Im Wirbel der Gefuehle
gefährlich, solange wir nicht wissen, wer dich angeschossen hat«, entgegnete sie nach einer Weile.
Hatte sie sich erschrocken, weil sie um ihn besorgt war? Das würde er am liebsten annehmen, doch er konnte sich diesbezüglich nicht wirklich sicher sein. Genauso gut könnte sie auch zu den Verschwörern gehören, die ihm nach dem Leben trachteten. Eine günstige Gelegenheit, einen unwillkommenen Bräutigam loszuwerden. »Da ist schon etwas dran«, gab er zu. »Es wäre bestimmt nicht gerade sicher für eine Dame, nachts alleine auszureiten.«
Ihr Blick wanderte an ihm vorbei und richtete sich auf die Bäume am Rande der Lichtung.
»Ja, das ist nicht sehr ratsam.«
»Ich kann mir sowieso kaum einen Grund vorstellen, der eine Frau nach Einbruch der Dunkelheit dazu verleiten könnte, noch hinauszugehen«, fuhr er in grimmigem Ton fort. »Es müsste schon etwas Lebenswichtiges sein.«
Ihre Lippen öffneten sich leicht, so als ob sie antworten wollte, doch die Worte blieben unausgesprochen.
Ihre Aufmerksamkeit richtete sich plötzlich ganz auf den Waldsaum. Sie beschattete ihre Augen mit einer Hand und griff automatisch nach seinem Arm.
Einen Augenblick lang dachte er, es wäre ein Ablenkungsmanöver, doch dann sah er, wie die Farbe aus ihrem Gesicht wich und ihre Lippen nur noch bläulich schimmerten. »Was ist?«, fragte er besorgt und schloss seine Hand um ihre kalten Finger, die in seinen Arm gekrallt waren.
»Dort«, flüsterte sie kaum hörbar. »Da ist jemand im Wald.«
Er drehte seinen Kopf in die angezeigte Richtung. Auf der Wiese sah er nicht weit von ihrem Picknickplatz entfernt Marguerite, wie sie mit ausgebreiteten Röcken am Boden hockte und nach irgendetwas im Boden stocherte, während der neben ihr stehende Chalmette die Umrisse einer Person am Waldesrand aufmerksam beobachtete und mit seiner feinen Schnauze Witterung aufzunehmen versuchte. Christien blickte angestrengt, aber auch so beiläufig wie möglich, in die gleiche Richtung wie der Hund, der zudem ein tiefes Knurren vernehmen ließ.
Mehr als einen vagen Schatten zwischen den Bäumen konnte er jedoch kaum erkennen. Nach einiger Zeit verschmolz der heimliche Beobachter mit den ihn umgebenden Büschen, Sträuchern und Weinreben in den Tiefen des Waldes.
»Demeter«, seufzte Reine erleichtert und ließ Christiens Arm wieder los. »Sie muss es gewesen sein. Immer taucht sie unerwartet an Orten auf, wo man sie nicht vermutet.« Sie schaute ihn kurz an und versuchte, sich zu erklären. »Vielleicht erinnerst du dich. Sie ist Theodores alte Amme und war auch eine Zeit lang das Kindermädchen für Marguerite. Ihre Hütte liegt nicht weit von hier, nur etwa ein paar Hundert Fuß auf der anderen Seite der Gemarkung. River’s Edge ist ja mehrere Hundert Morgen groß, doch hat es wie alle anderen Plantagen hier am Fluss eine Form wie ein Stück Apfelkuchen. Zum Wasser hin laufen die Grundstücksgrenzen ganz schmal zusammen, und je mehr man ins Hinterland kommt, desto weitläufiger wird alles.«
»Ja, dein Vater hat mir davon erzählt«, entgegnete Christien zerstreut. »Anscheinend hat die alte Amme deines früheren Ehemannes vor mir mehr Angst als vor allem anderen auf der Welt.«
»Sie kennt dich eben nicht.«
»Daran lässt sich wohl auch nichts ändern, wie es scheint.«
»Bist du böse?«, fragte sie leicht besorgt und beobachte genau seine Gesichtszüge, vielleicht weil in seinen Antworten ein beunruhigender Unterton mitschwang.
»Wieso sollte ich?«
Wenn es Demeter gewesen war, dann schien diese sie von einem Punkt weiter im Waldesinneren aus zu beobachten, denn sein in der Wildnis geschultes Ohr hörte keine weiteren Geräusche, die entstehen, wenn man sich langsam entfernt. Er wusste nicht recht, was sie hoffte, zu entdecken, doch er war eigentlich in guter Stimmung und wollte sie nicht um ein Schauspiel bringen und enttäuschen.
»Ich weiß es nicht ...«, versuchte Reine sich zu rechtfertigen.
Er ließ sie allerdings nicht ausreden, sondern packte sie an ihrer Hüfte und beugte sie sanft hinunter aut die Decke, während er sie leidenschaftlich auf den Mund küsste. Seine breiten Schultern positionierte er dabei so, dass Marguerite davon nichts mitbekam, aber der unbekannte Beobachter Zeuge dieses Liebesreigens werden konnte. Langsam ließ er seine Hand seitlich an Reine hinuntergleiten, legte sie liebkosend auf ihre schlanke Taille und zog sie noch enger an sich. Seine Finger gruben sich leidenschaftlich in ihr zartes Fleisch,
Weitere Kostenlose Bücher