Im Wirbel der Gefuehle
werde ich dich umbringen, als dich einem anderen Mann überlassen. Du gehörst mir.«
Damit schien er doch indirekt auszudrücken, dass Christien noch am Leben war, denn sonst müsste er sich ja keine Sorgen mehr um ihn als Nebenbuhler machen. Plötzlich glimmte Hoffnung in ihr auf. Das gab ihr Mut, Theodore Kontra zu geben, auch wenn er Furcht einflößend aussah, ihm vor Wut die Adern auf der Stirn hervortraten und seine Augen vor Hass sprühten.
Jemand schien etwas zu rufen, dort, draußen auf der Galerie vor den geschlossenen Läden. Dann wurde an ihnen gerüttelt und mit der Faust auf sie eingeschlagen, dass es krachte. »Reine! Mach die Tür auf! Reine!«
Paul.
Er kam nicht hinein. Diese Tür- und Fensterläden waren so robust gebaut, dass sie auch einem Hurrikan widerstehen konnten, und der rostige Riegel gab nicht nach.
Egal. Die unversehene Ankunft ihres Bruders gab ihr die nötige Kraft, um durchzuhalten. Als Theodore sich in Richtung der Klopfgeräusche wandte, duckte sie sich und rannte an ihm vorbei in Richtung Treppe.
Sie lief direkt einer Schar von Männern in die Arme, die gerade heraufgehastet kamen, finster dreinblickend und die blanken Klingen in den Fäusten. Gott sei Dank, es war Gavin Blackford und an seiner Seite der edle Nicholas Pasquale. Hinter ihnen stürmten Vinot und Caid O’Neill, während der Conde de Lerida das Schlusslicht bildete, jedoch kräftig nach vorne drückte. Der rettende Engel aus der Finsternis des unteren Stockwerkes, der in Anmut und Kraft allen voranstrahlte, war kein geringerer als Christien. Oder vielleicht war es auch nur sein Geist, denn sein Blick war tödlich und furchterregend.
Sie hielt in ihrem Lauf abrupt inne und kam taumelnd zum Stehen, während sie sich vor Freude kaum fassen konnte. Kein Wort brachte sie heraus, keinen Laut konnte sie von sich geben, so überwältigt war sie. Marguerite war es dann, die ihn schließlich lauthals begrüßte und ihre Arme nach ihm ausstreckte.
Doch jetzt war nicht der geeignete Zeitpunkt für eine traute Wiedervereinigung.
Hastig stolperte Reine wieder in den großen Salon zurück. Die Fechtmeister strömten an ihr vorbei und füllten den Raum mit ihrer kraftvollen Präsenz. Polternd bezogen sie um Reine herum Stellung, ihre Stiefelabsätze hallten durch die Fluchten des Hauses, der Boden schwankte, und der große Kandelaber unter dem Abdecktuch wackelte bedenklich hin und her. Von draußen hörte man weiterhin Paul, wie er unermüdlich gegen die geschlossenen Läden schlug.
Theodore war zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr im Raum, sondern floh, sobald er ihrer angesichtig wurde, in das vordere Schlafzimmer. Seine hastigen Schritte hallten dumpf von den alten Dielen wider.
Christien setzte ihm sofort nach. In diesem Moment schoss Reine der Gedanke an die angerichtete Verwüstung in diesem Teil des Hauses durch den Kopf und wie sie bewerkstelligt worden war.
»Der Säbel«, rief sie ihm hinterher. »Er sucht den Säbel!«
Doch es war bereits zu spät. Ein pfeifendes Geräusch durchschnitt die Luft, als Theodore aus dem vorderen Schlafzimmer wieder heraussprang und den ererbten Kavalleriesäbel über seinem Kopfkreisen lies. Er kam näher und näher, zähnefletschend und mit vor Wut verzerrtem Gesicht säbelte er links und rechts durch die Luft auf seiner wilden Suche nach einem Gegner.
Christien wich schnell wieder zurück, um sich zu sammeln und dem blinden Hauen zu entkommen. Doch dann ging er mit gezücktem Rapier gegen ihn vor, fing seine Hiebe ab. Metall krachte auf Metall, und Funken stoben davon. Doch gegen den schweren Säbel war es kaum möglich, sich zu verteidigen.
Gavin kam Christien zu Hilfe und fing Theodores Angriffe ab, und mehr noch, es gelang ihm, ihn ein Stück weit wieder zurückzudrängen. Reines Ehemann war jedoch so in Rage, dass er über sich hinauswuchs, dem Fechtmeister mit einer Drehung geschickt auswich und ihn dann erneut attackierte. Gavin schaffte es dank seiner Erfahrung gerade noch, diesen erneuten Angriff von der Seite abzuwenden.
»Mon ami«, rief Vinot dazwischen und warf Christien einen bedeutsamen Blick zu.
»Behalte ihn im Auge«, warnte ihn Caid O’Neill.
»Le diable«, entfuhr es dem Conde voller Schrecken.
Zu spät. Theodores Hauen und Stechen, sein taktiertes Vor- und Zurückweichen und seine schnellen Drehungen, die sich wie ein choreografierter Tanz zu Pauls beständigem Klopfen und Hämmern ausnahmen, führten ihn geradewegs zu Reine, die ungeschützt in der
Weitere Kostenlose Bücher