassen, ohne Frühstück und ohne einen Abschiedsgruß. Ein Duell war normalerweise keine Sache auf Leben und Tod, wenn man es aber nun unbedingt darauf anlegte, war das eigentlich so, als ob man das Schicksal herausforderte. Diese demonstrativ an den Tag gelegte Sorglosigkeit und Gelassenheit schien hingegen jeder Vernunft zu widersprechen. Aber vielleicht war Reine auch nur verletzt, weil Christien sie zum Abschied nicht mehr geküsst hatte.
Sie konnte es nicht ertragen, daran zu denken, wohin er nun ging, was ihm dabei alles zustoßen konnte. Sie war ganz aufgelöst, verstört über sein Verhalten und gleichzeitig voller Sorge. Dabei fühlte sie sich hin- und hergerissen zwischen schrecklichen Visionen von Marguerite, die irgendwo gefesselt vor Angst und Schrecken weinte, und Theodore, der auf Christien mit einer Waffe eindrosch, während
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