Im Wirbel der Gefuehle
recht, wie sie sich verhalten sollte. Sie atmete schließlich tief durch und Fuhr mit ihrer Arbeit fort, legte ihr Band um seine Taille und notierte die bisher genommenen Maße.
Als sie sich leicht vorbeugte, um die letzte angebrachte Markierung besser erkennen zu können, streiften einige ihrer Haare Christiens nackten Oberkörper. Seine Brustwarzen erhärteten sich zu rotbraunen Knospen. Verwundert starrte sie auf dieses ihr unbekannte Phänomen, denn sie hatte immer angenommen, nur Frauen würden auf diese Weise reagieren. Es herrschte ein Moment der Stille, und sie bemerkte, dass er kaum atmete. Sie riskierte einen flüchtigen Blick in sein Gesicht und sah den Schalk in seinen Augen und ein unterdrücktes Lachen, das sich auf seinem Gesicht ausbreiten wollte. Er sagte jedoch nichts, sondern blieb so unbewegt wie die antike Statue eines halbnackten Olympioniken.
Er war wirklich umwerfend. Seine starken und muskulösen Arme, an denen die Adern hervortraten, sein blauschwarzes, kräftiges Haar, das leicht gewellt, verwegen in seinen Nacken fiel, seine prägnante Nase und der scharf konturierte Mund verliehen ihm ein edles, überaus männliches Aussehen. Sie glaubte sogar sein Herz schlagen zu sehen, das seinen mächtigen Brustkorb veranlasste, sich regelmäßig zu heben und zu senken. Wenn sie ihre Hand genau dort, mitten auf seine nackte Brust legen würde, könnte sie sicherlich seinen Herzschlag erfühlen. Sie stellte sich vor, wie es wohl sein würde, wenn sie sich leicht vorwärtslehnte und mit ihrer Zunge seine Brustwarze kostete, ihn schmecken würde.
Eine leichte Benommenheit bemächtigte sich ihrer, die sie kaum abzuschütteln vermochte, solange sie noch seinen Duft einatmete. Er roch nach Lorbeerblättern und anderen Gewürzen, die wohl von seiner Rasierseife herrührten. Der würzige Geruch von Süßgras hingegen schien daher zu kommen, dass seine Hosen über Nacht im Schrank hingen, wo man diese Pflanze gegen Motten und andere Insekten einsetzte. Es war in jedem Fall eine Mischung aus Frischluft und glatter männlicher Haut, die von ihm ausging. Sie trat ein paar Schritte zurück, bis sie sich mit ihren Waden gegen die untere Kante des Bettes stützen konnte.
»Was ist?«, fragte er und streckte sachte seinen Arm aus, um sie am Ellenbogen zu halten.
»Nichts«, antwortete sie und zog ihren Arm zurück.
»Sie sind an so etwas nicht gewöhnt, vielleicht sollten Sie sich besser hinsetzen.«
»Ich habe heute nicht zum ersten Mal die bloße Brust eines Mannes gesehen«, bemerkte sie leicht schnippisch. Es war nämlich nicht nur die unerwartete Nacktheit, die sie irritierte, sondern vor allem die Besorgnis in seinen Augen und die Wärme seines Körpers, die sie überall umgab, einfach seine ganze maskuline Präsenz, die den ganzen Raum auszufüllen schien, mitsamt der darin enthaltenen Luft.
»Die Ihres Mannes, nehme ich an. Er wird wohl anders ausgesehen haben.«
Dies war allerdings der Fall. Im Vergleich zu Christien Lenoir wirkte Theodore wie ein schlaffes Bürschchen, das noch kaum Muskeln ausgebildet hatte. Aber daran wollte sie eigentlich nicht denken, zumindest jetzt nicht. Sie versuchte, ihren Gegenüber nur dahingehend anzusehen, damit sie endlich die korrekte Größe für dieses verfluchte Hemd berechnen konnte.
»Theodore war viel jünger«, bemerkte sie mit leichter Schärfe, »aber nicht, dass dies etwas bedeuten würde. Bitte drehen Sie sich um, damit ich meine Aufgabe zu Ende bringen kann.«
Er zögerte kurz, und seine dunklen Augen musterten ihr Gesicht. Schließlich drehte er sich auf der Stelle stehend um und präsentierte ihr seine nackten Schultern.
Es waren unglaubliche Schultern, so breit wie die hinter ihm befindlichen Schwingtüren. Seine Muskeln spannten sich unter der bronzefarbenen Haut und modellierten einen perfekten Rücken. Ihre Hände zitterten, als sie ihr Maßband an diese stummen Zeugen seiner zahlreichen Fechtstunden anlegte, um ihn von einer Schulterpartie zur anderen zu vermessen.
Sie war fasziniert von dem vielfältigen Kontrast, den man zwischen ihrer eigenen, weißen Haut und der in zahlreichen Farbtönen schimmernden von Christien ausmachen konnte. Er schien wie eine in Bronze gehauene Statue. Sie fragte sich insgeheim, ob sich dieser Farbton seines Oberkörpers auch in den Bereichen unterhalb der Gürtellinie finden lassen würde. Wie würde er sich wohl als klassisches Nacktmodell machen, so wie man sie als in Stein gemeißelte Kunstobjekte in den Salons
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