Im Wirbel der Gefuehle
deine Schuld.«
Er lächelte trocken. »War es nicht? Ich habe versucht, ihm seinen Platz streitig zu machen, und ich habe alles daran gesetzt, um ihn im Namen der Gerechtigkeit aus seinem Versteck zu locken. Auch wenn ich ihm den Todesstoß nicht persönlich gegeben habe, so war ich doch das Instrument des Todes.«
»Man könnte das auch so interpretieren, dass er seinen Tod selbst verschuldet hat. Wenn ich diesbezüglich anderer Meinung gewesen wäre, hätte ich mich sicherlich auch anders verhalten ...«
»Das ist ja noch nicht das Schlimmste an der Sache.«
Sie blickte ihm fragend in die Augen, mit einem Gesichtsausdruck, der gleichsam Schrecken und innere Stärke signalisierte. »Was ... was willst du damit sagen?«
Er schaute zur Seite, unfähig, ihren Blick auszuhalten. »Ich habe kein Recht auf River’s Edge. Ich habe deinen Vater regelrecht betrogen. Damals, als ich mit ihm bis tief in die Nacht hinein Karten gespielt habe, da habe ich zwar gewonnen, doch er hätte niemals so viel riskiert, wenn ich ihn nicht dazu angestachelt hätte. Als ich ihn endlich so weit hatte und er sein ganzes Hab und Gut setzte, da habe ich ein Ass aus dem Ärmel gezogen, und alles war mein.«
»Aber ... warum?«
»Es war eine besondere Mission der Bruderschaft, wenn man so will. Vinot war sich fast hundertprozentig sicher, dass Theodore am Leben ist. Er hörte Gerüchte und glaubte, ihn auch einmal in der Gallatin Straße gesehen zu haben, obwohl er völlig entstellt war und man ihn kaum erkennen konnte. Vinot bat mich daraufhin um Hilfe, ihn aus seinem Versteck zu locken.«
»Und du hast eingewilligt.«
Irgendetwas in ihrer Stimme störte ihn. Er blickte
in ihr Gesicht und versuchte, sie zu verstehen, doch sie gab ihre Gefühle nicht preis, sie blieb verschlossen und stolz. »Ich habe ihm so viel zu verdanken«, sagte er nach einer Weile. »Er hat mich einst freundschaftlich aufgenommen, mich alles gelehrt, was ich heute weiß. Sophie, seine Tochter, war wie eine Schwester für mich. Wie konnte ich da ablehnen?«
»Ja, sicher.«
»Wenn du denkst ...«, begann er und runzelte die Stirn.
»Anscheinend hatte ich dem nichts entgegenzusetzen«, erwiderte sie. »Mir ist auch noch nie ein Mann begegnet, der so weit gehen würde, nur um eine alte Schuld zu begleichen.«
Sie schien anzunehmen, dass er sie ins Bett gelockt hatte, nur um ihren Ehemann aus der Reserve zu locken, dass es Teil seiner Strategie gewesen wäre. Einen Moment lang konnte er vor Ärger gar nichts sagen, denn er wollte es einfach nicht glauben, dass sie ihn so wenig verstand. Als er schließlich wieder Worte fand, klang seine Stimme hart und gefühllos. »Nein, das hatte damit nichts zu tun. Der Betrug beim Kartenspiel, der Heiratsantrag und das alles waren Teil des Planes, aber das andere, das nicht.«
»Du hattest aber nie wirklich vor, mich zu heiraten.«
»Es schien von Anfang an zweifelhaft, dass die Hochzeit überhaupt stattfinden würde. Dass Theodore vorher noch auftauchen würde, war so gut wie sicher.« Das beantwortete allerdings nicht die Frage, was er getan hätte, wenn ihr Ehemann nicht rechtzeitig erschienen wäre. Nicht im Geringsten.
»Dann ist ja für dich gerade noch einmal alles gut gegangen.«
»Da bin ich mir nicht so sicher ...«, fing er an.
»Das hat nun keine Bedeutung mehr. Jetzt, wo alles vorbei ist, sind wir jedenfalls besser dran als zuvor«, unterbrach sie ihn, redete aber sofort weiter, bevor er darauf eingehen konnte. »Du hast schließlich Marguerite vor dem loup-garou gerettet, und dafür müssen wir dir sehr dankbar sein.«
»Ich würde eher sagen, dass du sie gerettet hast. Wenn du nicht gewesen wärst ...«
»Bitte nicht!« Sie drehte sich schaudernd zur Seite. »Ich kann es nicht ertragen, auch nur im Entferntesten daran zu denken. Wenn ich mich nicht so gegen den Säbel gestemmt hätte ...«
»Dann hätte Theodore dir vielleicht die Kehle durchgeschnitten oder Marguerite noch schlimmer verletzt, als Chalmette euch umgerissen hat. Aber bitte denke einfach nicht daran. Verdränge den Schmerz und alles, was damit zusammenhängt, bis es nicht mehr so wehtut.«
»Machst du das so?« Sie warf ihm einen kurzen Blick über die abgewandte Schulter zu.
War dem so? Er wusste es nicht genau. Christien schüttelte nur den Kopf. »Wie geht es Marguerite? Ihre armen kleinen Hände — wird sie wieder gesund werden?« Noch nachträglich würde er diesen Pingre am liebsten erschlagen, dafür, was er der Kleinen angetan
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